Wie zwei Sportevents Österreichs Fans elektrisieren
Spitzentennis in der Hochburg des Aprés-Ski, gekonntes Baggern im Sand von Wien. Sowohl das ATP-Turnier in Kitzbühel als auch das Beachvolleyball-Major auf der Donauinsel sorgen in dieser Woche für Besucherrekorde. Woher kommt dieser Hype? Worin unterscheiden sich die beiden Top-Veranstaltungen, welchen Typ Fan zieht es in die Alpen, welchen auf die Insel? Der KURIER begab sich auf Spurensuche im Sand.
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Schauplatz Kitzbühel
Spätestens vor einem Jahr konnte niemand mehr abstreiten, dass Kitzbühel jetzt endgültig völlig am Sand ist. Für Dominic Thiem war das Turnier schon nach dem ersten Match vorbei, und weil auch die übrigen Publikumslieblinge und klingenden Namen vorzeitig gescheitert waren, standen einander im Finale Martin Klizan und Denis Istomin gegenüber - ein Slowake und ein Usbeke. Eine Endspielpaarung wie diese wünscht man keinem Turnierdirektor. Als aber Alexander Antonitsch am Finaltag das rappelvolle Stadion sah und miterlebte, wie Tausende Besucher mitfieberten, „da habe ich richtig Gänsehaut bekommen“.
Dieses unattraktive Finalduell von 2018 war der letzte schlagende Beweis, welche Anziehungskraft vom Tennis hierzulande wieder ausgeht. Und dabei lautet das Motto längst nicht mehr: „Thiem, Thiem nur du allein.“
Das wird nirgendwo offensichtlicher als bei den Generali Open am Fuße der Streif in Kitzbühel. Einer traditionsreichen Veranstaltung, die der komplette Gegenentwurf zu den berühmten Hahnenkammrennen ist. Wenn im Winter auf der anderen Talseite die riesige Abfahrtsshow inszeniert wird, kann man leicht einmal den Eindruck bekommen, dass dem Après-Ski und dem Halligalli oft mehr Bedeutung beigemessen wird als dem Rennen an sich.
Die Leute, die zu den Generali Open nach Kitzbühel kommen, tun das nicht, um gesehen zu werden – sie machen das, um spektakulären Tennissport zu sehen. „Es ist ein Fachpublikum, die Leute kennen sich gut aus“, sagt Turnierdirektor Antonitsch. Auf der weitläufigen Anlage bietet sich die Gelegenheit, den Profis beim Training hautnah auf die Schläger zu schauen und Autogramme sowie Selfies zu ergattern. Zum anderen ist die kleine Zeltstadt mit ihren unzähligen Shops ein wahres Paradies für jeden Tennis-Liebhaber.
Dass das Teilnehmerfeld mit anderen Turnieren nicht mithalten kann – Thiem war der einzige Spieler aus den aktuellen Top 25 – scheint niemanden wirklich zu stören. Das Turnier steuert in diesem Jahr einem neuen Besucherrekord entgegen, schon seit Mittwoch gibt es keine Tickets mehr. Auch die ATP weiß um die Bedeutung und Strahlkraft dieses Turniers: Erst im Juni wurden die Generali Open mit einem Award of Excellence ausgezeichnet, als Turnier mit dem besten Fan-Erlebnis.
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Schauplatz Donauinsel
Das Major-Turnier der FIVB-World-Tour in Wien ist die Reifeprüfung des Teams von Veranstalter Hannes Jagerhofer. Zum 23. Mal trägt der Kärntner ein internationales Turnier in Österreich aus, zum dritten Mal findet es auf der Wiener Donauinsel statt. Nach den erfolgreichen Jahren im Klagenfurter Strandbad ist die Veranstaltung in Wien erwachsen und noch größer geworden.
Die Partys und das Abendprogramm gibt es immer noch. Doch der Sport ist in der jüngeren Vergangenheit wichtiger geworden. Die meisten Zuschauer stehen nicht im Abseits, wenn Fachbegriffe serviert werden. Die Fans pilgern an einem Wochentag früh zu Tausenden auf die Insel. Es ist keine schwierige Aufgabe, auf dem 49.000 m² großen Gelände bei den Sponsorständen innerhalb kürzester Zeit auch optisch zum perfekten Beachvolleyball-Zuschauer zu werden.
Wenn man es noch rechtzeitig ins Stadion schafft, bevor die Tore wegen Überfüllung geschlossen werden, gibt es andere Aufgaben zu lösen. Dann gilt es, das Handy wasserdicht zu verpacken. Die Cheerleader am oberen Ende der Tribüne sorgen bei Spielunterbrechungen mit ihren Feuerwehrschläuchen für nasse Abkühlung.
Und schon geht es weiter im Programm. Mit 60.000 bis 80.000 Watt werden die Zuschauer auf dem Centre Court beschallt. Kaum ist der Ball während eines Spiels auf dem Boden, legt der Discjockey auch schon los. Fabian Aschenbrenner, der für die Soundanlage verantwortlich ist, weiß: „Es ist hier sicherlich vergleichbar mit einem lauten Rock-Konzert.“
Dafür sorgen 24 Subwoofer unter den Tribünen und 44 Top-Lautsprecher im oberen Teil des Stadions. Die Choreografien der Fans wirken einstudiert: Setzt ein Spieler einen Block, werden 16.000 Arme nach oben gestreckt und zu den Hip-Hop-Rhythmen von „Mein Block, mein Block“ bewegt. Hannes Jagerhofer hat die Unterhaltung im Beachvolleyball erfunden. Er wusste, dass Beachvolleyball besser mit Show funktioniert und überzeugte die Funktionäre des Weltverbandes. Jetzt sorgen die Österreicher auch bei den Olympischen Spielen für die Stimmung.
Den Athleten gefällt es: „Natürlich könnten wir auch spielen, wenn es wie im Tennis ‚quiet, please‘ heißen würde. Aber es würde nicht so viel Spaß machen“, sagt Moritz Pristauz. „Das gesamte Turnier wäre nicht annähernd so erfolgreich.“ Das ist es tatsächlich. Natürlich ist die Veranstaltung, die in fünf Tagen 6,7 Millionen Euro Budget braucht, ohne öffentliche Hand nicht finanzierbar, doch die Stadt Wien freut sich auch über 30.000 Nächtigungen.
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