Stickler: Wettbetrug größte Gefahr für den Sport

Lotterien-Vorstand Friedrich Stickler will den Kampf gegen Wettbetrug intensivieren.

Manipulierte Events könnten für den Sport als Gesamtes existenzbedrohend sein, warnte der frühere ÖFB-Präsident im Gespräch mit der APA. "Der Wettbetrug ist für den Sport eine größere Gefahr als Doping."

Diese Botschaft wird Stickler auch am Freitag in Quebec bei einem Vortrag auf der Generalversammlung von SportAccord, der Dachorganisation der internationalen Sportverbände, vermitteln. Dort tritt er in seiner Eigenschaft als Präsident der Europäischen Lotterien als Redner auf.

Die Wurzel des Übels, das vor allem den Fußball, aber auch andere Sportarten wie Tennis, Rugby oder Cricket betrifft, liegt laut Stickler in Südostasien. Zumeist illegale Wettanbieter in Ländern wie Malaysia, Singapur oder auch China haben jährlich bis zu 75.000 Fußballspiele im Programm und schufen so einen angeblich zwischen 100 und 200 Milliarden Dollar schweren Schwarzmarkt. "Befürchtungen reichen sogar bis zu einer Billion Dollar", sagte Stickler.

Dadurch entwickelte sich ein lukratives Betätigungsfeld für mafiöse Organisationen. "Die organisierte Kriminalität benutzt Sportwetten, um Geld zu waschen und Geld zu verdienen", so Stickler. Um die Ergebnisse gewisser Veranstaltungen in die gewünschten Bahnen zu lenken, werden Schiedsrichter oder teilnehmende Sportler bestochen und in der Folge in eine Abhängigkeit gedrängt. "Sie gehen mit einer Art Rasterfahndung auf Spieler mit finanziellen oder privaten Problemen los", erzählte Stickler. Einmal in den Dunstkreis der Mafia geraten, sei der Ausstieg etwa aufgrund von Erpressung äußerst schwierig.

Die Konsequenzen sind bereits ersichtlich: In 50 Fußball-Nationalverbänden - darunter auch in Österreich - laufen Untersuchung wegen angeblichen "Match-Fixings". "Und das ist nur die Spitze des Eisberges. Es passiert sicher noch viel mehr, als wir wissen", warnte der 63-Jährige und sprach Tennis an. "Hier ist es leichter zu betrügen, weil man ja nur eine Person dazu braucht. Im Fußball wäre es mit einer Person schwierig."

Im Fußball sieht Stickler die europäische Problemzone vor allem in der südlichen Region des ehemaligen Jugoslawien angesiedelt, wo die Schergen der asiatischen Paten gern in Aktion treten würden. "Dort gibt es viele Spieler, die lange kein Geld gesehen haben und die man deswegen leicht kaufen kann." Dies führe wiederum zu Gefahren in der Frühphase einer Europacup-Saison. Schiebungsgerüchte gab es zuletzt immer wieder rund um Partien in der Europa-League-Qualifikation, die von Stickler als "giftiger Bewerb" bezeichnet wurde.

Ein Überhandnehmen der Manipulationen könnte den Fußball in seiner Existenz gefährden, betonte Stickler und nannte den Radsport nach den Doping-Skandalen als Beispiel. "Dort haben sich die Zuschauer schon abgewendet, und im Fußball ist das zum Teil schon in China passiert, weil es dort viele verschobene Spiele gegeben hat."

Um das Worst-Case-Szenario zu vermeiden, hat der Lotterien-Vorstand einige Vorschläge parat. Die Forderungen umfassen etwa eine verschärfte Gesetzgebung auf EU-Ebene, das Verbot "derivativer Wetten" (Wer bekommt die erste Gelbe Karte, wer den ersten Eckball etc.), keine Wetten auf Jugend- und Amateurspiele, ein besseres Monitoring-System und auch eine eigene Organisation zur Bewahrung der Sport-Integrität. "Das sollte eine Art WADA (Anm.: Welt-Anti-Doping-Agentur) für Sportbetrugsbekämpfung sein."

Dass all diese Wünsche nur den europäischen Markt betreffen und die Drahtzieher in Südostasien nicht wirklich einschränken würden, ist Stickler bewusst. "In Asien wird man das nur schwer in den Griff bekommen. Aber wenn diese Personen herausfinden, dass Europa kein guter Boden für Wettbetrug ist, werden sie vielleicht weiterziehen und wenigstens Europa wäre gesäubert. Es muss mit allen Mitteln eine Art Wagenburg um Europa gebaut werden."

Stickler handelt mit seinen Forderungen aber nicht nur im Interesse des Sports, sondern auch im Interesse der europäischen Lotterien. "Im Moment betrifft uns der Wettbetrug noch nicht so. Aber wenn einmal der Sport beschädigt ist, wird sich das auch auf unsere Umsätze niederschlagen", gab der Wiener zu.

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