Steffi Graf wird 50: Ein halbes Jahrhundert Gräfin
Boris Becker war ein bisserl uncharmant. Tut man ja nicht, eine Frau älter machen, als sie ist. Auch, wenn es sich in diesem Fall nur um ein paar Tage handelt. Der beste deutsche Tennisspieler der Geschichte gratulierte der besten deutschen Tennisspielerin der Geschichte schon vergangene Woche.
Steffi Graf wird erst am Freitag 50. Und mit wenig Hokuspokus. Ehre, wem Ehre gebührt, heißt in diesem Fall etwas anderes. „Zwar würde die Öffentlichkeit gerne mehr Anteil am Leben des Superstars nehmen, aber Grafs fast vollständiger Rückzug ins Private wird von allen Seiten respektiert“, sagt Journalist Jens Huiber von Tennisnet.com Deutschland. Nachsatz mit Seitenhieb: „Und im Vergleich mit manchem männlichen Kollegen beinahe als Wohltat empfunden.“ Freilich, würde man nur mit „Runden“ in den Medien auftauchen, wäre Boris Becker schon 300.000 Jahre alt.
Die Größte
Dabei hätte sich die 22-fache Siegerin von Grand-Slam-Turnieren rauschende Feste verdient. „Steffi Graf gilt zumindest und den deutschen Tennisfans ohne Zweifel als größte Sportlerin aller Zeiten“, sagt Huiber.
Keine war so lange Nummer 1. Unvergessen ihre Großtat 1988. Damals gewann sie innerhalb eines Kalenderjahres nicht nur alle vier Grand-Slam-Turniere (Australian Open, French Open, Wimbledon und US Open), sondern krönte dieses einmalige Jahr mit dem Olympiasieg. Den „Golden Slam“ konnte vorher und nachher nie wieder weder eine Frau noch ein Herr gewinnen. Der für sie wichtigste Sieg war ihr letzter Triumph, als sie 1999 mit knapp 30 im French-Open-Finale nach langwierigen Verletzungsproblemen (sie wurde zwei Jahre zuvor in Österreich von Sportarzt Reinhard Weinstabl am Knie operiert), die um elf Jahre jüngere Martina Hingis schlug. „Das ist die wundervollste Erinnerung meiner Karriere“, sagt Graf einmal. Zwei Monate später trat sie zurück.
Einzigartig
„Man hat sie ja nicht umsonst die Gräfin genannt, sondern weil sie einfach einmalig ist. So eine Spielerin werden wir wahrscheinlich nie wieder haben“, sagt Boris Becker. „Steffi ist eine absolute Weltklassespielerin gewesen, eine der größten im Tennis überhaupt“, sagt der deutsche Ex-Profi Tommy Haas, immerhin einmal Nummer zwei der Welt. Dem Sohn eines Grazers ging es wie den Damen, die Graf nachfolgten: Der Schatten war zu groß, um sich ins Rampenlicht zu spielen. Graf meidet dies längst. Mit Ehemann Andre Agassi, mit der ehemaligen Nummer 1 ist sie seit 20 Jahren liiert, sowie ihren Kindern Jaden Gil (17) und Jaz Elle (15) zurückgezogen und weitgehend unbehelligt in Las Vegas in den USA. Interviews gibt sie nur ganz selten, öffentliche Auftritte für Sponsoren oder ihre Stiftung „Children for Tomorrow“ sind rar.
Der Geburtstag ist Familiensache. Agassi richtete ihr schon zuvor aus: „Ich hoffe nur, dass sie auch die nächsten 20 Jahre bei mir bleibt.“
- Die Karriere von Steffi Graf
Die gebürtige Mannheimerin gewann 22 Grand-Slam-Turniere (Nummer 3 hinter Margaret Court und Serena Williams) und holte 1988 den Golden Slam (Siege bei den vier Majors und Olympia-Gold). Zudem stand Graf 377 Wochen an der Spitze der Weltrangliste – Rekord. Drei Mal war sie Europas Sportlerin des Jahres, fünf Mal beste deutsche Sportlerin. Am 22. Oktober 2001 heiratete sie Andre Agassi. Aus der Ehe gingen ein Sohn (*2001) sowie eine Tochter (* 2003) hervor. 1989 spielte Graf in der Komödie „Otto – Der Außerfriesische“ mit.
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