Snooker-Weltmeister Brecel in Wien: "Wir befürchten das Schlimmste"

Snooker-Weltmeister Brecel in Wien: "Wir befürchten das Schlimmste"
Der neue Star der Szene hält Wort und bittet ab Freitag im intimen "Köö7" zu Tisch. Es ist eine Sensation für die Veranstalter der Vienna Snooker Open, die Organisation des Events wird dadurch nicht einfacher.

Es ist ein bisschen so, als ob Lionel Messi in der Woche nach dem WM-Triumph mit Argentinien sein erstes Pflichtspiel beim TSV Hartberg absolviert. Das klingt reichlich absurd und grenzt an ein Wunder, das aber in dieser Woche im österreichischen Snooker-Sport Realität wird.

Die auf der britischen Insel beliebte Billard-Variante hat seit Montagnacht mit Luca Brecel einen neuen Weltmeister, und der Belgier, dessen überraschender WM-Triumph ohnehin einer Sensation in der Szene gleicht, bittet an diesem Freitag im Rahmen der Vienna Snooker Open zu Tisch.

„Luca hält sein Wort, was natürlich ein echtes Geschenk für uns ist“, sagt Andrea Pihurik, die gemeinsam mit einem engagierten Team das Turnier im Billard-Lokal „Köö“ im siebenten Wiener-Gemeindebezirk organisiert. Die Zusage hatte der 28-Jährige bereits im März per WhatsApp gegeben, damals war an einen Siegeszug im Crucible Theatre von Sheffield, dem legendären Schauplatz der Weltmeisterschaften, nicht zu denken. Bei fünf Teilnahmen am Saisonhöhepunkt hatte Brecel bisher nie die erste Runde überstanden.

Gänzlich anders, aber vermutlich ähnlich stimmungsvoll dürfte nun sein erster Auftritt in der Vorrunde Freitagnachmittag (ab 16 Uhr) werden.

„Ich befürchte das Schlimmste“, sagt Mitorganisatorin Pihurik mit einem Lächeln. 80 bis 100 Besucher fasst die Spielstätte. Das Interesse am ersten amtierenden Weltmeister, der in Österreich zum Queue greift, ist enorm.

Das liegt freilich auch an der Person Luca Brecel. „Niemand kann so viel mit dem Queue wie er. Die Fans lieben ihn. Wie er spielt, das kann man nicht lernen“, sagt etwa auch Rivale Ronnie O’Sullivan. Den populärsten Spieler der Gegenwart hatte Brecel im WM-Viertelfinale teilweise vorgeführt.

Die offensive Spielweise imponiert auch Philipp Koch. Der 26 Jahre Österreicher ist einer von Brecels Gruppengegnern am Freitag in Wien. „Es ist das Spiel meines Lebens.“ Dieser Satz stammt nicht von Brecel, sondern von Koch, Nummer sechs in Österreich und amtierender Wiener Landesmeister. „Ich habe im Finale natürlich zu Luca gehalten. Wenn, dann will ich schon gegen den Weltmeister spielen und nicht gegen den Vize.“

Snooker-Weltmeister Brecel in Wien: "Wir befürchten das Schlimmste"

Der Wiener Philipp Koch

Sportlich ist Koch voll der Bewunderung für den neuen Snooker-Star, der oft mit waghalsigen Stößen sein Glück sucht - und auch findet. „So wie er sollte man Snooker spielen, wenn man es kann“, sagt der studierte Volkswirt über seinen prominenten Gegner.

Illusionen oder gar Hoffnungen macht er sich keine allzu großen. „Mental wird es nicht einfach für mich. Ich werde einfach versuchen, den Moment aufzusaugen. Und ich hoffe, überhaupt an den Tisch zu kommen. Wenn ich Glück habe, kann er nach all den WM-Feierlichkeiten noch nicht ganz geradeaus sehen“, scherzt der Wiener.

Belohnung in Wien: Einzelzimmer

Die Chancen dafür stehen gar nicht so schlecht. Brecel gilt mit seinen Tätowierungen an den Armen als bunter Vogel in der verstaubten Snooker-Szene und ganz generell als Lebemann. Der Profi aus Flandern gab zu, im Vorfeld der Weltmeisterschaft die Nächte zum Tag gemacht zu haben: „Ich habe mit meinen Freunden FIFA gespielt, getrunken und nicht trainiert.“ Von britischen und belgischen Medien wird er bereits als „Rockstar des Snooker“ bezeichnet.

Anflüge von Allüren können die Veranstalter der Vienna Snooker Open keine erkennen. Eine Sonderbehandlung gibt es nicht. „Wir werden uns eine Kleinigkeit überlegen, aber unsere Möglichkeiten sind natürlich begrenzt“, sagt Andrea Pihurik. Die Top-Profis müssen sich zumindest kein Doppelzimmer mit einem zweiten Turnier-Teilnehmer teilen, das Nenngeld wird ihnen ebenfalls erlassen. Die ausgerufene Siegprämie von 2.500 Euro stellt für Luca Brecel mittlerweile so etwas wie Taschengeld dar. Für den WM-Triumph wurden ihm eine halbe Million Pfund überwiesen.

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