Siebenkämpferin Preiner: Der Aufstieg einer Alleskönnerin
Beim Blick auf die Weltjahresbestenliste im Siebenkampf werden manche möglicherweise große Augen machen. Denn neben der Leichtathletik-Großmacht USA ist nur ein Land noch mit zwei Sportlerinnen in den Top Ten vertreten: Verena Preiner (Nummer 6) und Ivona Dadic (8.) halten nicht erst seit dieser Saison die österreichischen Fahnen hoch.
„In letzter Zeit werden wir als Österreicher in der Leichtathletik mehr wahr genommen“, weiß Verena Preiner. „Wir sind nicht mehr das kleine Land, wir haben jetzt Medaillenchancen.“
Für das kräftige rot-weiß-rote Lebenszeichen in der Elementarsportart sind Ausnahmeerscheinungen wie zum Beispiel Lukas Weißhaidinger verantwortlich. Der Diskuswerfer aus Oberösterreich gehört seit Jahren zur absoluten Weltspitze und wurde eben erst für das prestigeträchtige The Match nominiert, einen Vergleichskampf zwischen Europa und den USA, der im September in Minsk über die Bühne geht.
Großes Potenzial
Das Wiedererstarken der österreichischen Leichtathletik hängt aber auch mit den Auftritten der Siebenkämpferinnen zusammen. Und da trat in diesem Jahr besonders Verena Preiner in Erscheinung. Die 24-Jährige stellte beim Meeting in Ratingen nicht nur einen neuen österreichischen Rekord auf, mit ihren 6591 Punkten wurde sie im Jahresranking kurzzeitig sogar als Nummer drei geführt.
Die Teilnahme an der WM in Doha (28. September bis 6. Oktober) ist der Oberösterreicherin ebenso sicher wie das Ticket für die Olympischen Spiele in einem Jahr in Tokio. „Der österreichische Rekord war nicht das Ende, ich sehe noch genug Luft nach oben.“
Zumal Verena Preiner das beste Mehrkampf-Alter („von 26 bis 29“) noch vor sich hat und inzwischen viel abgeklärter in einen Wettkampf geht als in jungen Jahren. Die Verlockung für die Athleten ist groß, nach jeder Disziplin Rechenspiele anzustellen und ein mögliches Endresultat zu skizzieren. „Ich rechne nicht mehr, sondern ich betrachte jede Disziplin als eigenen Wettkampf“, erklärt Preiner.
Die Oberösterreicherin (*1. Februar 1995) hält seit 30. Juni die österreichische Bestmarke im Siebenkampf. Ihre Leistungen beim Rekord-Mehrkampf (6591 Punkte), mit dem die 24-jährige HSZ-Athletin sogar für kurze Zeit die Nummer drei in der Jahresweltbestenliste war:
100 Meter Hürden 13,42 Sek. (umgerechnet 1062 Punkte)
Hochsprung 1,80 m (978)
Kugelstoßen 14,34 m (817)
200 Meter 23,96 Sek. (985)
Weitsprung 6,16 m (899)
Speerwurf 49,58 m (852)
800 Meter 2:07,74 Min. (998)
Große Stärken
Diesen Reifeprozess hat noch jeder Mehrkämpfer durchgemacht. Auch dass es sich tunlichst empfiehlt, zwischen der Auftaktdisziplin Hürdensprint und dem abschließenden 800-Meter-Lauf die Ruhe zu bewahren und nicht in einem Anflug von Übermotivation Fehler zu begehen. „Das geht meistens nach hinten los“, sagt die 24-Jährige. „Ich kann sowieso ruhiger bleiben, wenn der Auftakt daneben geht, weil meine Stärken zum Schluss kommen.“ Im Speerwerfen kratzt Preiner an der 50-Meter-Marke, über die 800 Meter-Distanz war heuer keine Mehrkämpferin schneller als sie.
Das größte Entwicklungspotenzial sieht die Allrounderin in den Sprungdisziplinen. Vor allem im Hochsprung lässt Preiner mit einer Bestmarke von 1,80 Metern noch viele Punkte liegen. Zum Vergleich: Die Belgierin Nafissatou Thiam, die Nummer eins im Jahresranking, überquerte heuer bereits 2,02 Meter.
Eine prominente Betreuerin soll Preiner daher auf die Sprünge helfen. Seit einiger Zeit arbeitet sie mit der früheren Weltklasse-Hochspringerin Inga Babakova zusammen.
Im Trainingslager in der Türkei, wo sich Preiner zwei Wochen lang auf die WM vorbereitet, wird die Ukrainerin nicht dabei sein. Aus Kostengründen. „Die Frist für Tokio-Förderung ist abgelaufen, alle Gelder sind seit Monaten ausgeschöpft“, sagt Preiner. Über die Crowdfunding-Plattform „I believe in You“ hofft die Nummer sechs der Welt nun jene 5600 Euro auftreiben zu können, die ihr für das WM-Trainingslager noch fehlen.
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