Tauchstation oder Kehrtwende?

Abgetaucht: Vor dem Hintergrund der Streitigkeiten im Verband spielen Österreichs Schwimmer (Dinko Jukic rechts) mit ihren sportlichen Leistungen nur die Nebenrolle.
Am Samstag soll in Wels zum zweiten Mal versucht werden, einen neuen Vorstand zu wählen.

Es ist kompliziert, zumindest so viel ist klar. Da geht es um gefälschte Rechnungen, Rückzahlungen von Fördergeldern, parlamentarische Anfragen, Rücktritte, Ausschlüsse, Klagen, Streitereien und um einen abgebrochenen Verbandstag – die Rede ist vom Treiben rund um Österreichs Schwimmverband, der in den vergangenen Monaten für viele Schlagzeilen sorgte. Leider selten für sportliche.

Zu dominant sind die Streitereien zwischen jenen, die sich endlich eine lückenlose Aufarbeitung der Vergangenheit und einen Neustart des Verbandes wünschen und den anderen. Zu verhärtet scheinen mittlerweile die Fronten zwischen dem Lager rund um Stefan Miklauz, den Wunschkandidaten des OSV für das Präsidentenamt, und der Opposition, die nicht länger zusehen will, wie der Schwimmsport im Chaos versinkt und vor sich hindümpelt.

Der letzte Verbandstag im Dezember endete wegen eines Formalfehlers (nicht statutengemäße Einladungen) nach eineinhalb Stunden in einem Abbruch. Die Idee einer internen Reformgruppe, neudeutsch Task Force genannt, wurde verworfen, kaum war diese formuliert. "Überrumpelt" fühlte sich etwa OSV-Schriftführer Herbert Schurm vom Vorschlag, den neu angesetzten Verbandstag zu verschieben, um zuerst Einigungen mit ausgeschlossenen Verbänden zu erzielen und neue Statuten auszuarbeiten.

Stattdessen steht nun am Samstag der ordentliche Verbandstag in Wels an. Dass die Wogen hochgehen, ist vorprogrammiert.

Vater der Kritik

"Hier geht es nicht einmal mehr um politische Streitereien, es geht um zwischenmenschliche", sagt Niko Formanek. Der Wiener Kabarettist und Gründungsmitglied des Liberalen Forums erlebt die Probleme als Vater einer Synchronschwimmerin hautnah. Seine Tochter Charlotte sicherte sich trotz der Widrigkeiten im Duo mit Nadine Brandl das EM-Ticket.

"Früher hat man gelacht, weil sie Synchronschwimmen macht, jetzt lachen die Leute über den OSV. Ich will, dass sich der Sport, den meine Tochter macht, endlich wieder positiv verkauft", sagt Formanek und spricht dabei an, was eigentlich längst zu befürchten war: den wohl bevorstehenden Rückzug des Hauptsponsors Ströck. Am vergangenen Samstag ließ der Wiener seinen Worten Taten folgen und gründete die Facebook-Seite "Neuer Österreichischer Schwimmverband".

"Aus dem Trümmerhaufen muss Besseres entstehen", ist da zu lesen. "Aber nur damit das klar ist: Ich bin nicht darauf aus, ein Amt zu übernehmen, ich will auch nicht Funktionär werden", sagt der Gründer-Vater, dessen Videobotschaft an die Verantwortlichen im Schwimmverband innerhalb von zwei Tagen rund 900 Mal aufgerufen wurde.

Was er stattdessen will? "Eine Lösung. Denn ich weiß, dass sich viele Leute nicht richtig wohlfühlen und dass auch die Sportfachverbände überhaupt nicht glücklich sind", sagt er. Die Angst vor Konsequenzen ließe viele Kritiker aber verstummen.

Ordentlicher Streit

Konkret haben Formanek und seine Unterstützer einen Wunsch: Dass am Samstag in Wels von den Funktionären kein neuer Vorstand gewählt wird. "Dann könnten sich diejenigen, die in die Streitereien involviert sind, bis zum nächsten Termin zusammensetzen – vielleicht auch mit Boxhandschuhen und Mediator", schlägt der Vater vor, der anhand vieler Telefonate in den vergangenen Tagen erlebte, dass er "in ein Wespennest gestochen" hat.

Auch rechtlich ist das neue Treffen wieder fragwürdig. Denn ein außerordentlicher Verbandstag kann laut Statuten nicht einfach durch einen ordentlichen ersetzt werden. Es bleibt also außerordentlich kompliziert.

Seit Sommer 2013 kommt Österreichs Schwimmverband nicht zur Ruhe. Ein Überblick über die höchsten Wogen:

4. August 2013: Präsident Christian Meilinger tritt nach elf Monaten wegen der anhaltenden Kritik über Misswirtschaft im Verband (u. a. von Dinko Jukic) zurück.

18. September 2013: Jukic und die Interimspräsidentin Birgit Fürnkranz-Maglock versöhnen sich nach Vermittlung von Peter Schröcksnadel.
20. November 2013: Die vierte (!) Parlamentarische Anfrage wegen Misswirtschaft im OSV wird eingebracht, diesmal von Gabriela Moser (Grüne).

7. Dezember 2013: Der außerordentliche Verbandstag, auf dem eine neues Präsidium hätte gewählt werden sollen, wird wegen nicht statutenkonformer Einladung der Delegierten abgebrochen.

10. Dezember 2013: Der ehemalige Finanzreferent Walter Bensch gibt zu, gefälschte Rechnungen gelegt zu haben, um eine Kürzung der Bundesfördermittel zu verhindern. 72.560 Euro müssen zurückgezahlt werden.

19. Februar 2014: Auch das Sportministerium bestätigt den Sachverhalt der gefälschten Rechnungen.

29. März 2014: Ein neuer ordentlicher Verbandstag soll in Wels stattfinden.

Fortsetzung folgt ...

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