Schwimmer Felix Auböck: "Ich bin in der Form meines Lebens"
Felix Auböck ist ein wahrer Vorzeigesportler, 24 Jahre alt, 1,98 Meter groß, 86 Kilogramm schwer, zuvorkommend, redegewandt, intelligent. Über 400 Meter Kraul wurde er im Mai in Budapest Vize-Europameister und positionierte sich damit zumindest als Kandidat für das Finale der besten acht Olympia-Schwimmer am Sonntag (3.52 Uhr MESZ; Vorlauf am Samstag, 12.48 Uhr).
„Ich habe mein Leben lang für Olympia trainiert. Ich muss jetzt alles machen, damit ich dort erfolgreich bin“, sagt er. Trainiert hat er allerdings kaum in Österreich. Bereits früh merkte der Bad Vöslauer, dass er seine Ziele in Österreich nur schwer erreichen kann.
Mit 16 zog er nach Berlin, um bei besseren Bedingungen und mit stärkeren Kollegen trainieren zu können. Mit 18 erhielt Auböck ein Stipendium an der University of Michigan, vier Jahre studierte er Politikwissenschaft und Geschichte und schwamm in der Uni-Mannschaft. Derzeit absolviert er sein Masterstudium an der University of Loughborough in der Nähe von Leicester in England. „In Teilzeit“, wie er sagt. Denn im Fokus steht natürlich der Sport. Vor seinen zweiten Olympischen Spielen sprach Auböck über ...
... seine Gründe, ins Ausland zu gehen
Wir haben eben viel mehr 50-Meter-Becken zur Verfügung als in Österreich. Ich habe mehr Wasserzeiten und mehr Krafträume. In meiner Universitätsmannschaft arbeite ich mit sieben Betreuern! Hinzu kommt ein großer Unterschied zu Österreich: In Ländern wie den USA oder Großbritannien wird Steuergeld für Sport nicht als Verschwendung gesehen.
... seine Entwicklung
Ich bin ein anderer Schwimmer als in Rio 2016 (Rang 18 über 200 m Kraul, Rang 25 über 400 m, Rang 42 über 1.500 m; Anm.). In Rio wollte ich schon ins Finale, aber ich war noch nicht so weit. Das Extra-Jahr durch die Corona-Verschiebung hat mir geholfen, mich weiterzuentwickeln.
... die EM-Medaille
Die gibt natürlich Selbstvertrauen. Mit einer Medaille im Rucksack geht es leichter zum Training. Es war die EM für mich auch wichtig, um zu sehen, wie ich mit der Wettkampfsituation umgehen kann. Und ich habe jetzt die Erfahrung, eine Medaille gewonnen zu haben.
... den Unterschied zu Olympia
Die Dichte ist bei Olympia natürlich viel höher. Bis zu 15 Schwimmer haben Final-Chancen. Die Europäer werden ihre Zeiten weiter verbessern, und dann kommen noch sehr starke Australier und Amerikaner dazu.
... die Vorbereitung
In den letzten Trainingswochen ist es nur noch um den Feinschliff gegangen. Ich bin in der besten Form meines Lebens. Es geht jetzt darum, das in einer Drucksituation auch ins Becken zu bringen.
... die Bedeutung von „Feinschliff“
Es geht um kleinste Details. Ich habe zum Beispiel viel an meinem Start gearbeitet. Der Winkel von der Hüfte zum Sockel war zu groß, wir mussten das abflachen. Ich will jetzt mit 27 bis 28 Grad abspringen, dadurch gewinne ich ein Zehntel. Viel weitergegangen ist auch bei der Wende. Wenn ich das umsetze, sind allein damit schon 1,5 bis 2 Sekunden gewonnen.
... den brutalen Job des Schwimmers
Das Training zehrt sehr. Kaum eine Sportart ist vor allem im Training so brutal, denn das Wasser ist weich zum Körper. Dafür kann man den Druck immer weiter erhöhen.
... Mentaltraining
Wir haben auch den Kopf trainiert, alle Szenarien durchgespielt. Wie reagiere ich auf einen verspäteten Bus? Was, wenn die Badehose kurz vor dem Start reißt? Ich bin glücklich, jetzt einen Plan und damit Lösungen zu haben, falls ich in Stresssituationen kommen sollte.
... Gedanken an eine Medaille
Es ist klar, dass ich meine persönliche Bestzeit unterbieten muss. Eine Medaille wäre mehr, als ich mir je erträumt hätte. Keine Ahnung, wie ich reagieren würde. Man braucht in so einem Fall jedenfalls die richtigen Leute um sich, um auf dem Boden zu bleiben. Vielleicht würde ich danach sogar aufhören.
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