Wenn es in Rom zwischen dem Hügel namens Monte Mario und dem Tiber laut wird, dann liegt das oft an der Stimmung im Stadio Olimpico, wo hauptsächlich der Fußball zu Hause ist. Doch dieser Tage gilt der Jubel meist den Schwimmern und Schwimmerinnen, die hier ihre Bestleistungen ins Becken bringen. 117,5 Dezibel – so laut wie ein startendes Flugzeug – waren die Fans im Foro Italico am Samstag, nur einen Steinwurf vom Fußballstadion entfernt, als David Popovici, das 17-jährige Supertalent aus Rumänien, hier über 100 Meter Kraul in 46,86 Sekunden einen neuen Weltrekord aufstellte.
Bei der Schwimm-EM, die seit 11. und bis 21. August in Rom läuft, halten die Tifosi mit den Fußballfans mit. Als am Sonntag Marko Arnautovic mit Bologna bei Lazio Rom im Stadio Olimpico gastierte, jubelten dort die Römer lauthals über den Sieg (trotz Arnautovic-Tor), nebenan peitschten Schwimmfans ihre Athleten zu Gold-, Silber- und Bronzemedaillen, die hier ohne Pause in den italienischen Verband gespült werden.
Dass die italienischen Schwimmteams bei dieser Heim-EM eine bestechende Leistung abliefern, pusht die Stimmung noch mehr: Italien hielt zum Feiertag Ferragosto am Montag bei insgesamt 34 Medaillen in 40 Bewerben und führt damit die Nationenwertung souverän an. Starten Italiener in einem Lauf, schlagen sie in vielen Fällen als Erste an – begleitet von tobendem Jubel von der Tribüne.
Ähnlich bei den Synchronschwimmerinnen und neuerdings auch -schwimmern, bei denen mit Giorgio Minisini ein absoluter Publikumsliebling am Werk ist. 30.000 Tickets waren für die Elf-Tage-EM bereits im Vorfeld verkauft worden, täglich kommen spontane Besucher hinzu. Am Wochenende kamen bis zu 7.000 Menschen pro Tag ins Foro Italico.
Bis ins Wasser zu hören
Die Begeisterung der Zuschauer kommt nicht nur Athleten aus Italien zugute. Auch andere schwärmen über das Ambiente und die Stimmung auf den Rängen. Österreichs Medaillenhoffnung Felix Auböck hat zwar mit dem Schwimmen im Freien leichte Anpassungsprobleme, die Kulisse im Forum sporne ihn aber an. „Es ist eine schöne Abwechslung, auch mal im Freibad zu schwimmen und das Ambiente zu genießen“, sagt der 25-Jährige.
Der Deutsche Lucas Matzerath freut sich für die Kollegen aus Italien: „Sie werden echt gut angefeuert. Da können sich die Deutschen mal ein Beispiel dran nehmen. Das ist wirklich krass.“ Selbst im Wasser höre man den Jubel.
Ein klarer Vorteil dennoch für die Italiener, die sich durch die Stimmung fast ein bisschen unter Druck setzen lassen: Als Gregorio Paltrinieri am Sonntag Gold über 800 Meter Kraul gewonnen hatte, gab er zu: „So viele Fans auf den Tribünen! Vor so einer fantastischen Menge ist es unmöglich, zu verlieren.“
"Wie Lego-Bauen"
Dass überhaupt so viele Zuschauer zu den Schwimmbewerben kommen können, verdankt das Stadion einem aufwendigen Umbau im Vorfeld der Europameisterschaft. 2.000 überdachte Plätze standen den Synchronschwimm-Fans zur Verfügung, beim Becken der Schwimmbewerbe, in dem bereits Markus Rogan bei der Weltmeisterschaft 2009 schwamm, wurde die Tribüne auf 8.000 erweitert.
Für das Synchronschwimmen und die neue EM-Disziplin High Diving wurden eigens temporäre Becken aufgebaut. Dafür wurden die Tennisplätze Nicola Pietrangeli und Circolo del Tennis mit Holz bedeckt und darauf zwei herausnehmbare Wannen (31x21x3 bzw. 17x17x6 Meter) platziert. „Es ist wie Lego-Bauen“, schreibt die Gazzetta dello Sport.
Wiederverwertbar
Dass die Becken nur temporär sind, merkt man als Laie kaum, Sandfilterpumpen sorgen für die perfekte Wasserqualität. In jedem Filter befinden sich 4.000 Kilogramm Sand, der von italienischen Stränden ins Foro Italico gebracht wurde. Kostenpunkt für den Umbau sollen italienischen Medien zufolge rund vier Millionen Euro sein.
Mehrere Wochen dauerten die Arbeiten, das Material schaffte eine katalanische Firma mit 54 Lkw-Ladungen aus Spanien heran. Mehr als die Hälfte der eingesetzten Bauteile werden wiederverwertet, versprechen die Veranstalter. Nach der EM und der darauffolgenden Masters-Veranstaltung in Rom soll das Material zunächst in Krakau zum Einsatz kommen.
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