Saudi-Arabien: Sportspektakel mit Beigeschmack

Saudi-Arabien: Sportspektakel mit Beigeschmack
Nach Jamal Khashoggis Ermordung wird die Kritik an der Mithilfe von Superstars bei der Imagepflege lauter.

Callum Smith und George Groves haben sich dieses Jahr einen Boxkampf geliefert. Die Fußball-Stars von Brasilien haben im Oktober Argentinien 1:0 geschlagen. Rafael Nadal und Novak Djokovic werden eine Tennisshow spielen und dafür jeweils fast eine Million Dollar kassieren. Ebenfalls im Dezember funkt es bei der Formel E. Und im Jänner 2019 kommt Fußball-Superstar Ronaldo, weil sich Juventus Turin und AC Milan hier den italienischen Supercup ausspielen werden – für angeblich 20 Millionen Euro. Und auch die europäische Golf-Tour wird ab 31. Jänner hier abschlagen.

Imagepolitur mit Sport

Alles nichts Besonderes. Superstars, Showeinlagen, Millionengagen. Nur, dass der Sportkapitalismus jetzt auch von Saudi-Arabien betrieben wird. Die Saudis wollen ganz offensichtlich im Weltsport ganz groß mitspielen. Für diese Form der Imagepolitur von menschenrechtlich bedenklichen Staaten gibt es mittlerweile den Begriff „Sportswashing“.

Ausgerechnet Nachbar und Erzfeind Katar ist da schon etliche Waschgänge voraus. Beim kleinen Golfstaat übertraf der Image-Gewinn alle Erwartungen. Dass heute jedes Kind Katar kennt, liegt auch an Brasiliens Fußballstar Neymar und dem katarischen Haus- und Hofverein Paris Saint-Germain. Mit der Fußball-WM 2022 wird Katar in vier Jahren noch mehr Präsenz im Weltsport haben. Bei der Handball-WM im eigenen Land hat das Land mit einem zusammengekauften Team Silber geholt. Das Land träumt auch schon von der Ausrichtung der Olympischen Spiele. In der weltweit größten Indoor-Sporthalle des Welt, dem Aspire Dome in Doha, findet derzeit die Turn-WM statt.

Zwei Wrestler sagten ab

Nun zieht Saudi-Arabien nach mit einer sportlichen Image-Kampagne. Die Menschenrechtslage war dabei nur ein Randthema. Bislang. Erst seit der Ermordung des saudischen Journalisten Jamal Khashoggi kann sich der Sport nicht mehr hinter politischer Naivität verstecken. Aber während eine Investorenkonferenz in Riad teilweise boykottiert wurde, halten sich im Sport die Konsequenzen in Grenzen. Zwar dachte nach Bekanntwerden des Todes von Khashoggi das US-Unternehmen WWE (World Wrestling Entertainment) an eine Absage ihrer Show „Crown Jewel“ nach. Das Spektakel fand dennoch am Freitag statt, allerdings ohne die Stars John Cena und Daniel Bryan, die absagten.

Just einen Tag, nachdem Khashoggi verschwunden ist, wurde die Tennisshow zwischen Nadal und Djokovic bekannt gegeben. „Ich mag es nicht, mich an politischen Gesprächen oder Situationen zu beteiligen“, sagte der Serbe Djokovic. „Und es ist bedauerlich, dass wir beide jetzt in diese Sache hineingezogen werden.“ Der Spanier Nadal ist einsichtiger, wenn auch pragmatisch: „Natürlich bin ich mir der ganzen Situation bewusst. Aber ich bin vor einem Jahr die Verpflichtung eingegangen, dort zu spielen. Und mein Beraterteam spricht mit ihnen, um die Dinge zu analysieren. So ist es.“

Die Kritik an den beiden ist groß. Zumal Roger Federer zuletzt erklärte, er habe eine Einladung zur Tennis-Exhibition nach Saudi-Arabien ausgeschlagen. Der Schweizer nannte dafür Trainingsgründe, von politischen Bedenken sprach er nicht.

Kronprinz für den Sport

Kronprinz Mohammed bin Salman hat den Sport als Werbevehikel erkannt. Und nun ist just er wegen des Mordes am Journalisten Khashoggi in die Kritik geraten. Im April 2016 hat MbS seine „Vision 2030“ vorgestellt. Seit Mai 2016 gibt es eine General Authority for Entertainment (GEA), die bislang geschätzte zwei Milliarden Dollar in Sport und Kultur investiert haben soll. In puncto Marketing hat sich die Kampagne jetzt schon gelohnt: Westliche Medien berichteten anerkennend über eröffnete Kinos, Frauen am Steuer und weibliche Fans, die zum ersten Mal ins Stadion durften. 2017 erhielt der Weltverband FIDE für die Schach-WM angeblich 1,5 Millionen Dollar. Die Frauen durften ohne Kopftuch und Abaja spielen, aber die Regelung galt nur für die Dauer des Turniers.

FIFA-Boss liebt Riad

Aber was ist eine Schach-WM gegen eine Fußball-WM? Eifersüchtig schaut man in Richtung Katar. Angeblich wurde die Ausweitung von 32 auf 48 schon für 2022 von Saudi-Arabien betrieben, um den Nachbarn vor logistische Probleme zu stellen. Und es sollen saudische Investoren sein, die hinter dem neuen Steckenpferd von FIFA-Chef Gianni Infantino stecken – eine neue Klub-WM und eine weltweite Nations League, die dem Weltfußballverband 25 Milliarden Dollar bringen soll. Allein im Jahr 2018 hat Infantino sechs Mal Saudi-Arabien besucht.

Auch wenn das „Sportswashing“ umstritten ist, hat der Sport in Saudi-Arabien eine neue Bedeutung bekommen. Rund 70 Prozent der Bevölkerung sind jünger als 30 Jahre. Es gibt ein großes Bewusstsein für Breitensport. Drei neue Fitnessketten haben inzwischen schon eröffnet, darunter eine für Frauen.

Kommentare