Die WM-Rechnung der Mathematikerin aus Niederösterreich

Anna Kiesenhofer in ihrem Element
Anna Kiesenhofer startet am Donnerstag im Zeitfahren der Rad-WM in Imola. Die Hoffnungen der 29-Jährigen ruhen vor allem auf dem Straßenrennen.

Die prominenteste Niederkreuzstettnerin tritt am Donnerstag 32 Kilometer lang in die Pedale: Anna Kiesenhofer misst sich beim Damen-Zeitfahren bei der Straßen-WM in Imola mit der Weltelite. Die Niederösterreicherin hat ihre Heimat längst verlassen, nach dem Bachelor an der TU Wien hat die frühere Tri- und Duathletin den Master an der University of Cambridge abgelegt und schließlich an der Universitat Politècnica de Catalunya promoviert. Und nun arbeitet sie als Mathematikerin an der Eidgenössischen Technischen Hochschule in Lausanne.

Beruflich ein Vorteil, sportlich aber nicht unbedingt: Kiesenhofer trifft auf Vollprofis, wenn sie um die Wette fährt. Umso beachtlicher sind ihre Leistungen, zuletzt war sie Elfte der EM, im vergangenen Jahr sogar Fünfte. Und bei den Staatsmeisterschaften wäre sie heuer mit ihrer Zeit bei den Männern in den Top 15 klassiert gewesen.

Wegen der Corona-Krise ist ihr Weg zur WM heuer länger geworden: Aufgrund der zunächst einmal bis Ende September geltenden Beschränkungen in der Schweiz wurden die eigentlich in Martigny und Aigle (dem Sitz des Weltverbandes UCI) geplanten Bewerbe abgesagt. Nun also eine WM mit Start und Ziel auf dem Formel-1-Kurs im italienischen Imola, der freilich viele Stars fernbleiben. Am Sonntag ist ja erst die Tour de France der Männer zu Ende gegangen, am 3. Oktober folgt der Giro d'Italia. Und auch das Programm wurde abgespeckt, nur Damen und Herren absolvieren Zeitfahren und Straßenrennen

Die WM-Rechnung der Mathematikerin aus Niederösterreich

Flott: Kiesenhofer bei den Staatsmeisterschaften im Burgenland im Dress von Cookina Graz

Favoritinnen in Oranje

Gut in Schwung ist Anna Kiesenhofer jedenfalls, das hat sie Anfang September mit dem dritten Gesamtrang bei der Ardèche-Rundfahrt in Frankreich gezeigt, wo sie die Etappenränge vier und zwei holen konnte. Die besten Aussichten kommen jedoch in Oranje daher: mit den Niederländerinnen Anna van der Breggen Ellen van Dijk, deren Landsfrau wegen eines gebrochenen Handgelenks auf den Start verzichtet, aber im Straßenrennen dabei sein will. Titelverteidigerin Chloe Dygert (USA) hat eher nichts verlernt, dazu kommt ihre Landsfrau Amber Neben.

Und Anna Kiesenhofer? Sie hat die letzten Tage dazu genutzt, die Strecken in der Emilia Romagna kennenzulernen. "Ich habe bei der WM jetzt für mich keinen Schwerpunkt gesetzt. Ich versuche, in beiden Rennen ähnlich stark zu sein. Rein leistungsmäßig bin ich wohl auf dem Rennrad stärker. Am stärksten wäre ich sicher, wenn wir das Einzelzeitfahren auf dem Straßenkurs machen", sagt sie schmunzelnd.

"Aber auch der Zeitfahrkurs gefällt mir gut, es wird wohl etwas zu flach sein für mich, aber ich werde mich bei beiden Rennen verausgaben können", sagt Kiesenhofer, die am Donnerstag Österreichs einzige Vertreterin ist (Eurosport live ab 14.35 Uhr). Im Straßenrennen erhält sie dann Unterstützung durch die Niederösterreicherinnen Sarah Rijkes (Ceratizit WNT Pro Cycling) und ihre Teamkollegin Angelika Tazreiter von Cookina Graz.

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