Vierkampf um den Tour-Sieg

Ein Quartett ist in der Favoritenrolle bei der Tour de France.

Mythos, Skandalfabrik, Wunder. Die seit 1903 ausgetragene Rundfahrt durch Frankreich ist jenes Ereignis, das man vor Augen hat, wenn über Radsport gesprochen wird. John Degenkolb, der Deutsche vom Team Giant-Alpecin sagt: "Man weiß, es wird ganz toll wehtun, aber man freut sich irgendwie doch darauf. Wir werden bezahlt, damit wir den anderen wehtun."

Die "Tour der Leiden", wie sie auch genannt wird, ist nach Olympischen Spielen und Fußball-WM das größte Sportereignis der Welt. Sie startet am Samstag mit einem Zeitfahren in Utrecht (NED), es folgen 3360 Kilometer, verteilt auf 21 Etappen, die von den 198 Teilnehmern in Angriff genommen werden. Entschieden wird die Rundfahrt wohl wie immer im Gebirge, sieben Bergetappen in Alpen und Pyrenäen sind heuer zu bewältigen.

Radsport-Enthusiasten planen ihren Urlaub nach der dreiwöchigen Tour. Sie verfolgen das Rennen im TV (u. a. ARD oder Eurosport) oder am besten direkt an der Strecke. Dort besetzen sie am Tag vor dem Rennen die strategisch besten Plätze im Hochgebirge, sie campieren in Wohnmobilen oder Zelten, feiern eine gemeinsame Party – um dann ihre Helden in atemberaubendem Tempo ein paar Sekunden lang vorbeifahren zu sehen.

Seit Marco Pantani im Jahr 1998 hat es kein Radprofi mehr geschafft, in einem Jahr den Giro d’Italia und die Tour de France zu gewinnen. Alberto Contador hat es heuer vor. "Es motiviert mich, wenn Leute sagen, dass das Double nicht zu schaffen ist." Nach dem Sieg in Italien Ende Mai befindet sich der Spanier vom Team Saxo Bank auch im Juli noch in beneidenswerter Form.

2007 und 2009 konnte Contador die Tour gewinnen. Seit einem positiven Dopingtest 2010 kam er in Frankreich aber nicht mehr an alte Glanzleistungen heran.

Vincenzo Nibali gewann im Vorjahr die Tour de France. Doch eigentlich hätte er heuer gar nicht dabei sein dürfen, wenn es nach dem Radsport-Weltverband gegangen wäre. Doch der Antrag auf einen Ausschluss von Nibalis Team Astana wegen der vielen Dopingfälle wurde abgewiesen.

Vielleicht verlief das Jahr 2015 wegen der ungewissen Zukunft für den "Hai von Messina" nicht ganz zufriedenstellend. Sowohl bei der Tour de Romandie als auch beim Criterium du Dauphine landete er hinter seinem Kontrahenten Chris Froome.

2012 verhalf Chris Froome noch seinem Landsmann und Teamkollegen Bradley Wiggins zum Tour-Sieg. 2013 war der Weg für ihn frei. Nach schweren Stürzen und dem Out 2014 will der in Kenia geborene Brite heuer wieder auf den Thron.

Die Form sollte stimmen, die Saison verlief nahezu perfekt. Der Sky-Kapitän gewann beim Criterium du Dauphine zwei Etappen und die Gesamtwertung. "Das war aber noch nicht meine Bestform", sagte der 30-Jährige, und es klingt wie eine Drohung an die Konkurrenz: "Ich respektiere jeden, aber ich fürchte keinen."

Viele rote Blutkörperchen – hoher Hämatokritwert – schnell Radfahren. Was einige Radfahrer in der Vergangenheit immer wieder durch Eigenblut- oder EPO-Doping erzielten, schafft der Kolumbianer Nairo Quintana (angeblich) auf natürliche Weise. Sein Heimatort Combita liegt auf 2750 Metern Höhe. Dort bereitete er sich auf die Tour de France vor – was die Bildung der roten Blutkörperchen fördert.

Die Karriere des 25-Jährigen, der deutlich älter aussieht, verläuft steil bergauf. 2013 war er bester Jungprofi bei der Tour, 2014 gewann er den Giro, 2015 ...

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