Schlussstrich für Armstrong, ungewisse Zukunft für Froome

Armstrong einigte sich mit dem US-Justizministerium auf einen außergerichtlichen Deal und spart viel Geld.
Mit dem Deal zwischen dem Texaner und der US-Justiz ist das Dauerthema längst nicht abgeschlossen.

Ende gut, alles gut? Keineswegs. Lance Armstrong und das amerikanische Justizministerium haben sich in der Nacht zum Freitag auf einen Deal geeinigt, der dem einstigen Rad-Helden und später als Super-Doper entlarvten 46-Jährigen einen Schadenersatzprozess mit einem Volumen von 100 Millionen Dollar (81 Millionen Euro) erspart. Fünf Millionen Dollar wird der Texaner nun an den Staat überweisen, weitere 1,65 Millionen gehen an seinen früheren Teamkollegen Floyd Landis, damit dieser seine Unkosten begleichen kann. „Ich bin froh, dass ich die Sache geklärt habe und mein Leben weiterleben kann“, ließ Armstrong über seine Anwaltskanzlei Keker Van Nest & Peters verbreiten.

Wirklich einsichtig zeigte sich der einst siebenfache Sieger der Tour de France freilich noch immer nicht. „Unbegründet und unfair“ sei der Prozess gewesen, seit 2013 habe er doch „versucht, die volle Verantwortung für meine Fehler zu übernehmen“.

Das ist Ansichtssache: Wie viele seiner Kollegen, die erwischt worden sind, rückte auch Armstrong nur nach und nach Fakten heraus. Bereits 2012 war er von der US-Anti-Doping-Agentur überführt worden, und aus einer ganzen Reihe von Verfahren ist Armstrong als Verlierer hervorgegangen – rund 20 Millionen Dollar hat er bereits verloren, nun will er sein Haus um 7,5 Millionen Dollar verkaufen.

Der Seitenwechsler

Als der Texaner für das Team US Postal fuhr, erhielt sein Rennstall gut 32 Millionen Dollar von der amerikanischen Post, weshalb das Justizministerium den Prozess wegen Betrugs angestrengt hatte. Floyd Landis schloss sich dem Verfahren an, er hatte bereits den Kronzeugen gegeben. Wäre der Prozess zustande gekommen und Armstrong verurteilt worden, hätte der 42-Jährige ein Viertel des Streitwerts erhalten – mehr als 20 Millionen Euro. Brauchen würde Landis das Geld freilich nicht: Seit 2016 ist er in Denver (Colorado) als Unternehmer tätig, seine Firma Floyd’s of Leadville stellt Cannabisprodukte her – und hat sogar eine Zulassung der Welt-Anti-Doping-Agentur.

Und Lance Armstrong? Der ist froh, „dass ich mich wieder den vielen großartigen Dingen in meinem Leben widmen kann – meinen fünf Kindern, meiner Ehefrau, meinem Podcast, spannenden Buch- und Filmprojekten, meiner Arbeit als Krebs-Überlebender und meiner Leidenschaft für den Sport und Wettkampf“.

Letztere wird freilich durch Armstrongs Vergangenheit gebremst: Als ihn die Organisatoren der Flandern-Rundfahrt Ende März eingeladen hatten, brach ein Sturm der Entrüstung los, der David Lappartient, den Präsidenten des Radsport-Weltverbandes, auf den Plan rief. Schließlich sagte der Texaner aus „familiären Gründen“ ab.

Ausgestanden ist das Dauerthema Doping noch lange nicht, wie der aktuelle Skandal um den Biathlon-Weltverband zeigt. Irgendwann in näherer Zukunft wird wohl auch klar sein, was nun mit dem vierfachen Tour-de-France-Sieger Chris Fromme passiert, der im vergangenen September bei der Spanien-Rundfahrt mit viel zu viel Salbutamol in seinem Körper erwischt worden ist.

Der Umstrittene

Das – bis zu einem Grenzwert erlaubte – Asthmamittel hilft nicht nur bei Problemen mit den Bronchien, es hat auch einen anabolen Effekt, was nicht weniger heißt, als es Muskelaufbau und Fettverbrennung dient. Wie groß diese Wirkung ist, darüber gehen die Fachmeinungen freilich auseinander.

Auch darüber, wie groß die Wirkung von Geld ist: Froomes Team Sky soll sieben Millionen Euro in die Verteidigung seiner Nummer eins stecken. Ein Erfolg im Dopingverfahren ist dennoch ebenso ungewiss wie dessen Termin. Vor dem Giro d’Italia (ab 4. Mai) dürfte es sich nicht ausgehen, und wohl kaum bis zur Tour de France.

Für den Briten selbst sind die Vorwürfe jedenfalls Unsinn, deshalb hat er in dieser Woche bei der Tour of the Alps beharrlich dazu geschwiegen. Erledigt ist das Thema damit natürlich nicht. Das musste auch schon Lance Armstrong einsehen, der Kritiker bedrohte und klagte.

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