Segel-Olympiasiegerin Lara Vadlau: "Mir wird sehr schnell langweilig"

Lara Vadlau mit Gold
„Der Spanier wollte uns töten“, schreibt Lara Vadlau über die Momente vor dem größten Triumph ihrer Karriere. Im August 2024 gewann sie mit Segelpartner Lukas Mähr Olympiagold. Nur acht Monate später ist Lara Vadlaus Buch „Segel des Lebens“ fertig, in dem sie gleich zu Beginn erklärt, was „töten“ in Seglersprache heißt.
Nein, es sollte keine „langweilige Autobiografie“ werden. Lara Vadlau will auf keinen Fall irgendjemanden fadisieren. Im Interview mit dem KURIER erzählt die Olympiasiegerin und Medizinerin, wie sie sich auf die nächste Olympia vorbereitet, wie sie Medizinstudium, Training und Buch unter einen Hut bekommt und wo man Abstriche machen muss.
Wie kam es zu der Entscheidung, neben all dem Trubel und Training auch noch ein Buch zu schreiben?
Ich war nach meinem Olympiasieg zu sehr vielen Vorträgen eingeladen, immer wieder sind Menschen an mich herangetreten und haben mich gefragt: „Lara, kann man ein paar Sachen nachlesen in einem Buch?“ Und die waren sehr erstaunt darüber, dass ich noch keines habe. Das hat mich zum Nachdenken gebracht und schlussendlich dachte ich mir: „Ok, schreibe ich eben ein Buch.“ Mir war es wichtig, dass es keine stinknormale, langweilige Autobiografie ist. Ich bin 30 und ich habe noch einiges vor in meinem Leben. Es sind einfach zehn Kapitel über bestimmte Erfahrungen, die ich in meinem Leben sammeln durfte.
Eine Autobiografie mit Ratgeber-Elementen?
Ja, vielleicht. Mir war es eben wichtig, dass Menschen, die das Buch in der Hand halten, etwas daraus gewinnen können. Weil... ich selbst lese keine Romane. Da müsste mir schon sehr, sehr langweilig sein. Wenn ich ein Buch lese, dann muss ich irgendwas aus dem Buch für mich selbst herausfiltern können.
Sport Talk: Zum ausführlichen Interview mit Lara Vadlau
Apropos Langeweile. Sehr oft dürfte Ihnen nicht langweilig sein im Leben. Sie haben eine Olympiakampagne gemacht und währenddessen Medizin studiert. Jetzt Training und das Buch. Müssen Sie immer unter Strom sein?
Ich glaube, ich brauche das. Mir wird sehr schnell langweilig, wenn ich nicht fünf Sachen gleichzeitig mache. Ich habe immer das Gefühl, mein Leben ist sowieso zu kurz. Was ich am meisten hasse, ist, meine Zeit zu verschwenden. Deswegen versuche ich, alles Mögliche reinzupacken. Natürlich laufe ich manchmal gegen eine Wand... Wenn du drei 24-Stunden-Dienste hintereinander hast und dann Training und Abflug, irgendwann weißt du nicht mehr, in welcher Zeitzone du bist. Ich nehme das gar nicht so bewusst wahr, aber wenn man dann krank wird, dann fragt man sich schon, ob es vielleicht an der Zeit ist, ruhiger zu treten.
Sie haben gleich nach Olympia begonnen, Vollzeit zu arbeiten. Wie geht das, wenn man sich auf die nächsten Spiele vorbereitet?
Eigentlich wollte ich nicht gleich, sondern erst im Oktober starten. Aber meine Mutter riet mir, gleich zu starten. Es stimmt... Sportlerinnen und Sportler tun sich oft schwer nach so einem Erfolg – aber auch nach einer Niederlage – weil du bereitest dich vier Jahre tagtäglich auf ein gewisses Ziel vor und dann wachst du auf und denkst, was mache ich jetzt eigentlich, wofür lebe ich? Deswegen ist es wichtig, eine Beschäftigung zu haben.
Wie war dann der erste Tag in der Notaufnahme?
Da weiß man dann, was wirklicher Druck bedeutet. Wenn im Sportlerleben etwas nicht funktioniert, das ist vielleicht für einen persönlich schlimm. Aber wenn es dann um Menschenleben geht, dann wird einem erst bewusst, was es heißt, mit Druck umzugehen.
Stimmt es, dass Sie nach der Enttäuschung bei den Spielen in Rio beschlossen haben, zu studieren?
Mir war immer schon bewusst, dass es mit meinem Sport nicht ist wie im Tennis oder Fußball. Du hast nicht ausgesagt. Du kannst gut davon leben, aber ausgesorgt ist leider nicht... Oder Gott sei Dank – wie man es nimmt! Mir war relativ früh bewusst, ich muss auch was Gescheites in meinem Leben machen. Meinen Eltern war meine berufliche Ausbildung super wichtig. Nicht nur Rio – es haben viele verschiedene Umstände dazu geführt. Mir persönlich ist es sehr wichtig, unabhängig zu sein von Verbänden, Funktionären und von diesem ganzen System und deswegen war es mir wichtig, auf anderen Beinen zu stehen.
Die Kärntnerin hat bei den Olympischen Spielen 2024 in Paris zusammen mit Lukas Mähr in der 470er-Klasse Gold gewonnen, 2023 schloss sie ihr Medizinstudium ab. Nach Mährs Karriereende startete Vadlau mit Niklas Haberl (24) in die neue Saison.

Buchtipp: „Segel des Lebens“, Lara Vadlau, Rudolf Likar, 237 Seiten, Edition Platin, 25 €
Neben all den Dingen, die Sie machen, kommt das Privatleben manchmal zu kurz, auch darüber schreiben Sie.
Als Sportlerin musst du auf sehr, sehr viele Dinge verzichten. Du bist bei Hochzeiten nicht dabei, wenn Freunde Kinder kriegen, bei Geburtstagen und so weiter. Aber das bin ich gewohnt. Ich glaube, was ich sehr gut kann, ist Sachen priorisieren. Ich habe sehr wenige Freunde, aber die sind wirklich fürs Leben. Sie würden für mich durchs Feuer gehen und ich natürlich umgekehrt auch. Und meine größten Unterstützer sind meine Familie, mein Papa und meine Mutter. Die sind wirklich immer für mich da. Und ja, privat, also wirklich eine Beziehung neben dem ganzen zu führen, ist schwer. Vor allem, wenn die Partnerin auch Profifußballerin oder Profisportlerin ist, dann wird es zeitmanagementtechnisch schwierig, wenn beide natürlich weiterkommen wollen in ihrem Leben. Und deswegen war für uns einfach der Grund, das Ganze zu beenden und uns sportlich weiterzuentwickeln. Sagen wir mal so, wenn zwei Egomanen zusammentreffen, funktioniert es nicht. Einer muss zurückstecken, zumindest über eine Zeit.
Hat der Olympiasieg Ihr Leben finanziell verändert?
Ich bin jetzt Millionärin, sieht man mir das nicht an? (lacht) Es ist so, du kriegst 20.000 Euro in Form von Goldmünzen vom Olympischen Komitee. Ich habe weniger Sponsoren danach als davor, muss ich wirklich sagen. Ich weiß nicht, ob es Zufalls ist, ob die wirtschaftliche Lage gerade nicht mehr hergibt, oder ob es am Frau-Mann-Gender Gap liegt.
Sie waren sehr jung, als Sie angefangen haben. Was würden Sie Kindern raten, die gerade das Segeln für sich entdeckt haben?
Es gibt immer irgendeinen Weg, es gibt ganz viele Segelclubs, wir fangen alle am See an. Ich würde Eltern raten, die Kids zu unterstützen, wenn sie Spaß haben, solange es geht. Ich bin mit ganz vielen Sportarten aufgewachsen, habe mich relativ spät, erst so mit 12, 13, entschieden, wirklich Segeln zu machen. Je vielfältiger man ist, desto mehr hilft es einem im späteren Leben.
Welchen Sport machen Sie am liebsten abseits des Segelns?
Skifahren.
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