Wie ein Steirer mit vier Fingern weniger Richtung Olympia radelt

Wie ein Steirer mit vier Fingern weniger Richtung Olympia radelt
Der Pararadfahrer Franz-Josef Lässer hat 2024 einiges vor – bei den Paralympics möchte er auf Bahn und Straße für Furore sorgen

An einer Hand fehlen ihm seit der Geburt vier Finger. Franz-Josef Lässer hat ein Handicap, das für ihn aber keines ist. Heute ist er Para-Radfahrer aus Leidenschaft und so gut, dass er als Olympia-Hoffnung für Paris gilt. Darüber hinaus startet er auch in einigen Straßenrennen bei den „Nicht-Beinträchtigen“, weil er eben über großes Können verfügt.

„Als Kind habe ich gesehen, dass ich was weniger habe. Daher war es cool, wenn ich was mehr kann. Ich bin mit meinen Fingern so auf die Welt gekommen, die fehlen halt.“ Der 23-Jährige hat seit jeher eine nüchterne Betrachtungsweise. „Viele fragen, wie sie dazu sagen sollen. Beeinträchtigung, Handicap, Behinderung. Es wird immer dasselbe bleiben. Kinder beispielsweise überlegen nicht, die kommen her und fragen einfach.“

Sport Talk mit Franz-Josef Lässer

Der Steirer wurde schon in jungen Jahren zum Allrounder. „Ich habe mich immer für Akrobatik und Turnen interessiert. Die anderen haben im Turnsaal Fußball gespielt, ich bin im Handstand die Länge runtergegangen. Irgendwann haben alle mir zugeschaut. Es gibt so viel, was man machen kann. Ein eingeschränktes Denken hatte ich nie. Ich wollte immer was machen, wo meine eigene Leistung beurteilt wird.“ Schon früh stellte er sich die Frage, woran die Wertigkeit eines Menschen gemessen wird.

Ursprünglich versuchte er sich mit seinem Bruder beim Fußball. „Das hat nicht lange angehalten. Wenn ich super spiele, können wir dennoch gemeinsam verlieren. Daher habe ich mich in richtung Einzelsport entwickelt.“ Seine Leistung allein sollte beurteilt werden. Der Weg zum Radsport war aber ein langer. „Ich wollte immer alles machen. Zwei Mal pro Woche Radtraining, dazu Akrobatik und Tanzen. Auf einmal hatte die Woche für mich zu wenige Tage.“

Vor allem sein Vater hat ihn immer und überall unterstützt, allerdings irgendwann darauf hingewiesen, dass sich der Sohn vielleicht auf eine Sportart konzentrieren sollte. Es wurde das Radfahren. „Da kommt man herum und sieht was von der Welt. Aber es muss nicht nur Straße sein, es gibt Mountainbike oder auch Bahnrad-Bewerbe.“ Dort wurde er in Glasgow Vize-Weltmeister.

Toller Saisonstart

Für das Jahr 2024 hat er viele Pläne und noch mehr Ziele. Lässers Hauptprogramm bleibt freilich der Parasport. Nach der Medaille von Glasgow ist die Gewichtung auf die Bahn gerichtet, aber auch Straßenrennen stehen auf dem Programm. Je mehr Teilnahmen, desto mehr Chancen auf Erfolge.

„Alles ist für mich sehr reizvoll. Die Bahn ist berechenbarer. Im Freien gibt es mehr Einflüsse, das macht es umgekehrt für mich auch reizvoll.“ Der Saisonstart ist jedenfalls mehr als gelungen für den Steirer. In Adelaide holte er seinen ersten Weltcupsieg bei einem UCI Paracycling Road World Cup im Einzelzeitfahren. Tags darauf stand das Straßenrennen über 70,2 Kilometer auf dem Programm. In einem dramatischen Finale wurde Lässer Zweiter.

Damit holte der 23-Jährige ein weiteres wichtiges Ergebnis in Richtung Qualifikation für die Paralympics in Paris. Als nächstes Rennen steht in zwei Monaten mit den Bahn-Weltmeisterschaften in Brasilien das erste Saisonhighlight an.

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