Paralympics: Medaillenjagd mit Handicap

Paralympics: Medaillenjagd mit Handicap
Österreichs Team hat in London einen Stammplatz auf dem Siegespodest. Und noch einige Trümpfe im Talon.

Es konnte ja gar nichts mehr schiefgehen, mit einem Rauchfangkehrer im Team. Logisch, dass die österreichische Delegation bei den Paralympics in London strahlte und die Halbzeit der Sommerspiele der Behindertensportler zu einem Feier-Abend in ihrer Botschaft nutzte. Bei den Spielen der Nichtbehinderten zwei Wochen zuvor war’s zwar auch voll im ehrwürdigen Trinity House, aber ...
... lassen wir das.

Gold und Silber und Bronze galt es also am Montagabend zu bejubeln, Dressurreiter Pepo Puch, Tischtennisspielerin Doris Mader und Leichtathlet Thomas Geierspichler sorgten für einen rot-weiß-roten Sprung auf Platz 36 des Medaillenspiegels. Einmal Gold, zwei Mal Silber, vier Mal Bronze – eine glänzende Ausbeute für das 32 Sportler kleine Team, aber noch längst nicht alles. Denn erst am heutigen Mittwoch beginnen die Radbewerbe auf der Straße, es wird weiter Tischtennis gespielt, und Schwimmer Andreas Onea, der über 200 Meter Brust so knapp das Podest verpasst hat, wird auch noch einmal zu sehen sein.

Glücksbringer

Paralympics: Medaillenjagd mit Handicap

Der herausragende österreichische Athlet ist aber bisher Pepo Puch, der Dressur reitende Rauchfangkehrer aus der Steiermark. Der 46-jährige Glücksbringer bescherte sich und seiner 15-jährigen Hannoveraner-Stute Fine Feeling nach Bronze auch noch Gold bei diesen Paralympics und krönte damit seine Karriere als Behindertensportler, die erst 2008 mit einem folgenschweren Unfall begonnen hatte.

Puch war schon seit seinem 15. Lebensjahr hoch zu Ross unterwegs. Seine erste Karriere führte ihn zur WM im Distanzreiten, später wechselte er in die Vielseitigkeit, nach einem gröberen Wickel mit dem österreichischen Verband wurde er zum Kroaten und startete als solcher bei den Olympischen Spielen 2004 in Athen; es wurde Platz 63.

Vier Jahre später wurde Pepo Puch die Liebe zum Sport zum Verhängnis: Bei einem Turnier in Schenefeld nahe Hamburg stürzte er, dritter und vierter Halswirbel brachen, seither hat er eine inkomplette Querschnittlähmung. Ein halbes Jahr lang lag er im Spital, nach und nach konnte er seine Gliedmaßen wieder bewegen und sogar gehen, allerdings mit Einschränkungen.

Ausgezeichnet

Was blieb, waren die Pferde. Und so wurde der vielseitige Reiter ein Dressurspezialist, der sich an die Spitze der Weltrangliste arbeitete und nun nach der Auszeichnung mit dem Amadeus Award 2011 für herausragende Verdienste um den Pferdesport den nächsten Höhepunkt erreicht hat. Fast fünf Punkte legten Pepo Puch und Fine Feeling zwischen sich und die Verfolger, und Pferd-Nomen war wirklich Omen.

Denn der Steirer teilt seiner Stute mit zwei Gerten und Stimmhilfen mit, was sie tun soll. Wenn sich das Duo gut versteht, kommt Gold heraus; wenn sich das Duo blendend versteht, ein Paradressur-Weltrekord. So geschehen beim heurigen Mannheimer Maimarktturnier, wo Puch und Fine Feeling 80,667 Prozentpunkte erreichten; in London genügten 79,150 für Gold.

"Ich bin der glücklichste Mensch der Welt", sagte Pepo Puch. Und: "Mein Gefühl war sehr gut." Fine Feeling war’s natürlich auch. Die Österreicher haben nun schon die Paralympics-Bilanz der Spiele von Peking (einmal Gold, zwei Mal Silber, drei Mal Bronze) übertroffen.

Chancen

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Dass es bei sieben Medaillen bleibt, ist eher unwahrscheinlich. Zum Beispiel, weil Rollstuhlfahrer Thomas Geierspichler am Freitag noch die 800 Meter und am Samstag die 200 Meter zu absolvieren hat. Oder weil Andreas Vevera mit Hans Ruep am heutigen Mittwoch im Rollstuhl-Teambewerb zu Tischtennistisch bittet. Oder, oder, oder ...

Veveras Trainingspartnerin Doris Mader hingegen hat ihre Chance schon genutzt und ist nach ihrer Silbermedaille überglücklich. „Ich hoffe, dass ich noch bei vielen Events dabei sein kann“, sagte die 36-Jährige. Bei sportlichen Events – und natürlich bei Feier-Abenden.

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