Österreich-Tour: Fans, Jubel, leere Kassen

epa03779287 Overall winner Austrian Riccardo Zoidl (C) of Team Gourmetfein Simplon and teammates celebrate on the podium after the eighth and last stage of the Tour of Austria cycling race in Vienna, Austria, 07 July 2013. EPA/HERBERT NEUBAUER
Nach der Zielankunft in Wien ist die Zukunft des Rad-Spektakels offen.

Die letzte Runde ist gedreht, der erste heimische Sieger seit fünf Jahren geehrt – nach dem Erfolg von Riccardo Zoidl ist es an der Zeit, die 65. Österreich-Rundfahrt zu bilanzieren.

+ Teilnehmerfeld Weltmeister, Olympiasieger, Giro-d'Italia-Sieger – die Jubiläumstour bot wohl das beste Feld in der Geschichte. Mit Thor Hushovd, Gerald Ciolek und Fabian Cancellara zeigten drei der Größen, dass sie neben dem Formaufbau für die Herbstsaison (WM!) auch den (Tages-)Erfolg im Visier hatten. „Wenn ich schon hier bin, will ich auch gewinnen und den Fans etwas bieten“, sagte etwa der Schweizer Cancellara, der auch etliche Fans aus seiner Heimat anlockte. Überhaupt, die Fans:

+ Zuschauer Der Andrang war nicht nur beim Zeitfahren in Podersdorf und beim Schlussakt in Wien enorm; Zeichen dafür, dass der Radsport in Österreich nach wie vor hohen Stellenwert hat. Apropos Stellenwert: Selbst aus Tokio war eine Journalistin zur Ö-Tour gereist.

+ Organisation Ein Wehwehchen, ein Helfer – Fahrer und Betreuer waren einmal mehr voll des Lobes. Und es gab genug zu tun: Auf der hektischen Freitag-Etappe kam es zu einigen Stürzen. Stefan Denifl, der wegen eines gebrochenen Schlüsselbeins als Gesamt-Elfter aufgeben musste, wurde übrigens am Samstagabend in Hochrum operiert. Besondere Freude bereitete den Teams die Quartiere: In St. Johann/Alpendorf etwa waren die Hotels an der Ziellinie, während bei der Tour de France oft noch zig Kilometer vor und nach den Etappen zu fahren sind.

+ Spendensammler Bernhard Eisel grämte sich ob der Nichtnominierung für die Tour de France durch sein Team Sky, trat aber höchst professionell und mit dem Blick für die wichtigen Dinge neben dem Radsport auf: Der Steirer sammelte im Feld Spenden für hochwassergeschädigte Österreicher. Als Spender trat auch Podersdorf-Tourismus-Chef Dietmar Keller auf: Der urlaubsreife Riccardo Zoidl wurde mit Freundin Stephanie für eine Woche Urlaub an den Neusiedlersee eingeladen.

– Pleiten, Pech und Pannen Bergsturz am Felbertauern, Murenabgang am Dientner Sattel, drei geplatzte Reifen am Bus des Schweizer Teams BMC – es war viel los. Dennoch gelang es, eine attraktive Tour zu gestalten und das Programm weitgehend umzusetzen. Am Schlusstag das letzte kuriose Kapitel: Der Transporter für das VIP-Zelt machte sich in Podersdorf selbstständig und kam erst im See zum Stillstand.

– Finanzen Auf so wackligen Füßen wie heuer stand die Ö-Tour noch nie, was sich schließlich auch in der abgesagten Live-Übertragung im ORF niederschlug – der Produktionskostenbeitrag wäre im Budget nicht darstellbar gewesen, wie auch Ö-Tour-Chefin Ursula Riha betont: „Eine Live-Etappe kostet uns zwischen 120.000 und 150.000 Euro.“ Gleichwohl wird sich etwas tun müssen, eine Rundfahrt auf Pump hält weder die Tour-Gesellschaft, noch der Österreichische Radsportverband lange durch. Der Dialog zweier Fans am Rande des Zeitfahrens war irgendwie bezeichnend: „Da ORF zeigt nix live, dafür zaang’s vo da Formel 1 jedes Training.“ Es folgte ein minutenlanges Lamento, auch über die Sinnhaftigkeit, dass diese Woche neben dem Testspiel zwischen Rapid und Paris SG der Cup-Kracher zwischen dem LASK und Rapid übertragen wird.

? Zukunft Anfang September gibt es den ersten Kassensturz. Ob es eine Österreich-Rundfahrt 2014 gibt, wird sich erst danach entscheiden. Tatsache ist: Riccardo Zoidls Erfolg hat Landespolitiker aus Oberösterreich dazu gebracht, nach Wien zu kommen. Zuletzt war die Ö-Tour 2005 im Land ob der Enns, mit einem weiteren Partner, (neuen) Sponsoren und dem Engagement, das die mehr als 300 Helfer auch heuer Tag für Tag gezeigt haben, stehen die Chancen auf eine Verlängerung der größten heimischen Sportveranstaltung gar nicht so schlecht.

Klar ist aber auch: Als Bernhard Kohl das Bergtrikot der Tour de France gewonnen hatte, „da haben mir die Sponsoren die Türen eingerannt“, erinnert sich Tour-Chefin Ursula Riha. Als der Dopingfall Kohl bekannt wurde, „da sind sie nicht einmal mehr ans Telefon, wenn ich sie angerufen habe.“

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