Valtteri Bottas: „Ich bleibe gerne im Hintergrund“

Abgekapselt: Bottas hätte es gerne etwas ruhiger.
Der Vorjahressieger spricht über die Schattenseiten der Formel 1 und das Leben danach.

Der Starpilot bei Mercedes ist Lewis Hamilton. Teamkollege Valtteri (28) steht im Schatten des glamourösen Weltmeisters. Und doch ist der Finne wichtiger Teil im Erfolgssystem der Silberpfeile. Er ist „Garant dafür, dass auch das zweite Auto schnell fährt“ (Zitat: Sportchef Wolff). Und er ist der Ruhepol im Team.

KURIER (stellt die Frage auf Deutsch): Sie fahren jetzt das zweite Jahr für Mercedes. Sprechen Sie schon Deutsch?

Valtteri Bottas (antwortet auf Englisch): Sorry? Kein Wort. Als ich zum Team gekommen bin, habe ich mir gedacht, es wäre schon cool, Deutsch zu lernen. Aber es spricht hier wirklich jeder Englisch. Das Team hat ja seine Zentrale in Brackley. Ich spreche nur Finnisch und Englisch. Das reicht bis jetzt.

Heuer haben Sie gezeigt, dass Sie um die WM mitkämpfen können. In Baku und Frankreich hatten Sie aber viel Pech und sind aus- oder zurückgefallen. Wie gehen Sie mit diesen unverschuldeten Rückschlägen um?

Das gehört zum Sport dazu. So schön es auch wäre, ich kann die Vergangenheit nicht ändern. Rückschläge sind Teil des Wettkampfs und Teil des Lebens. So geht es jedem Sportler.

Wie lange dauert es, solche Rückschläge zu verarbeiten? Einen Tag? Drei Bier?

Das Gefühl nach Baku war echt hart (Bottas fuhr dem Sieg entgegen, als ein Reifen platzte; Anm.). Aber normalerweise ist für mich am Montagabend alles erledigt. Am besten ist es, wenn man schnell wieder im Auto sitzt.

Und was war bisher der beste Moment Ihrer Karriere?

Das war definitiv mein erster Sieg im Vorjahr in Sotschi. Das ist eine spezielle Erinnerung. Das Ereignis hat mir Lust auf mehr gemacht.

Valtteri Bottas: „Ich bleibe gerne im Hintergrund“

Bottas krönte sich im Vorjahr zum Spielberg-Sieger.

Was sind Ihre Stärken?

Ich bin wissbegierig. Ich will immer lernen und mich verbessern. Dieses Interesse, immer besser zu werden, hat mich dahin gebracht, wo ich jetzt bin. Und es macht mich zu einem besseren Fahrer, Rennen für Rennen, Jahr für Jahr. Ich bin hungrig auf Siege. Hungriger denn je.

Weshalb lohnt es sich, Formel-1-Fahrer zu sein?

Ich habe die Möglichkeit, in der besten Rennserie gegen die besten Fahrer der Welt anzutreten. Ich spüre ein Feuer in mir, das mich antreibt, mich mit diesen Piloten zu messen.

Was mögen Sie nicht am Job?

Da gibt es tatsächlich einige Dinge. Ich mag es nicht, wenn so viele Menschen um mich sind. Die Formel 1 beeinflusst mein Privatleben doch sehr stark. Wenn ich in Finnland bin oder auf einem normalen Flughafen ... da ist immer jemand, der mich kennt, der etwas von mir will. Das ist nicht so einfach.

Sie haben im Gegensatz zu Lewis Hamilton ein ganz anderes Image. Pflegen Sie das Bild des ruhigen Finnen ganz bewusst?

Ich bleibe gerne im Hintergrund. Aber ehrlich gesagt, ist es mir egal, welches Image ich habe. Ich spiele meine Rolle nicht, ich bin wirklich ein ruhiger Typ. Mich zu verstellen, würde mir sehr schwerfallen.

Sie sind auch unter den Fahrer-Kollegen als netter, umgänglicher Typ bekannt. Kann das im Wettkampf schaden?

Ich kann mich an keine Situation auf der Rennstrecke erinnern, in der mir mein Charakter im Zweikampf Nachteile gebracht hätte. Weshalb soll ich nicht ein netter Mensch sein und ein guter Fahrer?

Valtteri Bottas: „Ich bleibe gerne im Hintergrund“

Bottas und sein erfolgreicher Teamkollege Hamilton

Ihr Teamkollege ist vierfacher Weltmeister. Ist das eine Bürde, oder macht es das Leben leichter, weil man nichts zu verlieren hat?

Ich glaube nicht, dass es meinen Job leichter macht. Gegen Lewis zu fahren, ist immer eine Herausforderung. Aber ich liebe die Herausforderung. Jeder weiß, wie gut er ist. Wenn ich gut bin, habe ich nichts dagegen, mit ihm verglichen zu werden. Ich bin froh, sein Teamkollege zu sein. Ich respektiere ihn als Fahrer und als Typ. Und wir arbeiten hervorragend zusammen.

Welchen Beruf hätten Sie, wenn es mit dem Rennfahren nicht geklappt hätte?

Ich wäre ein Profisportler. Ich brauche den Wettkampf. Und ganz sicher werde ich nach meiner Zeit in der Formel 1 eine zweite Sport-Karriere starten. Der Wettkampf fesselt mich, Ziele spornen mich an. Ich habe als Kind viel Eishockey gespielt, vielleicht wäre das etwas für mich.

Welchen Sport betreiben sie neben der Formel 1?

Ich trainiere täglich, und das nicht nur für die Fitness. Ich liebe es, so baue ich Stress ab. Wenn ich laufe, Rad fahre oder schwimme, drehen sich meine Gedanken sofort ins Positive.

Ihr Vertrag mit Mercedes läuft aus. Was werden Sie im kommenden Jahr machen?

Ich weiß es nicht. Aber ich weiß, was ich will: Ich will hier in diesem Team sein. Ich will mit diesem Team arbeiten und gemeinsam Erfolg haben. Wir werden demnächst über den Vertrag sprechen. Dann werde ich sehen, was das Team will, und wir werden uns schon einigen.

Geht es nur ums Geld?

Nein. Es geht darum, wie lange man sich binden will oder muss. Ich würde gerne länger als nur ein Jahr bleiben, und ich glaube, dass Kontinuität für beide Seiten positiv wäre. Warten wir ab.

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