MotoGP: Lorenzo als Königsfigur im Transferpoker

Dovizioso (l.) und Lorenzo könnten 2017 beide Rot tragen.
Nach dem Teamcrash in Argentinien wird wohl eine Ducati frei.

In den vergangenen Jahren war die Vertragslage in der MotoGP - zumindest bei den Spitzenteams - beinahe so stabil wie in der Formel 1. Die großen Vier - Valentino Rossi, Jorge Lorenzo, Marc Marquez und Dani Pedrosa - waren bei Yamaha respektive Honda gesetzt. Pedrosa bestreitet 2016 seine zehnte Saison für Repsol-Honda, Marquez geht in sein viertes MotoGP-Jahr. Rossi ist nach zwei Ducati-Jahren seit 2013 wieder bei Yamaha, Lorenzo fuhr in seiner seit 2008 andauernden MotoGP-Karriere nie für ein anderes Team. Aber anders als in den Vorjahren kommt 2016 Bewegung in die Werksteams.

MotoGP: Lorenzo als Königsfigur im Transferpoker
Spanish rider Jorge Lorenzo (front) of Movistar Yamaha MotoGP competes during the MotoGP race of the Qatar Grand Prix on March 20, 2016 at the Losail International Circuit in the Qatari capital Doha. / AFP PHOTO / KARIM JAAFAR
Rossi hat seinen Vertrag bis Ende 2018 verlängert und damit im Stallduell mit Lorenzo vorgelegt, und Marquez gilt bei Honda auf Jahre hinweg als gesetzt. Mit Pedrosa verlieren die Honda-Bosse jedoch langsam die Geduld. Der mittlerweile 30-jährige Spanier ist in der MotoGP noch immer ohne WM-Titel, hinter Marquez, Rossi und Lorenzo ist er bestenfalls die Nummer vier. Honda will einen der jungen Wilden aus dem eigenen Nachwuchs nach oben ziehen, die Kandidatenliste ist lang - der amtierende Moto2-Weltmeister Tito Rabat gilt ebenso als realistisch wie Alex Rins oder Suzuki-Werksfahrer Maverick Vinales.

Lorenzo kann den Stein ins Rollen bringen

Die Königsfigur im Transferpoker ist aber der amtierende Champion: Jorge Lorenzo wird hartnäckig mit Ducati in Verbindung gebracht. Der Mallorquiner hatte bereits vor dem Saisonstart in Katar einen unterschriftsreifen Yamaha-Vertrag vorliegen, er zögert bis heute. Rekordweltmeister Giacomo Agostini glaubt zu wissen, warum: "Ich weiß, dass Audi ihm ein super Angebot gemacht hat", so Agostini gegenüber quotidiano.net.

Sicher ist aber auch: Bisher hatte man bei Ducati das Luxus-Problem, mit Andrea Dovizioso und Andrea Iannone zwei absolut gleichwertige Piloten unter Vertrag zu haben. Iannone galt als die Zukunft der Roten, Dovizioso wurde schon im vergangenen Sommer das Karriereende auf den Leib geschrieben. Nun haben sich die Vorzeichen jedoch geändert. Iannone ist in den letzten sechs Rennen nur einmal ins Ziel gekommen, in dieser Saison stehen für ihn zwei - noch dazu vollkommen unnötige - Ausfälle zu Buche.

MotoGP: Lorenzo als Königsfigur im Transferpoker
epa05242954 Italian MotoGP rider Andrea Iannone (L), of Ducati, his teammate Italian Andrea Dovizioso crash during the last lap of the Argentinian Motorcycle Grand Prix at the Termas de Rio Hondo racetrack in Argentina, 03 April 2016. EPA/NICOLAS AGUILERA

Ducati als ultimative Herausforderung

Schlimmer noch: In Argentinien räumte Iannone im Kampf um Platz zwei in der vorletzten Kurve seinen Teamkollegen ab und fiel aus, Dovizioso schob sein Motorrad noch als 13. über die Ziellinie. Bei Ducati fährt Iannone ab sofort um seinen Vertrag. Ducati-Rennsportchef Gigi Dall'Igna verlangt Ergebnisse - die Lücke zu Honda und Yamaha ist geschlossen, Ausreden gibt es keine mehr.

Für Lorenzo wird Ducati immer reizvoller. Mit Yamaha hat er drei Titel gewonnen, im Stallduell mit Valentino Rossi gibt es trotzdem keine Nummer 1. Das wäre bei Ducati wohl anders. Zudem ist das Verhältnis zwischen Lorenzo und Rossi seit dem Saisonfinale 2016 höchst angespannt, Erinnerungen an die Trennwand in der Yamaha-Box 2010 werden wach. Und zusätzlich ist Ducati mittlerweile absolut konkurrenzfähig, hätte in dieser Saison schon drei Podestplätze anschreiben können, wäre da nicht Iannones Ausrutscher gewesen.

MotoGP: Lorenzo als Königsfigur im Transferpoker
Ducati MotoGP rider Valentino Rossi of Italy races during the qualifying practice of the MotoGP Grand Prix in Assen June 29, 2012. REUTERS/Michael Kooren (NETHERLANDS - Tags: SPORT MOTOR RACING)
Und noch ein weiterer kleiner Punkt spricht für einen Wechsel von Lorenzo: Mit Ducati konnte Valentino Rossi nie gewinnen, kehrte nach zwei erfolglosen Jahren zu Yamaha zurück. Wenn Lorenzo mit Ducati auch nur einen einzigen Sieg holt, dann wäre das ein weiterer Punkt für den Spanier in der Rivalität mit Rossi. Und Ducatis letzter Sieg liegt mittlerweile über fünf Jahre zurück und datiert noch aus der Ära Casey Stoner. Es wäre der ultimative Beweis seiner Größe, mit Ducati vielleicht sogar Weltmeister zu werden.

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