Formel-1-Star Sebastian Vettel: Abschied vom Denker und Lenker

Am Ende der außergewöhnlichen Formel-1-Karriere von Sebastian Vettel stand auch ein Anfang. Nur um seinen Rücktritt vom Rennsport im Vorfeld des Grand Prix von Ungarn (Sonntag: 15 Uhr) zu erklären, begab sich der eiserne Verweigerer der sozialen Medien (als Letzter der aktuellen Fahrergeneration) am Donnerstag dann doch auf das ungeliebte Terrain.
Sein offizieller Instagram-Auftritt wirkt nun dementsprechend skurril: Zu sehen sind binnen kürzester Zeit mehr als eine Million Abonnenten (Vettel selbst folgt nicht einer einzigen Person) sowie zwei in Schwarz-Weiß gehaltene Videos – eines auf Deutsch, eines auf Englisch.
Der Inhalt der Clips ist aber alles andere als gewöhnlich für diese Plattform, weil außerordentlich gehaltvoll. „Meine Leidenschaft für die Formel 1 geht einher mit hohem Zeitaufwand. Zeit, die ich mit meiner Familie verbringen möchte“, erklärt der vierfache Weltmeister darin seine Beweggründe für den Rücktritt am Ende der Saison.
An ausbleibenden Angeboten für den 35-Jährigen ist der Entschluss nicht gelegen. Sein aktueller Arbeitgeber Aston Martin hätte gerne verlängert, ebenso interessiert an den Steuerkünsten des Routiniers soll McLaren gewesen sein. Doch Vettel, der bei und mit Red Bull eine Ära in der Formel 1 geprägt hat, dürfte abgeschlossen haben mit der Königsklasse des Motorsports. „Formel-1-Fahrer zu sein, bringt Dinge mit sich, die mir nicht mehr gefallen“, sagt er.
Es ist ein Satz, der viel Spielraum für Interpretationen ließe, würde Vettel diesen nicht gleich selbst ausfüllen: „Ich liebe diesen Sport, er war im Zentrum meines Lebens, seit ich denken kann. Aber es gibt mein Leben auf der Strecke und mein Leben neben der Strecke.“ Er wolle ein guter Vater und Ehemann sein, seine Kinder aufwachsen sehen „und mich nicht mehr von ihnen verabschieden müssen“.
Wie nur wenige Weltstars im Sport hat der Deutsche die Privatsphäre seiner Familie mit allen Mitteln zu schützen gewusst. Von seiner Frau, die er seit Jugendtagen kennt, gibt es nur wenige öffentliche Fotos, von seinen drei Kindern überhaupt keine.

Fordern und fördern
Alles für seine Familie und die Zukunft der Kinder – dem hat sich der Formel-1-Star in den vergangenen Jahren immer stärker verschrieben. Er setzte sich für den Klimaschutz ein und gegen Diskriminierung. Er sammelte nach einem Grand Prix Müll von den Tribünen und kümmerte sich um die Bienenpopulation. Er förderte und forderte.
Nicht weit genug gingen ihm die Initiativen der Formel 1. Auch so lässt sich seine Rücktrittserklärung lesen.
Immer seltener schaffte es Vettel zuletzt sportlich in die Schlagzeilen. Zu stockend war das Vorankommen bei Aston Martin für einen der erfolgreichsten Rennfahrer der Geschichte. Zu den vier Weltmeistertiteln (2010–2013) kamen 53 Grand-Prix-Siege (Rang drei in der ewigen Bestenliste) und 57 Polepositions (Platz vier). Bis heute ist er der jüngste Champion der Formel 1.

Alt sah er zuletzt manchmal nur im Rennwagen aus. Von der Enttäuschung bei Ferrari (2015–2020), wo er als Hoffnungsträger ankam und in Lewis Hamilton im Mercedes seinen (Welt-) Meister fand, schien er sich nie wirklich zu erholen.
Ein letzter Meilenstein scheint Vettel verwehrt zu bleiben. Fährt er heuer noch alle Rennen, wird er am Ende seiner Laufbahn 299 (!) Grands Prix bestritten haben. „Die Spuren, die ich auf der Strecke hinterlassen habe, werden bleiben, bis Regen und Zeit sie wegspülen“, sagt er im Abschiedsvideo und fügt an: „Mein bestes Rennen? Liegt noch vor mir.“
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