Rote Krise: Ferrari schlägt sich unter Wert

Drei Podestplätze in drei Rennen - und trotzdem herrscht Katerstimmung.

Die Anwesenheit von Ferrari-Boss Sergio Marchionne in China war für die Roten kein gutes Omen. In Kurve eins gerieten Sebastian Vettel und Kimi Räikkönen aneinander, der Deutsche torpedierte seinen finnischen Teamkollegen. Am Boliden des Finnen war der Frontflügel ab, auch bei Vettel musste im weiteren Rennverlauf die Nase des Ferrari getauscht werden. Am Ende stand mit den Plätzen zwei und fünf zwar immer noch ein respektables Ergebnis, aber den Ansprüchen des - nicht unbedingt als geduldig bekannten - Marchionne genügt das nicht.

Der 63-Jährige gab sich nach dem China-Grand-Prix versöhnlich: "Ich sehe ein Ferrari, das an seinen Aufgaben wächst", sagte Marchionne. "Es ist wie ein Kind, das Fortschritte macht - und manchmal rebellisch ist." Freundliche Worte, aber Ferrari-Teamchef Maurizio Arrivabene weiß genau, was dahintersteckt. "Er ist unzufrieden. Und ich bin auch nicht glücklich." Kein Wunder, hatte man in Maranello doch vor dem Saisonstart vollmundig vom Titel gesprochen.

Rote Krise: Ferrari schlägt sich unter Wert
Ferrari Formula One team leader Maurizio Arrivabene (L) and Sergio Marchionne, CEO of Fiat Chrysler automobil arrive in the paddock before the start of the Austrian F1 Grand Prix at the Red Bull Ring circuit in Spielberg, Austria, June 21, 2015. REUTERS/Leonhard Foeger

Pech und Pannen am laufenden Band

Dabei kann sich Ferrari selbst nicht viel vorwerfen. Beim Saisonstart in Melbourne verlor man Kimi Räikkönen in aussichtsreicher Position durch einen Motorschaden während der Rennunterbrechung - als die Fahrzeuge in der Boxengasse aufgereiht waren, überhitzte das Triebwerk am Boliden des Finnen, der Turbolader brannte durch. Bei Vettel verzockte man sich mit der Reifenwahl, am Ende reichte es nur zu Platz drei - hinter den beiden Mercedes-Piloten.

In Bahrain kam es sogar noch schlimmer: Vettel schaffte es nicht einmal bis zum Start, während der Aufwärmrunde ging sein Motor in Rauch auf, und damit auch die Hoffnung auf den ersten Saisonsieg. Besonders bitter: Räikkönen zeigte im Lauf des Rennens eine starke Vorstellung und holte Platz zwei - auch für Vettel sicherlich ein realistisches Ziel.

In China dann die Krönung: In Kurve eins verbremst sich Räikkönen, auch Vettel muss auf der Innenbahn Platz für Daniil Kwjat im Red Bull lassen. Als Räikkönen wieder nach innen zieht, steht ihm sein Teamkollege im Weg. Die Boliden berühren sich, Räikkönen muss mit abgebrochenem Frontflügel an die Box und fällt ans Ende des Feldes zurück. Auch Vettel sieht sich nach dem verkorksten Start plötzlich im Mittelfeld gefangen und verliert wertvolle Zeit auf Spitzenreiter Rosberg. Das Podium am Ende ist ein schwacher Trost.

Ferrari-Krise hilft Nico Rosberg

Nutznießer der Probleme bei der Scuderia ist WM-Leader Nico Rosberg. Der Mercedes-Pilot konnte die ersten drei Saisonrennen gewinnen und musste sich zumindest um die Ferrari-Piloten dabei in aller Regel keine Sorgen machen. Dass nebenbei auch noch Teamkollege Lewis Hamilton vom Pech verfolgt ist, bringt den Deutschen schon nach drei Rennen in eine dominante Ausgangsposition in der WM.

Rote Krise: Ferrari schlägt sich unter Wert
2016 FORMULA 1 UBS CHINESE GRAND PRIX, 14.04. - 17.04.2016 Sieger Nico Rosberg (GER#6), Mercedes AMG Petronas Formula One Team *** Local Caption *** © DIENER
Nach dem Rennen in China führt Rosberg bereits 36 Punkte vor Hamilton, 39 vor Red-Bull-Pilot Daniel Ricciardo und schon 42 vor Vettel. Und die Statistik spricht zusehends für Rosberg: Sechs Siege in Folge, drei Siege zum Saisonauftakt - kein Fahrer vor ihm hat das erreicht, ohne in der Folge Weltmeister zu werden. Dass einer der beiden Ferrari-Piloten ihm den Titel streitig macht, scheint schon jetzt, nach gerade einmal einem Siebtel der Saison, eher unwahrscheinlich.

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