"Ich brauche den Wettkampf"

Niki Lauda: Der Wiener träumt von einer neuen Formel1 mit lauten Autos, die schwer am Limit zu bewegen sind
Mit Niki Lauda (66) ist Mercedes seit Jahren auf der Überholspur.

Niki Lauda weiß wie es sich anfühlt, in Monte Carlo zu gewinnen. 1975 und 1976 triumphierte der Österreicher im Fürstentum. Lauda weiß aber auch, wie gnadenlos Monte Carlo sein kann. Sechs Mal schied er aus. Heute ist Lauda 66 Jahre alt und Vorstandschef des erfolgreichen Mercedes-Teams.

KURIER: Übt Monaco noch immer die Faszination aus, wie zu Ihrer aktiven Zeit?

Niki Lauda: Ja, überhaupt keine Frage. Monaco ist nach wie vor das eine Extrem des Rennfahrens. Ein Stadtkurs, alle kommen, alle schauen hin. Das ist eine Sensation.

Was braucht es, um in Monte Carlo zu gewinnen?

Der Vorsprung, den Mercedes hat, ist in Monte Carlo fast egal. Dort entscheidet der Fahrer, der muss dicke Eier in der Hose haben.

Welcher Ihrer Fahrer wird am Sonntag gewinnen?

80 Prozent macht in Monaco das Qualifying aus. Also hat Lewis die besten Voraussetzungen. Aber ein Rennen in Monaco hat viele Risiken und Nico ist nach seinem Formtief in den ersten vier Rennen wieder zurückgekommen. Das Tief ist entstanden durch die Über-Performance von Lewis. Der ist in den ersten vier Rennen auf einem außerirdischen Niveau gefahren. Jetzt haben wir wieder zwei Fahrer auf dem selben Niveau. Gut für uns, denn so geht die Entwicklung schneller weiter.

Mercedes dominiert fast nach Belieben. Wo sind die Gegner?

Gegner ist immer noch Ferrari. Aber den Vorsprung von zwei bis drei Zehntel haben wir mit der Kombination Auto-Hamilton-Rosberg halten können.

Sie sind zwei Mal für Ferrari-Weltmeister geworden. Freuen Sie sich jetzt über die gute Leistung des Gegners?

Ich freue mich, wenn Ferrari mit Vettel schnell ist. Aber nicht, weil ich einmal für Ferrari gefahren bin. Ferrari ist Konkurrent und ich bin Mercedes. Aber natürlich ist es für den ganzen Sport gut, wenn Ferrari mit dem bekanntesten Rennauto der Welt vorne mitfährt.

Die Kritik an der Formel 1 wird heftiger. Sie sei zu unspektakulär, zu teuer, zu leise. Ist die Formel 1 in der Krise?

Man muss die Kirche im Dorf lassen. Das neue Angebot rundherum ist riesengroß geworden. Auch die TV-Zuschauerzahlen beim Fußball sind geringer geworden. Und auch beim Fußball gibt es fade Spiele. Aber jetzt stellt sich die Frage, ob wir zu diesem Zuschauerschwund etwas beigetragen haben.

Und, haben Sie?

Natürlich haben wir Fehler gemacht. Es hat sich vor ein paar Jahren niemand darüber Gedanken gemacht, wie laut die Motoren sein werden. Und sie sind sehr leise.

Wie geht’s weiter?

Wir brauchen wieder Rennautos, die aggressiv sind und schwer zu fahren. Das ist aber frühestens 2017 möglich. Es kann nicht sein, dass ein 17-jähriger Verstappen, der zugegeben sehr gut Auto fährt, sich in ein Formel-1-Auto setzt und vorne mitfährt. Früher ist man aus der Formel 2 gekommen, ist zum ersten Mal mit einem Formel-1-Auto aus der Box gefahren und hat sich in die Hosen geschissen, weil das Ding so arg abgegangen ist. Es muss wieder schwieriger werden, ein Auto in der Königsklasse am Limit zu beherrschen.

Was wäre Ihr Wunsch-Reglement? Autos mit 1000 PS, kein Hybrid-Motor, laut?

Der Hybrid-Motor hat damit überhaupt nichts zu tun. 1000 PS kann man sofort mit dem jetzigen Motor erzeugen. Man müsste nur erlauben, die Durchflussmenge des Sprits zu erhöhen. Aber noch wichtiger wären Autos mit breiten Reifen und viel aerodynamischen Anpressdruck. Das muss auf der Straße picken und wenn es in der Kurve am Ende des Pickens ankommt, muss es in der Sekunde abfliegen. Dann entscheiden wieder die Fahrer.

Sie sind mittlerweile 66 Jahre alt, reisen ständig um die Welt, stehen immer im Mittelpunkt. Werden Sie nicht müde?

Im Gegenteil, ich werde immer jünger. Mir würde es schlecht gehen, wenn ich nichts mehr machen würde. Das wäre fürchterlich.

Wie viele Wochenenden verbringen Sie bei der Familie?

Nicht sehr viele. Aber dafür bin ich unter der Woche teilweise da. Das ist alles kein Problem, wenn man Verständnis bei Frau und Kindern findet. Und dieses Verständnis finde ich absolut.

Das heißt: Kein Ende absehbar?

Sicher nicht. Es wird doch immer interessanter.

Warum?

Weil die Konkurrenz näher kommt, weil es schwieriger wird. Es kommt jetzt eine neue Phase, in der wir härter kämpfen müssen für den gleichen Erfolg. Wir müssen auf jedes Detail achten.

Und dieser gnadenlose Wettkampf gefällt Ihnen?

Absolut. Ich brauche den Wettkampf. Und je enger der Wettkampf wird, desto wohler fühle ich mich.

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