MotoGP in Spielberg: Vier Asse auf zwei Rädern

Die MotoGP-Stars starten am Sonntag in Österreich.
Der ehemalige WM-Pilot Gustl Auinger analysiert die Stärken und Schwächen der WM-Kandidaten.

Hagel in der Nacht, der Boden mit Wasser vollgesaugt, Nebel über der Strecke. Am Donnerstag herrschte am Red-Bull-Ring kein Motorrad-Wetter. Doch den Fans war’s egal. Die Zelte wurden aufgebaut, die Wohnmobile in die nassen Wiesen gestellt, die Strecke besichtigt, obwohl noch kein Bike zu sehen war.

Die Motorrad-Weltmeisterschaft bewegt auch 2017 die Massen. Mehr als 200.000 Zuschauer waren im Vorjahr zum Comebackrennen nach Spielberg in die Steiermark gekommen, ähnlich viele könnten es auch an diesem Rennwochenende werden. Die spektakulären Rennen faszinieren die Fans, der enge Kampf um den WM-Titel erhöht die Spannung. Gleich drei Fahrer könnten am Sonntag (Start 14.00/live ServusTV, Eurosport) Marc Márquez die Führung in der Weltmeisterschaft abnehmen. Der Titelverteidiger wird von Maverick Viñales gejagt, dahinter lauern die Italiener Andrea Dovizioso und Valentino Rossi auf ihre Chancen.

"Es war nicht zu erwarten, dass es in der Gesamtwertung diese Dichte gibt", sagt ServusTV-Experte und Ex-WM-Pilot Gustl Auinger. "Das Schöne ist, dass alle jetzt richtig reinbeißen, um das große Ziel zu erreichen. Man weiß nicht, wohin die Kugel rollt."

Für den KURIER analysiert der 62-Jährige die Stärken und Schwächen der vier Kontrahenten um den Titel in der MotoGP.

Marc Marquez: Das Wunderkind

154 WM-Punkte

MotoGP in Spielberg: Vier Asse auf zwei Rädern
Marc Repsol Honda Team's Spanish rider Marc Marquez competes during the MotoGP event of the Grand Prix of the Czech Republic in Brno on August 6, 2017. / AFP PHOTO / Michal Cizek
In seinem ersten Jahr 2013 schlug der damals 19-Jährige voll ein. Im ersten MotoGP-Rennen wurde er Dritter, sein zweites gewann er. Seinen Ruf als Wunderkind konnte Márquez bestätigen, 2013, 2014 und 2016 holte er sich die Weltmeisterschaft.

Stärken
„Seine Klasse ist offensichtlich“, sagt Auinger. „Wenn er eine Siegchance wittert, dann wächst er über sich hinaus. Er schafft es, Situationen zu retten, in denen andere verloren wären. Ist es sein Wille, oder ist es sein Talent? Außerdem hat Marc keine Angst vor Stürzen. Im Vorjahr hat er sich hier die Schulter ausgekegelt und am Weg in die Box selbst eingerenkt, um weiterfahren zu können. Ein unglaublicher Wille.“

Schwächen
„Wenn sein Honda-Paket nicht perfekt geschnürt ist, nimmt er manchmal zu viel Risiko – ein Nuller könnte die Folge sein. Sein Glück ist auch Teamkollege Dani Pedrosa, der ein sehr analytischer Fahrer ist und so das Team voranbringt. Diese Gabe fehlt Marc etwas.“

Maverick Vinales: Das Pokerface

140 WM-Punkte

MotoGP in Spielberg: Vier Asse auf zwei Rädern
Yamaha rider Spanish Maverick Vinales steers his bike during the training session of the Moto Grand Prix of Germany at the Sachsenring Circuit on July 1, 2017 in Hohenstein-Ernstthal, eastern Germany. / AFP PHOTO / Robert MICHAEL
Der Yamaha-Neuzugang hat die Erwartungen voll erfüllt. Nach zehn von 18 Rennen hat er drei Siege auf dem Konto – ebenso viele wie Marc Márquez. Wegen der Nuller bei den Rennen in Texas und in Assen (NED) muss sich der Spanier derzeit mit Rang zwei in der WM-Wertung zufriedengeben. Viñales gilt weniger als Showman denn als Arbeiter: „Mein Leben besteht aus Motorradfahren und Training“, sagt er.

Stärken
„Er ist ein besonderer Typ. Er ist sehr schnell und zeigt überhaupt keine Emotionen auf der Maschine. Das ist wichtig – auch als Zeichen für die Konkurrenz.“

Schwächen
„In bestimmten Situationen ist er nicht so cool, wie er aussieht. Dann macht er Reaktionen, die nicht in Richtung WM-Titel führen. Für ihn geht es jetzt um das Höchste überhaupt, die Welt schaut zu, wenn es in das WM-Finale geht. Er muss lernen, mit diesem Druck umzugehen.“

Andrea Dovizioso: Der Monster-Bändiger

133 WM-Punkte

MotoGP in Spielberg: Vier Asse auf zwei Rädern
First-placed Ducati Team's Italian rider Andrea Dovizioso during the MotoGP race of the Moto Grand Prix de Catalunya at the Circuit de Catalunya on June 11, 2017 in Montmelo on the outskirts of Barcelona. / AFP PHOTO / Josep LAGO
2009 gelang Andrea Dovizioso im verregneten Donington (GBR) der erste Sieg, mit viel Klasse setzte er sich im direkten Duell gegen Valentino Rossi durch. Doch es folgten schwere Zeiten, 2013 ging er zu Ducati, um mit der Traditionsmarke den Schritt an die Spitze zu machen. Nach zwei Siegen in dieser Saison dürfte dies nun gelungen sein.

Stärken
„Er kennt Ducati seit Jahren und hat mit dem Team schon viel durchgemacht. Er wollte immer dieses Monster bändigen, und jetzt kommt kein anderer mit diesem Bike so gut zurecht. Ducati-Rennchef Gigi Dall’Igna ist ein Genie, die neuen legalen Winglets an der Front sind eine tolle aerodynamische Hilfe. Gerade am Red-Bull-Ring verringern sie das Wheelie-Risiko enorm. Hier ist Dovizioso der Favorit auf den Sieg.“

Schwächen
„Manchmal liegt die Chance auf dem Tisch, doch Dovizioso greift nicht zu. Vielleicht kommt in diesen Situationen etwas Nervosität auf bei ihm, bei Ducati oder bei den verantwortlichen Strategen.“

Valentino Rossi: Die Legende

132 WM-Punkte

Valentino Rossi ist das Gesicht einer ganzen Sportart. Als der damals 17-Jährige 1996 sein erstes WM-Rennen gewann, war sein heutiger Teamkollege Maverick Viñales ein Jahr alt. Rossi ist weltweit der beliebteste Motorsportler, er holte neun WM-Titel, sieben davon in der Königsklasse. Auf Nummer 10 wartet er aber schon seit 2009.

Stärken
„Er gehört nach wie vor zu den ganz Großen. Dass er nicht mehr so dominant ist wie früher, liegt an der unheimlich starken Konkurrenz. Rossi hat die Gabe, auch in verzweifelten Situationen noch etwas aus dem Hut zu zaubern. Zudem beherrscht er das Spiel mit den Medien, er liebt es, im Blickpunkt zu stehen. Das macht ihn stark, ganz im Gegensatz zu seinem Teamkollegen.“

Schwächen
Rossi ist kein Top-Qualifyer. Da geht er nicht das letzte Risiko ein. Aber er kennt diese Schwäche, und wie kein anderer arbeitet er daran, sie auszumerzen.“

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