MotoGP in Spielberg: Vier Asse auf zwei Rädern
Hagel in der Nacht, der Boden mit Wasser vollgesaugt, Nebel über der Strecke. Am Donnerstag herrschte am Red-Bull-Ring kein Motorrad-Wetter. Doch den Fans war’s egal. Die Zelte wurden aufgebaut, die Wohnmobile in die nassen Wiesen gestellt, die Strecke besichtigt, obwohl noch kein Bike zu sehen war.
Die Motorrad-Weltmeisterschaft bewegt auch 2017 die Massen. Mehr als 200.000 Zuschauer waren im Vorjahr zum Comebackrennen nach Spielberg in die Steiermark gekommen, ähnlich viele könnten es auch an diesem Rennwochenende werden. Die spektakulären Rennen faszinieren die Fans, der enge Kampf um den WM-Titel erhöht die Spannung. Gleich drei Fahrer könnten am Sonntag (Start 14.00/live ServusTV, Eurosport) Marc Márquez die Führung in der Weltmeisterschaft abnehmen. Der Titelverteidiger wird von Maverick Viñales gejagt, dahinter lauern die Italiener Andrea Dovizioso und Valentino Rossi auf ihre Chancen.
"Es war nicht zu erwarten, dass es in der Gesamtwertung diese Dichte gibt", sagt ServusTV-Experte und Ex-WM-Pilot Gustl Auinger. "Das Schöne ist, dass alle jetzt richtig reinbeißen, um das große Ziel zu erreichen. Man weiß nicht, wohin die Kugel rollt."
Für den KURIER analysiert der 62-Jährige die Stärken und Schwächen der vier Kontrahenten um den Titel in der MotoGP.
Marc Marquez: Das Wunderkind
154 WM-Punkte
Stärken
„Seine Klasse ist offensichtlich“, sagt Auinger. „Wenn er eine Siegchance wittert, dann wächst er über sich hinaus. Er schafft es, Situationen zu retten, in denen andere verloren wären. Ist es sein Wille, oder ist es sein Talent? Außerdem hat Marc keine Angst vor Stürzen. Im Vorjahr hat er sich hier die Schulter ausgekegelt und am Weg in die Box selbst eingerenkt, um weiterfahren zu können. Ein unglaublicher Wille.“
Schwächen
„Wenn sein Honda-Paket nicht perfekt geschnürt ist, nimmt er manchmal zu viel Risiko – ein Nuller könnte die Folge sein. Sein Glück ist auch Teamkollege Dani Pedrosa, der ein sehr analytischer Fahrer ist und so das Team voranbringt. Diese Gabe fehlt Marc etwas.“
Maverick Vinales: Das Pokerface
140 WM-Punkte
Stärken
„Er ist ein besonderer Typ. Er ist sehr schnell und zeigt überhaupt keine Emotionen auf der Maschine. Das ist wichtig – auch als Zeichen für die Konkurrenz.“
Schwächen
„In bestimmten Situationen ist er nicht so cool, wie er aussieht. Dann macht er Reaktionen, die nicht in Richtung WM-Titel führen. Für ihn geht es jetzt um das Höchste überhaupt, die Welt schaut zu, wenn es in das WM-Finale geht. Er muss lernen, mit diesem Druck umzugehen.“
Andrea Dovizioso: Der Monster-Bändiger
133 WM-Punkte
Stärken
„Er kennt Ducati seit Jahren und hat mit dem Team schon viel durchgemacht. Er wollte immer dieses Monster bändigen, und jetzt kommt kein anderer mit diesem Bike so gut zurecht. Ducati-Rennchef Gigi Dall’Igna ist ein Genie, die neuen legalen Winglets an der Front sind eine tolle aerodynamische Hilfe. Gerade am Red-Bull-Ring verringern sie das Wheelie-Risiko enorm. Hier ist Dovizioso der Favorit auf den Sieg.“
Schwächen
„Manchmal liegt die Chance auf dem Tisch, doch Dovizioso greift nicht zu. Vielleicht kommt in diesen Situationen etwas Nervosität auf bei ihm, bei Ducati oder bei den verantwortlichen Strategen.“
Valentino Rossi: Die Legende
132 WM-Punkte
Stärken
„Er gehört nach wie vor zu den ganz Großen. Dass er nicht mehr so dominant ist wie früher, liegt an der unheimlich starken Konkurrenz. Rossi hat die Gabe, auch in verzweifelten Situationen noch etwas aus dem Hut zu zaubern. Zudem beherrscht er das Spiel mit den Medien, er liebt es, im Blickpunkt zu stehen. Das macht ihn stark, ganz im Gegensatz zu seinem Teamkollegen.“
Schwächen
„Rossi ist kein Top-Qualifyer. Da geht er nicht das letzte Risiko ein. Aber er kennt diese Schwäche, und wie kein anderer arbeitet er daran, sie auszumerzen.“
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