MotoGP: Dabeisein ist nur vorerst alles

Die Motorräder von Pol Espargaro (#44) und Bradley Smith (#38).
Der österreichische Hersteller KTM gibt heute seine Premiere in der wichtigsten Motorrad-Rennserie.

KTM ist erfolgsverwöhnt. 16-mal in Serie gewann der Motorradhersteller aus Oberösterreich bei der Rallye Dakar. 2016 holten die orange lackierten Motorräder auch die Gesamtwertungen der Weltmeisterschaften in der Motocross-MX2-Klasse und in der Moto3-Wertung der Straßenmotorräder.

Doch ab sofort muss sich das österreichische Team umstellen. Ein Sieg bei der MotoGP-Premiere der KTM RC16 in Katar ist ungefähr so weit entfernt wie die Rennstrecke in Doha von Mattighofen, dem Firmensitz von KTM. Mehr als zwei Sekunden Rückstand hatten die beiden Piloten Pol Espargaró (ESP) und Bradley Smith (ENG) im Training auf die Bestzeit. Im Rennen (20 MESZ/live ServusTV, Eurosport) wäre es schon ein Erfolg, wenn beide Maschinen das Ziel sehen würden.

Herausfordernd

"Die MotoGP ist die bisher größte Herausforderung vor der wir stehen", sagt Stefan Pierer, der Vorstandsvorsitzende von KTM. "Es ist ein bisschen wie damals, als es das Größte war, an der Dakar teilzunehmen und sie irgendwann auch zu gewinnen. Das hat auch Jahre gedauert." Soll das heißen, dass auch in der MotoGP-Klasse erst in Jahren mit KTM-Siegen zu rechnen sein wird? "Die ersten drei Jahre werden hart, vor allem das erste wird ein Lernjahr. Wir beginnen ja überall bei Null, haben keine Referenzpunkte auf den Rennstrecken und müssen überall Daten sammeln, die du erst ein Jahr später referenzieren kannst."

In Geduld üben muss sich das Team rund um die Österreicher Stefan Pierer, Mike Leitner (Team-Manager) und Heinz Kinigadner (Berater), sowie um den deutschen Motorsport-Direktor Pit Beirer (siehe rechts). Doch irgendwann, vielleicht erst in zehn Jahren, soll die WM-Trophäe in der wichtigsten Motorrad-Klasse nach Mattighofen wandern.

Übermächtig

Keine Werbung ist wirksamer, als Erfolge auf der Rennstrecke. Mit dem Engagement in der MotoGP sollen natürlich auch die Verkaufszahlen steigen. "Wir sind beim Sport-Motorrad die Nummer eins in Europa und wollen Nummer drei der Welt werden", sagt Pierer. "Da heißt es, mit den japanischen Mitbewerbern in den Ring zu steigen."

Vorerst wird sich die Konkurrenz davor noch nicht fürchten. Titelverteidiger Marc Márquez (ESP) geht auch 2017 mit Dani Pedrosa (ESP) für Honda an den Start. Für Yamaha startet Altstar Valentino Rossi (ITA) in seine 21. WM-Saison. An seiner Seite hat er mit Maverick Viñales (ESP) einen schnellen und jungen (22 Jahre) Teamkollegen. Jorge Lorenzo (ESP) gibt nach neun Jahren bei Yamaha für Ducati sein Renndebüt.

Der Motorradsport hat das Leben von Pit Beirer verändert. Seit einem Rennunfall 2003 ist der ehemalige WM-Starter querschnittgelähmt, seit einigen Jahren ist der 44-jährige Deutsche der Motorsportchef von Hersteller KTM.

KURIER: Mit welchen Erwartungen tritt KTM in Katar an?
Pit Beirer: Wir fahren demütig nach Katar. Es wäre vermessen zu sagen, wir kommen hierher und fahren gleich mit Honda und Yamaha mit. Dieses Jahr muss man die Erwartungen herunterschrauben. Leider. Geduld ist nicht unsere größte Stärke. Es wäre in der ersten Jahreshälfte schon das Allergrößte, wenn wir aus eigener Kraft als 15. in die Punkte fahren können. Aber auf lange Sicht reicht uns der olympische Gedanke nicht.

Also geht’s auch um Siege?
Bisher hat KTM jede Rennklasse, in der man gestartet ist, mit dem WM-Titel gekrönt. Bei der Rallye Dakar sind wir sieben Jahren dem Sieg hinterhergefahren und haben anschließend 16-mal in Folge gewonnen.

Wie groß ist der Aufwand verglichen mit der Dakar?
Die technischen Einzellösungen beim MotoGP-Bike stellen alles bisherige in den Schatten. Es sind 1800 Einzelteile, die du designen und bauen musst. Im Motocross konnten wir auf einem hervorragenden Serienprodukt aufbauen. Für ein MotoGP-Bike gibt es kaum einen fertigen Teil, den man zukaufen kann. Aber das wussten wir. Unterschätzt haben wir etwas anderes.

Was denn?
Die Logistik. Wenn ich nur an die Zoll- und Frachtpapiere für die zwölf Tonnen Gepäck denke, die nach Doha verschifft wurden.

Klingt alles sehr teuer.
Unser Saisonbudget beträgt ohne Sponsorgeld 30 Millionen Euro. Damit gehören wir zum vorderen Drittel des Feldes. Mit der Hälfte beweist du nur, dass du Kanonenfutter bist. Für die Marke wäre das sogar schädlich.

Wie wichtig sind Werbeeffekte?
Der Auftrag an das Projekt ist, die Marke weltweit bekannter zu machen. Wenn du dort mitfährst, wo Valentino Rossi ist, hebst du die Marke auf ein anderes Level. Das erste Bild vom MotoGP-Bike wurde von der Pressewebsite am ersten Tag 700.000-mal heruntergeladen.

Passt das Produkt MotoGP?
Die Klasse ist ausgeglichen, der Sport ist ehrlich. Es entscheiden nicht die Männer in der Box, wer das Rennen gewinnt, sondern die Herren auf den Maschinen.

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