Helmut Marko: "Möglich, dass Ferrari auf eine Runde Vorteile hat"
Zehn Jahre hat es gedauert, bis Red Bull in der Formel 1 den besten Platz zurückerobert hat. Erkennen lässt sich das erstmals am Sonntag beim Saisonauftakt im Fahrerlager von Bahrain (16 Uhr MEZ/live ServusTV, Sky).
Der aktuelle Konstrukteursweltmeister darf sein Motorhome an der besten Stelle platzieren. „Ein gutes Gefühl, aber auch ein flüchtiges“, gesteht Helmut Marko, der Motorsportchef des Unternehmens vor dem ersten von 23 Grands Prix. Der Grazer ist auch mit bald 80 Jahren eine Schlüsselfigur in der Königsklasse.
KURIER: Die Testfahrten verliefen für Red Bull blendend, der neue Rennwagen war schnell und zuverlässig. Wie entspannt sind Sie?
Helmut Marko: Es stimmt, dass alles reibungslos und nach unseren Vorstellungen verlaufen ist. Wir waren vor dem ersten Rennen einer Saison noch nie besser unterwegs, was auch daran lag, dass der neue Rennwagen so früh wie noch nie fertig war. Dennoch bleibt eine Ungewissheit.
Inwiefern?
Den echten Rennmodus kann man einfach nicht wirklich simulieren. Außerdem wissen wir nicht, mit welchen Programmen oder Spritmengen die Konkurrenten unterwegs gewesen sind. Aber ganz große Wunder sind eher selten in der Formel 1. Arg weit hinten werden wir daher eher nicht sein (lacht).
Wie sehen Sie die Rangordnung zu Saisonstart?
Ferrari dürfte vorerst einmal der Hauptgegner sein. Gut möglich, dass sie auf eine Runde sogar leichte Vorteile haben. Mercedes hat wie erwartet aufgeholt, aber auch noch ein paar Probleme zu lösen. Im Mittelfeld dürfte es jedenfalls knackig werden. Wer sich Patzer erlaubt, könnte da rasch durchgereicht werden.
Wer von den anderen Teams hat sie bei den Testfahrten überrascht?
Positiv hervorzuheben ist Aston Martin, der Rennstall hat in wenigen Wochen massiv Boden gut gemacht. Aber auch kein Wunder, wenn man sich den Rennwagen ansieht.
Was meinen Sie damit?
Er sieht – bis auf die Lackierung – unserem Vorjahresauto verdammt ähnlich. Da haben deren Ingenieure offenbar gut und genau hingesehen.
Und die negativen Überraschungen?
Ganz eindeutig McLaren. Der Rennstall scheint einfach nicht vom Fleck zu kommen – egal, was die Ingenieure auch probieren.
Um Chancengleichheit herzustellen, dürfen erfolgreichere Teams weniger Zeit im Windkanal verbringen. Wie hart trifft das Red Bull?
Aktuell geht’s noch, weil sich das Reglement über den Winter nicht dramatisch verändert hat und unser 2022er-Auto sensationell gut war. Was Weiterentwicklungen während des Jahres betrifft, besteht ein Risiko. Klar ist, dass bei der limitierten Zeit im Windkanal nichts schiefgehen darf bei uns. Jeder Versuch muss sitzen.
Ist der dritte WM-Titel in Serie das erklärte Ziel?
Natürlich, wenngleich man nicht so weit vorausblicken sollte. Mehr noch: Wir wollen Erster und Zweiter werden. Sergio (Pérez, der zweite Pilot, Anm.) hat sich stabilisiert. Er hat neben einem sensationellen Verstappen in den vergangenen Jahren überlebt, das ist schon für sich eine starke Leistung.
AlphaTauri, das Zweitteam von Red Bull, gilt als Ausbildungsschmiede. Was erwarten Sie von den Fahrern Tsunoda und De Vries?
Die beiden wissen: Wer von ihnen heuer besser performt, wird eine Zukunft in der Formel 1 haben.
Apropos Zukunft: Oliver Mintzlaff, der neue CEO von Red Bull, war in Bahrain zu Besuch. Wie war’s?
Er war ein interessierter Zuhörer. Er kommt aus dem Fußball, wir haben ihm daher zeigen können, worauf es bei uns ankommt. An der Performance von Red Bull in der Formel 1 gibt es, glaube ich, nicht viel auszusetzen.
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