Heimspiel für Kwjat: "Mir gefällt, was ich hier sehe"
Daniil Kwjat ist zum Red-Bull-Cockpit gekommen wie die Jungfrau zum Kind. Gerade einmal 20 Jahre ist er alt, nur 15 Grands Prix hat er absolviert. Ab der kommenden Saison wird er den vierfachen Weltmeister Sebastian Vettel beim (Noch-)Weltmeister-Team ersetzen.
"Fahrermäßig wäre sonst nur Alonso von der Qualität her infrage gekommen", sagte Red-Bull-Motorsportberater Helmut Marko. Doch mehr Potenzial habe man im 13 Jahre jüngeren Kwjat vom Schwesterteam Toro Rosso gesehen. "Wir sind schon immer Risiken eingegangen."
Kwjat wuchs in Moskau auf, mit zwölf Jahren zog er nach Italien, um im Kart Karriere zu machen. Lange erhielt er nur Besuch von seiner Mutter, da der Vater in Russland arbeiten musste. Heuer holte er als bisher jüngster Pilot WM-Punkte: Bei seinem neunten Rang in Australien war er 19 Jahre und 324 Tage alt und damit jünger als Sebastian Vettel bei seinem ersten Punktgewinn.
Seit vergangenem Wochenende wird Kwjat nun in einem Atemzug mit den Weltmeistern Vettel und Alonso genannt, plötzlich steht der schüchterne Russe im Mittelpunkt. Ab 2015 wird er sich mit den besten Piloten der Welt nicht nur auf der Strecke messen müssen. Noch schwieriger könnte der Vergleich abseits der Rennstrecke werden, wo er beweisen muss, dass er das Zeug zum Star hat. Denn noch sieht Kwjat etwas farblos aus neben Strahlemann Daniel Ricciardo, Medienprofi Nico Rosberg, Society-Löwe Lewis Hamilton, Traum-Schwiegersohn Sebastian Vettel und Gentleman Jenson Button.
Kwjat hält sich mit markigen Sprüchen zurück. "Mir gefällt, was ich hier sehe", sagt er auf der internationalen Pressekonferenz. "Als ich vor zehn Jahren mit dem Motorsport begonnen habe, habe ich von so etwas nur träumen können. Das ist eine tolle Strecke mit einer tollen Infrastruktur." In einem guten Mix aus engen Kurven und langen Geraden schlängelt sich der Kurs durch den Olympia-Park von Sotschi, er umkurvt Medal Plaza und Olympiastadion, führt rund um die Bolschoi-Eishockey-Anlage, vorbei am Curling-Center und der Adler-Arena, in der die Eisschnelllauf-Bewerbe stattfanden (siehe Grafik). Dass sogar eine Tribüne in "Daniil Kwjat Grandstand" benannt wurde, findet der 20-Jährige einfach nur "ehrenvoll und begeisternd".
Getrübte Stimmung
Doch die Freude über den ersten Großen Preis von Russland seit 100 Jahren ist gedämpft: Die Gedanken der Fahrer sind bei Jules Bianchi. Im Fahrerlager von Sotschi wurden für den am Sonntag verunglückten Franzosen Aufkleber verteilt mit Bianchis Startnummer 17 und den Worten "Alle sind bei Jules". Der 25-Jährige schwebt mit Kopfverletzungen noch in Lebensgefahr. "Wir fahren hier in Sotschi nur für ihn", sagte Ferrari-Star Alonso, und es schien, als müsse er mit den Tränen kämpfen. Und Adrian Sutil, der den Unfall in Japan live sah, sagte: "Wir können nur noch beten."
Nico Rosberg ist beim ersten Freien Training auf dem neuen Formel-1-Kurs in Sotschi die Bestzeit gefahren. Der WM-Zweite verwies am Freitag in 1:42,311 Minuten für die 5,853 Kilometer seinen Mercedes-Rivalen und WM-Spitzenreiter Lewis Hamilton auf den zweiten Platz.
Der Brite, der im Gesamtklassement zehn Punkte Vorsprung auf den Deutschen hat, war lediglich 65 Tausendstelsekunden langsamer.
Dritter wurde beim ersten Einfahren für die Rennpremiere an diesem Sonntag in Russland Jenson Button im McLaren vor Ferrari-Pilot Fernando Alonso. Vierfach-Weltmeister Sebastian Vettel kam im Red Bull auf Rang 14.
Ergebnisse des ersten Freien Trainings in Sotschi:
1. Nico Rosberg (GER) Mercedes 1:42,311 Min.
2. Lewis Hamilton (GBR) Mercedes 1:42,376
3. Jenson Button (GBR) McLaren 1:42,507
4. Fernando Alonso (ESP) Ferrari 1:42,720
5. Kevin Magnussen (DEN) McLaren 1:43,026
6. Sergio Perez (MEX) Force India 1:43,129
7. Daniil Kwjat (RUS) Toro Rosso 1:43,164
8. Kimi Räikkönen (FIN) Ferrari 1:43,212
9. Jean-Eric Vergne (FRA) Toro Rosso 1:43,327
10. Valtteri Bottas (FIN) Williams 1:43,542
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