Formel-1-Star Lando Norris spricht offen über psychische Probleme

Lando Norris: Der Brite hat vor dem Grand Prix von Saudi-Arabien nicht die beste Zeit seines Lebens
Vor dem Rennen in Saudi-Arabien führt der Brite die WM an. Doch mental ist der 25-Jährige nicht ganz auf der Höhe.

Eigentlich könnte Lando Norris mit breiter Brust durch das Fahrerlager in Jeddah marschieren und als Favorit in den Grand Prix von Saudi-Arabien gehen (Sonntag, 19.00 MESZ/live ORF1). Der Brite sitzt im McLaren, dem schnellsten Formel-1-Auto der Welt und er führt die WM-Wertung vor seinem Teamkollegen Oscar Piastri an. Doch nicht nur die drei Punkte trennen den Briten und den Australier. Es ist die Herangehensweise an den hoch bezahlten Job. Während Piastri unerschütterlich wirkt, ist Norris das Gegenteil. Der 25-Jährige zweifelt an sich und seinen Fähigkeiten – und spricht auch offen darüber.

In Jeddah gab Norris nun zu, dass er mit wenig Selbstvertrauen in das Wochenende startet. Er habe Probleme, mit seinem Fahrstil das aktuelle Auto ans Limit zu bringen. „Mein Fahrstil passt einfach nicht mehr. Ich hasse es, nicht zu wissen, wie ich performen werde.“ Zuletzt hatte er in Bahrain Fehler im Qualifying gemacht und einen Frühstart ins Rennen – es wurde am Ende noch Rang drei, während Piastri fehlerfrei zum Sieg raste.

„Ich habe danach ein paar Tage Pause benötigt“, sagte Norris. „Aber so sehr man auch abschalten möchte, man denkt ständig über vieles nach. Ich denke, es wird weiterhin Dinge geben, mit denen ich zu kämpfen habe. Denn einige Dinge kann man nicht ändern.“

Mein Fahrstil passt einfach nicht mehr. Ich hasse es, nicht zu wissen, wie ich performen werde.

von Lando Norris

Führender in der WM

Norris gab zu, an seiner mentalen Ausgeglichenheit zu arbeiten. Allerdings mit mäßigem Erfolg. „Ich habe versucht, mich an all die guten Dinge zu erinnern. Aber ich denke zu viel an Negatives. Ich vergesse oft, dass ich das erste Rennen gewonnen habe und dass ich auf jedem Podium gestanden bin.“

Ist Norris angreifbar?

Zwar ist die Formel 1 längst nicht mehr die Macho-Welt, die sie einst war, doch Norris’ Offenheit macht ihn angreifbar. Red-Bull-Motorsportberater Helmut Marko hatte vergangene Saison über Norris gemeint, er sei mental nicht stark genug, um Verstappen zu schlagen, wenngleich der Steirer seine Worte im Nachhinein noch relativierte.

Andererseits ist die Bedeutung der mentalen Gesundheit längst auch im Spitzensport angekommen. Auch andere Weltstars wie Turnerin Simone Biles und Schwimmer Michael Phelps haben offen über psychische Probleme gesprochen und damit auch zu mehr Offenheit gegenüber dem Thema beigetragen.

Aus den Reihen der (ehemaligen) Formel-1-Kollegen erntete Norris für seine Worte viel Zuspruch. „Ich finde es ein Zeichen von Stärke, dass Lando sich so öffnet. Ich glaube, dass es vorbildhaft ist“, sagte Ex-Weltmeister Sebastian Vettel, 37. „Ich bin jetzt noch nicht so alt, aber zu meiner Zeit war das nicht so der Fall. Auch ich hatte Selbstzweifel. Man hat die aber nicht geäußert.“

Nicht einmal ein siebenfacher Weltmeister ist vor psychischen Problemen gefeit. „In meinen 20ern hatte ich einige wirklich schwierige Phasen“, sagte Lewis Hamilton im Jahr 2020. „Ich meine, ich habe mein ganzes Leben mit psychischen Problemen zu kämpfen gehabt.“

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