Lauda: "Ich will heuer den WM-Titel"
Diskussionen über die größten technischen Neuerungen der Geschichte prägen das erste Formel-1-Wochenende 2014, das heute mit dem ersten Training in Melbourne eröffnet wurde. Niki Lauda, der Aufsichtsratschef von Mercedes, glaubt an den WM-Titel für sein Team.
KURIER: Sebastian Vettel hat gesagt, der Herr Lauda muss sich keine Sorgen machen und kann sich zurücklehnen. Stimmt das?
Niki Lauda: Nein. Denn wir haben in der Formel 1 ganz neue Auto-Motor-Getriebe-Konzepte. Das ist so noch nie vorgekommen. Da wir nur zwölf Tage testen durften, wird die Standfestigkeit nicht so hoch sein, wie sie mit den alten Motoren war.
Beunruhigt Sie das?
Sicher nicht. Man kann nur das tun, was man in der kurzen Zeit tun kann. Und da glaube ich, dass Mercedes einen guten Job gemacht hat. Wir sind die meisten Kilometer gefahren im Vergleich zu den anderen. Das heißt aber noch lange nicht, dass man davon ausgehen kann, dass die Standfestigkeit garantiert ist. Es wird eine interessante Saison werden.
Vermutlich eine Saison mit vielen Ausfällen.
Logischerweise müssen in Melbourne 30 bis 40 Prozent ausfallen. Jedem Fahrer stehen heuer nur noch fünf Motoren zur Verfügung, ein Motor muss zirka 3200 Kilometer halten. Für uns alle ist das Neuland. Wir müssen versuchen, in den ersten Rennen ins Ziel zu kommen.
Offensichtlich funktionieren die Autos mit Mercedes-Motoren besser als jene mit Renault-Motoren, wie etwa Red Bull. Woran liegt das?
Ganz einfach. Wer früher anfangt, ist früher fertig. Bei Mercedes gibt es eine Truppe von Ingenieuren in Brixworth, die seit Jahren Rennmotoren der höchsten Qualität macht. Heuer gab es ein sehr kompliziertes Konzept, den Hybridmotor: Das ist ein turbogeladener Ottomotor, zu dem dann die elektrischen Spielereien dazukommen. Unser Konzept funktioniert, das von Ferrari auch. Das von Renault nicht. Warum das so ist, kann ich nicht beurteilen.
Was heißt das nun?
Die von Renault betriebenen Autos werden in den ersten Rennen Schwierigkeiten haben. Wenn die Probleme nur bei den Software-Einstellungen liegen sollten, wäre das vermutlich schnell gelöst. Ich bin überzeugt davon, dass Red Bull mit Renault aufholen wird.
Können Sie mit der Vorbereitung vollauf zufrieden sein?
Logisch ist: Wer mehr Rückstand hat, hat mehr zu arbeiten, als der, der in der Vorbereitung schon viele Kilometer gefahren ist. Aber zufrieden bin ich erst, wenn wir alle Rennen gewinnen. Die Vorbereitungszeit haben wir gut genutzt. Wir haben Dinge herausgefunden und korrigiert. Aber die Entwicklung ist nicht zu Ende, die geht permanent weiter.
Ist es ein Vorteil, dass bei Mercedes Motor und Auto aus einem Haus kommen?
Natürlich kann man da enger zusammenarbeiten. Aber Williams ist auch ein Team, wo wir den Motor zuliefern. Und der Williams funktioniert sehr gut.
Im Gegensatz zu allen anderen Spitzenteams hat Mercedes nichts an der Fahrerpaarung (Rosberg/Hamilton) geändert. Ist das ein Vorteil für die kommende Saison?
Ein neuer Zugang kann ein Vorteil sein oder ein Nachteil. Unsere Fahrer sind jedenfalls langfristig an Mercedes gebunden und sind hochtalentierte Super-Leute. Bei der Fahrerpaarung sind wir perfekt aufgestellt, eine bessere gibt es in der Formel 1 nicht. Nico mit seinem technischen Verständnis und Lewis mit seinem Talent. Die anderen Teams haben etwas geändert, um sich zu stärken. Ferrari hat den Kimi Räikkönen geholt statt dem Felipe Massa. Und jetzt freut sich der Massa, weil er im schnellen Williams sitzt, der von Mercedes betrieben wird.
Saisonziel ist der WM-Titel?
Saisonziel ist, Rennen zu gewinnen. Und ich will auch schon heuer den WM-Titel. Es ist überhaupt keine Frage: Wer standfester ist, wird den WM-Titel einfahren.
Neue Antriebseinheiten, weniger Benzinverbrauch, neue Aerodynamik – nicht nur Niki Lauda rechnet mit extrem vielen Ausfällen. Doch was passiert im schlimmsten aller Fälle, wenn am Sonntag kein einziges Team die volle Renndistanz von 58 Runden schaffen sollte?
Selbst FIA-Rennleiter Charlie Whiting muss nachdenken, da es so einen Fall noch nie gab. "Sieger ist dann der Fahrer, der zuletzt ausgefallen ist", sagte er gegenüber auto motor und sport – und hat damit nur bedingt Recht. "Wir müssten das Rennens mangels Fahrzeugen abbrechen. In diesem Fall gelten die gleichen Regeln wie bei einem Rennabbruch. Gewertet wird dabei der Stand zwei Runden vor dem Abbruch." Demnach ist der letzte Fahrer auf der Strecke nur dann der Sieger, wenn er zwei Runden vor dem Ausfall noch in Führung lag.
Da in den ersten Rennen 2014 viele Ausfälle erwartet werden, werden die Teams im Rennen Schäden reparieren, bei denen sie normalerweise das Auto abgestellt hätten. "Es lohnt sich vielleicht, sogar einen Heckflügel zu tauschen", sagt Sauber-Teammanager Beat Zehnder.
Vier im Ziel
Die bisher wenigsten Autos im Ziel gab es 1966 beim Grand Prix von Monaco. Jackie Stewart gewann, nur vier Fahrer sahen die Zielflagge. Auch damals handelte es sich um das erste Saisonrennen nach einer gravierenden Regeländerung (größere Motoren mit bis zu drei Litern Hubraum). Auch 1996 kamen im Regen von Monaco nur vier Autos ins Ziel (Sieger Olivier Panis), doch drei weitere erhielten Punkte.
Die Formel 1 geht mit einem neuen Qualifying-Format in die Saison. Das Finale der besten Zehn (Q3) wurde auf Kosten des ersten Abschnittes (Q1) um zwei Minuten von zehn auf zwölf verlängert. Dazu erhält jeder Fahrer für Q3 einen zusätzlichen Satz weiche Reifen. Diesen muss er nach der Session wieder zurückgeben. Dies soll die Zeit auf der Strecke erhöhen.
Die zehn Toppiloten müssen das Rennen nicht mehr auf dem Reifensatz aus Q3, sondern mit jenem aus Q2 in Angriff nehmen. Das Finale wird damit ein echtes Zeitfahren ohne taktische Komponente.
ProgrammFreitag, 6.30 (MEZ): 2. Training (live ORFeins).
Samstag, 4.00: 3. Training. 7.00: Qualifying (live ORFeins, RTL, Sky)
Sonntag, 7.00: Großer Preis von Australien in Melbourne (live ORFeins, RTL, Sky).
Zweites Rennen: Malaysia, 30. 3.
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