Die mächtigste Frau der Formel 1
Monisha Kaltenborn steht dort, wo ihr Leben begann, doch sie wäre derzeit wohl überall anders lieber. In Suzuka, in Monza oder in Montreal, aber bloß nicht in Indien. "Ich fürchte, die Strecke hier passt nicht so gut zu unserem C31", analysiert die Teamchefin die Stärken und Schwächen des Formel-1-Boliden von Sauber.
Die 41-jährige Wienerin muss längst das große Ganze im Blick behalten, auch wenn die Reize ihres Geburtslandes locken. Ein besonderes Rennen im Jahr bleibt der sonntägliche Grand Prix von Indien aber dennoch (Start: 10.30 Uhr MEZ/live ORFeins, RTL und Sky). "Seit ich beruflich zu allen Grands Prix reise, fehlt mir die Zeit für private Reisen nach Indien", sagt Monisha Kaltenborn. "Meine indische Herkunft bedeutet mir viel." Noch immer trägt sie ihren zweiten Familiennamen Narang; ihren deutschen Mann Jens hat sie in Indien nach Hindu-Ritus geheiratet.
Kaltenborn ist zur einflussreichsten Frau der Formel 1 aufgestiegen und genießt daher eine Sonderrolle in der von Männern geprägten Glitzerwelt. Die Aufmerksamkeit ist ihr allein deshalb schon gewiss, beim Rennen vor den Toren Neu-Delhis aber erst recht.
Groß war die Kritik, die Formel 1 in ein Land zu bringen, in dem Tag für Tag Menschen auf den Straßen verhungern. Vier Millionen Kubikmeter Erdreich wurden verschoben, um die Strecke zu designen; nagelneue, mehrspurige Schnellstraßen führen durch die Einöde – vorbei an Ochsenkarren und halb nackten Kindern. Gesamtkosten: 300 Millionen Euro.
Sinnfrage
Macht so ein Projekt Sinn? Kaltenborn ist eine gute Adressatin für diese Frage. "Grundsätzlich ist es in Indien für jede Sportart schwierig, neben Cricket einen Platz zu finden", sagte die Wienerin. Doch von dem Rennen profitiere sowohl die Formel 1 als auch das Land. "Ich finde es stimmig, dass Indien einen Platz im Kalender gefunden hat – als aufstrebende Nation, als riesiger Markt und Hightech-Standort mit exzellent ausgebildeten Ingenieuren."
Kaltenborn steckt den Rummel um ihre Person erstaunlich locker weg, Gelassenheit sei einer der Wesenszüge, der als indisch bezeichnet werden könnte, meint sie, obwohl sie bereits als Achtjährige aus dem Norden Indiens nach Österreich ausgewandert ist. Die Eltern dachten an eine neue Heimat in einem englischsprachigen Land, doch sie kamen nach Wien, wo bereits ein Onkel bei der Atombehörde arbeitete. "Es hat uns gefallen und wir sind geblieben."
Kaltenborn studierte Jus, nahm die österreichische Staatsbürgerschaft an, heiratete, wurde Mutter und machte Karriere in der Schweiz. "Seine Wurzeln vergisst man nicht", sagt sie und meint damit auch Wien. "Ich fühle mich dorthin zugehörig, wo ich die meisten Erlebnisse hatte, die einem bleiben. Und das ist Österreich, Wien."
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