Magerwahn bestimmt Tempo in der neuen Formel 1

Um jedes Gramm: Ein Kilo soll bei Jenson Button (71 kg) noch runter, gleichzeitig soll der McLaren-Mann kräftig bleiben.
Am Sonntag startet die Saison. Sorgen bereiten den Fahrern die Motoren – und unnötige Kilos.

Bei den Skispringern wurde dem Magerwahn der Athleten längst eine Grenze gesetzt: Der Body-Mass-Index wirkt sich auf die Skilänge aus. In der Formel 1 allerdings hat für die Saison 2014 das Hungern begonnen. Laut neuem Reglement dürfen Auto und Fahrer maximal 690 Kilogramm wiegen. Je leichter der Fahrer ist, desto mehr Spielraum hat das Team, um den Rennwagen auszubalancieren.

Der Engländer Jenson Button übte harsche Kritik an den Regeln: Der Weltmeister von 2009 und Hobby-Triathlet ist 1,82 Meter groß, hat einen Körperfettanteil von unter zehn Prozent und wiegt 71 Kilogramm – so wenig wie nie zuvor. Dennoch muss noch ein weiteres Kilo runter. "Das klingt wenig, aber im Qualifying kann das die eine oder andere Position ausmachen", sagte der McLaren-Fahrer dem Mirror. "Im Rennen sind es fünf bis sechs Sekunden." Besonders stört den körperbewussten Briten, dass er abnehmen muss, ohne darauf Rücksicht zu nehmen, wie der Körper auf die verminderte Kalorienzufuhr reagiert. "Athleten in anderen Sportarten sind dünn, fit und gesund. Wir aber werden dünn, weil wir uns vorschreiben lassen, wie viel wir essen dürfen."

Unter dem neuen Reglement am meisten zu leiden haben (für Formel-1-Verhältnisse) große Fahrer wie Button oder der neue Red-Bull-Mann Daniel Ricciardo (1,80 m). "Vier Kilo sind runter. Ich habe sechs Tage pro Woche je vier Stunden trainiert", sagte der Australier. "Über Weihnachten musste ich auf Süßigkeiten verzichten. Jetzt verzichte ich komplett auf Kohlenhydrate."

Dünn, aber kräftig

Ausgemergelte Gerippe sind in den Cockpits aber dennoch unerwünscht. Denn auf Nacken und Beine wirken extreme Kräfte. Das Trainingsprogramm von Ricciardo: "Ich drücke in der Beinpresse regelmäßig 100 Kilo, rund 500 Mal. Denn so oft trittst du im Rennen auf die Bremse."

Doch der Trend zum Magerwahn bleibt, wie auch Mercedes-Pilot Nico Rosberg gegenüber der Bild am Sonntag bestätigte: "Seit Ende des Jahres gibt es für mich keine Süßigkeiten mehr. Naschen ist verboten." Der Deutsche stellte selbst schon kalorienfreie Kekse her: "Die hatte ich alle für mich allein, weil sie ohne Butter und Zucker gebacken sind und sonst niemandem schmecken."

Abspecken musste auch Teamkollege Lewis Hamilton, der bei den Buchmachern als WM-Favorit gilt. Im Vorjahr hatte er einige Kilo an Muskelmasse auftrainiert. "Für das neue Auto musste das Gewicht wieder runter", sagte der Engländer. "Leider wird man Muskeln schwieriger wieder los, als man sie bekommt. Das war der härteste Winter meines Lebens."

Großer Gewinner der neuen Regeln ist Williams-Pilot Felipe Massa. Der Brasilianer ist mit 1,66 Metern und 60 Kilo der zierlichste Fahrer im Feld. Williams liegt mit Massa im Cockpit sogar noch unter dem vorgeschriebenen Gewichtslimit und kann das Auto somit noch besser ausbalancieren. Der 32-Jährige war bei den letzten Testfahrten in Bahrain der Schnellste: "Ich war noch nie so froh, so klein zu sein."

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