Max Verstappen: Wenn die Nerven flattern

Der Krach: Ocon quetscht sich in eine nicht vorhandene Lücke, Verstappen zieht nicht zurück.
Nur die Besten haben die Emotionen im Griff. Muss der junge Niederländer noch etwas lernen?

Ist Max Verstappen um den Sieg betrogen worden? Oder ist der 21-jährige Niederländer ein Hitzkopf, der seine Nerven nicht in Griff hat, weder auf noch abseits der Rennstrecke? Auch am Tag nach dem Grand Prix in Interlagos wurde mehr über die zwei aufregendsten Szenen diskutiert als über Rennsieger Hamilton.

Szene 1: Der überrundete Force-India-Pilot Esteban Ocon will sich in der 44. Runde zurücküberrunden und kracht Max Verstappen in den Red Bull. Das Manöver kostet Verstappen den Rennsieg und Ocon eine 10-Sekunden-Strafe.

Szene 2: Bei der Abwaage nach dem Rennen attackiert Verstappen den Franzosen. Mehrmals stößt er ihn gegen die Brust. In Interviews beschimpft er seinen Kontrahenten als „Idiot“ und „Pussy“.

Die Fangemeinde stellte sich danach einige Fragen?

War Verstappen wirklich unschuldig?

Fakt ist, dass es Ocon erlaubt gewesen wäre, Verstappen zu überholen. Fakt ist auch, dass er Verstappen nicht ins Auto hätte fahren dürfen und in diesem Moment zurückziehen hätte müssen.

Was ist Verstappen also vorzuwerfen?

Verstappen hätte umsichtiger sein können. Das sieht auch Lewis Hamilton so. „Du hattest alles zu verlieren, er nichts“, sagte der Rennsieger im Cool Down Room. Verstappen konterte: „Aber er kann doch nicht einfach dem Führenden ins Auto fahren.“ Damit hat er recht. Doch Hamilton hat heuer im WM-Kampf mehrmals in Duellen zurückgezogen und Umsicht bewiesen, um nicht das komplette Rennen zu verlieren. Diese Um- und Weitsicht fehlt Verstappen (noch). Er ist ein Rohdiamant, der noch geschliffen werden muss. Doch lässt er sich schleifen?

Ist der Red-Bull-Mann also ein Hitzkopf?

Verstappen ist zweifellos eines der größten Naturtalente der Formel 1. Doch er muss aufpassen, dass er sich mit seiner kompromisslosen Fahrweise und seiner emotionalen Art nicht zu viele Feinde macht. Denn das kann nicht nur Sympathien kosten, sondern auch Punkte, Siege oder sogar Weltmeisterschaften. „Zwischen den beiden gibt es eine lange Vorgeschichte“, sagte Red-Bull-Teamchef Christian Horner. Und Ocon bestätigte die Rivalität: „Max war immer schon so. Das reicht Jahre zurück.“ Sein Verhalten nach dem Rennen war zwar höchst unterhaltsam, mit den Beschimpfungen und Handgreiflichkeiten gegen Ocon hat er aber eine Grenze überschritten.

Gibt es eine Strafe für Verstappen?

Die Rennkommissare fanden die Rempelei nicht so witzig. Verstappen muss zwei Tage lang „öffentlichkeitswirksame Arbeit unter Aufsicht der FIA“ verrichten. Dabei könnte er z.B. als Instruktor für Nachwuchsfahrer zum Einsatz kommen.

Gab es früher nicht schon ähnliche Zwischenfälle?

Mehrmals. Und Verstappen war sogar als „Täter“ involviert. Allerdings war es Vater Jos Verstappen, der im Jahr 2001 als Überrundeter in das Auto des Führenden Montoya fuhr und dessen Rennen brutal beendete. 1998 fuhr der Führende Michael Schumacher auf David Coulthard auf. In der Box wollte der Deutsche auf den Schotten losgehen, seine eigenen Ferrari-Mechaniker mussten ihn zurückhalten. Und 1982 kollidierte der Führende Nelson Piquet mit dem Chilenen Eliseo Salazar. Der Brasilianer reagierte sich sofort ab, sprang aus dem Auto und prügelte auf Salazar ein.

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