Olympia-Attentat 1972: Die Geburtsstunde des modernen Terrorismus
Fernsehstationen aus der ganzen Welt berichteten live über die Ereignisse des 5. und 6. September 1972. Erstmals konnten Zuschauer vor ihren Bildschirmen ein Attentat in Echtzeit mitverfolgen. Daher gilt das Olympia-Attentat als die Geburtsstunde des internationalen Terrorismus.
Die Wurzeln des Terrors liegen im israelisch-palästinensischen Konflikt, der nach dem Zweiten Weltkrieg eskalierte. 1964 initiierte der ägyptische Staatschef Nasser die PLO (Palestinian Liberation Organization), die den bewaffneten Kampf gegen Israel aufnahm. Diese wurde im September 1970 aus Jordanien vertrieben, es kam dabei zu Massakern an Palästinensern. Deshalb nannte sich eine 1971 gegründete Terrororganisation Schwarzer September.
Acht ihrer Mitglieder verübten den Anschlag in München, der nicht ganz 24 Stunden dauerte und 17 Menschenleben forderte. Dabei hätten in der bayrischen Metropole heitere Olympische Spiele in einem toleranten Land stattfinden sollen. Es waren die ersten Sommerspiele in Deutschland nach den Propaganda-Spielen der Nationalsozialisten 1936.
Nur zehn Tage heitere Spiele
Die Eröffnungsfeier im Olympiastadion fand am 26. August 1972 statt. Am elften Tag waren die heiteren Spiele zu Ende, die allerdings zu Beginn der Geiselnahme zunächst fortgesetzt und erst nach Protesten zahlreicher Teilnehmer und Besucher unterbrochen wurden. Nach dem Ende des Dramas blieben die Spiele einen Tag lang unterbrochen. Nach einer Trauerfeier im Olympiastadion sagte IOC-Präsident Avery Brundage: „The games must go on!“ Einige wenige Athleten reisten dennoch ab. Auch die überlebenden Mitglieder der israelischen Olympiamannschaft verließen München.
Drei Geiselnehmer am LebenDie Verhandlungen mit den Attentätern zogen sich bis in den Abend, bis die Terroristen samt Geiseln mit Hubschraubern zum Flugplatz Fürstenfeldbruck gebracht wurden. Der dortige Befreiungsversuch endete in einem Desaster. Fünf der acht Terroristen, ein Beamter und alle neun Israelis kamen ums Leben. Die drei überlebenden Terroristen wurden schon wenige Wochen nach ihrer Tat mit einer Flugzeugentführung freigepresst. Die israelische Regierung ordnete eine Vergeltungsaktion „Zorn Gottes“ durch die Sondereinheit „Caesarea“ des Geheimdienstes Mossad an. Diese tötete in den Jahren nach 1972 etwa zwanzig Palästinenser, die direkt oder indirekt an dem Anschlag beteiligt gewesen waren, darunter auch zwei der überlebenden drei Terroristen. Jamal Al-Gashey, geboren 1953, ist noch immer am Leben. 1999 sagte er in einem Interview für die BBC-Dokumentation „Ein Tag im September“: „Ich bin stolz auf das, was ich in München getan habe, weil es der palästinensischen Sache sehr geholfen hat. Vor München 1972 hatte die Welt keine Ahnung über unseren Kampf, aber an diesem Tag wurde der Name Palästina in der ganzen Welt wiederholt.“
Angehörige wollen doch kommen
Nach dem katastrophalen Ausgang des Geiseldramas stellte die deutsche Bundesregierung die Antiterror-Spezialeinheit Bundesgrenzschutzgruppe 9 (GSG 9) auf. Gravierende Fehler waren unter anderem, dass zu wenige Scharfschützen in Fürstenfeldbruck waren, die zudem nicht gut ausgebildet waren und keinen Kontakt zueinander hatten. Und weil es keine Nachrichtensperre gab, konnten die Geiselnehmer im Fernsehen verfolgen, was die Polizei machte. Aber keine Bundesregierung seit 1972 hat für die Fehlleistungen um Entschuldigung gebeten. Auch deshalb haben die Angehörigen der israelischen Opfer ihre Teilnahme am Staatsakt zum 50. Jahrestag ursprünglich abgesagt.
Späte Entschädigung
Erst am 31. August haben die deutsche Bundesregierung und die Angehörigen der israelischen Opfer eine Einigung über Entschädigungszahlungen erzielt. Die Vereinbarung enthalte nicht nur materielle und immaterielle Anerkennungsleistungen. "Ebenso wichtig ist den Angehörigen die Aufarbeitung des damaligen Geschehens – jetzt unter Offenlegung aller Quellen", erklärte der frühere Innenminister Gerhart Baum. Den Hinterbliebenen wurden nun 28 Millionen Euro zugesprochen. „Die Familien werden nach München kommen“, sagte die Sprecherin der Familien, Ankie Spitzer.
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