Katz-und-Maus-Spiel im Doping-Prozess
Ein Lügengebäude."
Walter Mayer wähnt sich in einem solchen, während er auf der Anklagebank sitzt und Fragen zu einem Dopingnetzwerk beantwortet, das er aufgebaut haben soll.
Saal 211, Wiener Landesgericht. Die Showbühne für den ehemaligen Skandalbetreuer von Wintersportlern. Doping-Affären von internationalen Dimensionen säumten seinen Weg: Von Salt Lake City bis Ramsau, von Turin bis Wien.
Nun sitzt der schillernde Salzburger wegen Dopinghandels vor Gericht. Mit ihm drei weitere Personen, darunter der Villacher Apotheker A., der die verbotenen Stoffe an den Villacher Mittelsmann R. verkauft haben soll, der wiederum angibt, die Substanzen an Mayer zwecks Versorgung von Sportlern weitergeleitet zu haben.
"Absolut nicht schuldig", sagt Mayer, dem nach dem Anti-Doping-Gesetz bis zu drei Jahre Haft drohen. Mayer teilt aus. Nach allen Richtungen. Und zielt dabei auch auf die Beamten der SOKO Doping, die ihn Ende März 2009 festgenommen haben.
Unfreiwillig komisch
Der Verhandlungssaal ist voll und froher Erwartung. Dutzende Medienvertreter werden nicht enttäuscht. Walter Mayer liefert einen emotionalen Auftritt, spart auch Privates wie außereheliche Liebesgeschichten und (mittlerweile überstandene) Alkoholprobleme nicht aus.
Wiederholt sorgt auch Mayers Rechtsanwaltsanwärterin Barbara Sattinger unfreiwillig für Unterhaltung und Kopfschütteln - durch unmotiviertes wie (inhaltlich) unverständliches Zwischenrufen, was Staatsanwältin Nina Weinberger und Richterin Katharina Lewy schließlich zu einem gemeinschaftlichen "Seien Sie endlich still!" veranlasst.
Der 54-jährige Frühpensionist Mayer selbst hält von Ruhigstellung wenig. Er versucht, seine Unschuld mit komplexen, teils verwirrenden Erklärungen zu beweisen. Mayer spricht laut und wird mitunter aggressiv, wenn ihm Unangenehmes vorgehalten wird. Den ebenfalls beschuldigten R., der Mayer am ersten Prozesstag (Montag) schwer belastet hat, bezichtigt der Salzburger der
Lüge. Er sei unglaubwürdig, ein ehemaliger Bankräuber und Zuhälter.
Auch dessen Lebensgefährtin, die behauptete, Mayer habe bei R. das Blutdopingmittel Epo abgeholt, lüge. "Ich habe von R. niemals Dopingsubstanzen bezogen. Ich habe ihn lediglich als Dachdecker beschäftigt. Ich war drei Mal bei ihm. Zwei Mal habe ich Katzen abgeholt." Mayers Juristin präsentiert zur allgemeinen Erheiterung ein Foto einer Katze als Beweismittel. Abgesehen davon habe er, Mayer, lediglich Abnehmtinktur und Potenzpillen vom Hobby-Pharmazeuten und geständigen Dealer R. bezogen. Genannte Übergabetermine der verbotenen Substanzen versucht Mayer zu entkräften, indem er erläutert, er sei an diesen Tagen ganz woanders gewesen.
Dann zieht er ein Polizeiprotokoll hervor. "Das wurde manipuliert. Da hat man sich bei der Zeugenaussage von R. auf ein anderes Datum geeinigt. Der Beamte ist entweder dumm oder korrupt." Nachsatz: "Die SOKO Doping hat mit dem Zeugen gemeinsame Sache gemacht, um gegen mich was in der Hand zu haben. Die sind korrupt." Durch diese Vorwürfe dürfte Mayer weiteres Ungemach drohen.
Senior aktiv
Eine weitere Beschuldigte sagt am Mittwoch aus. Eine Krankenschwester, die zugibt, an Blutmessungen und Infusionen an einer Senioren-Weltmeisterin beteiligt gewesen zu sein, die Mayer mit eingefädelt haben soll. "Auch sie lügt", sagt Mayer. Warum alle lügen sollten, will die Richterin wissen. Walter Mayer: "Das weiß ich nicht." In der Verhandlungspause sagt die Krankenschwester mit feuchten Augen: "Wenn ich gewusst hätte, was das für ein Theater ergibt, hätte ich wegen dem bisschen Geld sicher nicht mitgemacht."
Nächster Tag im Theater ist der nächste Mittwoch. Dann werden Zeugen, darunter namhafte Wintersportler aussagen. Mayers Rechtsvertreter beantragen weitere Zeugen, ohne dass dabei nachvollzogen werden kann, warum deren Aussagen für diesen Fall Relevanz besitzen könnten. Darunter:
Peter Schröcksnadel (ÖSV-Präsident), Toni Innauer (Ex-Sportdirektor ÖSV), Stephanie Graf (Ex-Leichtathletin) oder Elmar Oberhauser, der ehemalige ORF-Sportchef und Info-Direktor.
Es bleibt spannend.
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