Jukic legt noch einmal nach
Der vierte Platz des 23-jährigen Wieners Dinko Jukic über 200 Meter Delfin war für ihn viel mehr ein Erfolg als nur Blech. Bisher kam kein Österreicher in London einer Medaille näher als er. Kurz nach dem Finale versuchte er höchst aufgeladen, die österreichische Sportszene aus den Angeln zu heben.
Dinko Jukic über ...
... seinen vierten Platz
"Hallo? Das ist wie ein Semifinale in einem Mannschaftssport. Das Finale war mein Traum. Platz 4 ist eine Draufgabe."
... die Leistung
"Österreichischer Rekord, die schnellste Zeit meiner Karriere. Ich hab mir das Rennen gut eingeteilt, bin sehr stolz auf diesen vierten Platz. Immerhin bin ich der schnellste Europäer. Alle, die mich bei der EM in Debrecen geschlagen haben, sind nicht ins Finale gekommen, weil sie sich dort kaputt gemacht haben."
... die Atmosphäre
"Ich habe es diesmal geschafft, das Drumherum komplett auszuschalten."
... die Zukunft
"Jetzt sind vier Jahre bis Rio, ich werde wieder hart arbeiten und hoffe, dass endlich auch die Unterstützung von den Leuten im Verband kommt. Ich werde versuchen, einen, wenn nicht mehrere Plätze gut zu machen. Eine Sekunde fehlt mir. Wenn ich mich ganz auf Delfin konzentriere, wofür ich mich vor Olympia entschieden habe, ist diese Sekunde drinnen. Für Rücken fehlen mir derzeit die körperlichen Proportionen."
"Wenn ein neuer Jukic kommt, dann hat er es vielleicht leichter"
... Funktionäre
"Wenn sie von mir erwarten, dass ich mich mit einem Phelps messe, dann sollen sie sich auch mit den amerikanischen Funktionären messen. Aber bei uns sind Funktionäre dabei, die nicht einmal der englischen Sprache mächtig sind. Die kommen dann von der Team-Sitzung, und wenn man fragt, worum es ging, dann heißt es: `Ich weiß nicht, ich habe die Hand gehoben wenn die Deutschen die Hand gehoben haben`. Das kann ich nicht akzeptieren. Schwimmen ist nicht die einzige Sportart, in der es diese Probleme gibt. Ich habe auch hier bei Olympia mit sehr vielen Sportlern gesprochen, die mit Strukturen und ehrenamtlichen Funktionen nicht glücklich sind."
... Professionalität
"Da gehört viel mehr Professionalität hinein. Man versucht seit Jahren, Athleten, die vom Sport auch etwas verstehen, in den Sport einzuschließen, durch die ganzen Ergebnisse, die wir in den letzten Jahren erreicht haben, wäre es langsam an der Zeit, dass man einen wie Maxim Podoprigora oder andere in den Verband holt. Die wissen, was Sportler brauchen und wie man sie unterstützen kann. Aber dafür muss man zuerst die Autonomie des Verbandes, wie sie das gerne nennen, auf neue Beine stellen."
... den Eklat bei der EM in Debrecen
"Was mich geärgert hat: Dass sie meinem Vater und mir in keinem Punkt Schutz geboten haben. Es ging um die Staffel, wo es geheißen hat, dass ich in der Früh schwimmen muss. Da hat mein Vater gefragt, ob das gescheit ist, weil ich erst vor einem Monat eine Ellbogen-Operation hatte. Die Antwort war: `Er kann das ja ruhig nach Hause schwimmen.` Und dann schwimmen die ersten Drei so, dass ich voll schwimmen muss, weil wir sonst gar nicht ins Finale kommen. Dann heißt es: Ich muss die Lagen-Staffel schwimmen, woraufhin ich das Finale über 400 Meter Lagen spritze, die Staffel schwimme. Dann komm’ ich aus dem Becken und plötzlich heißt es, dass wir zu Mittag nach Hause fahren. Wie komme ich dazu, dass ich mit drei Leuten schwimme, die zu Mittag nach Hause fahren wollen? Und wenn ich über 400 Meter Lagen ins Finale komme, bin ich der Sündenbock, weil wegen mir die ganze Mannschaft bleiben und mir zuschauen muss. Dann setze ich mich zum Mittagessen und dort heißt es, dass die Mannschaft um zwölf Uhr zu Mittag fährt, obwohl das Hotel bezahlt war und bei der Trainersitzung ausgemacht wurde, dass wir Montag um 8:30 Uhr zurückfahren. Plötzlich bekomme ich eine SMS, dass ich um 16:30 Uhr ein Gespräch mit OSV-Präsident Schauer habe. Also bin ich wieder derjenige, der dableiben muss. Dann habe ich es ihnen gesagt: Dass all die Bürokraten anfangen sollen, an den Sport zu denken. Dass ich sie aus meiner Sicht dort überhaupt nicht brauche. Und dann habe ich etwas gesagt, das diese ganzen Leute in ihrem Ego stört: Nämlich, dass wir uns nach den Olympischen Spielen in den Medien sehen und ich ihnen den Arsch aufreißen werde."
... die Folgen
"Jeder, der mich kennt und weiß, wie sehr ich meinen Sport schätze, der weiß, wie es in mir aussieht. Ich weiß, dass ich mir keine Freunde bei den Funktionären mache. Sehr viele haben ja auch politische Tätigkeiten. Aber ich weiß, dass ich mir sehr viele Freunde unter den Sportlern mache. Solange ich Erfolge habe, kann ich das sagen. Nachher wird mich keiner mehr anschauen oder mich mit Füßen treten. Aber wenn in zehn Jahren ein neuer Jukic kommt, dann hat er es vielleicht leichter."
... Rogan als möglichen OSV-Funktionär
"Ich glaube nicht, dass sich der Markus das antut und sich in dieses Wasser wirft. Da muss man mit allen gut und freundlich sein. Er hat über die Jahre gelernt, dass einen das auch nicht weit bringt. Unser Präsident hat alles super organisiert, kann unsere Ergebnisse sehr gut schönreden. Aber ohne Rogan und Jukic schaut es düster aus. Wie viele Medaillen sind in den letzten zwanzig Jahren aus den Leistungszentren Südstadt, Linz, Innsbruck gekommen? Keine! Aber das wird vom Ministerium und vom Verband finanziert und unterstützt. Und Leute, die Ergebnisse bringen, müssen sich von einem Landesverbandsfunktionär sagen lassen: `Du Scheiß-Tschusch, schleich dich dorthin, wo du hergekommen bist.` Das wurde bis heute nicht sanktioniert! Der ist immer noch im Amt. Aber mir hängen sie ein Disziplinarverfahren an. Jetzt kommen die Wahlen am 15. September und plötzlich müssen wir etwas machen, aber das wird es nicht spielen. Doch was soll’s: Ich freu mich über den vierten Platz: Der war jedenfalls ein deutliches Zeichen."
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