In 30 Minuten Herr über Sport-Millionen: Der ORF macht's möglich

Roland Weißmann: Haushaltsabgabe statt GIS
Die Ski-Weltmeisterschaft in Courchevel und Méribel von 6. bis 19. Februar ist das erste Sport-Großevent des Jahres. 70 Stunden Live-Berichterstattung wird der ORF aus den französischen Alpen liefern. Es wird zugleich die letzte Großveranstaltung sein, die der ORF-Sport unter der aktuellen Führung ins Bild rücken wird.
Denn parallel dazu geht das Rennen um den Posten als Sportchef in die finale Phase. Der bisherige, Hans Peter Trost, tritt mit 1. März seinen Ruhestand an.
Für diese Woche sind die Hearings mit sämtlichen Bewerbern angesetzt, auch jenen, die das geforderte Anforderungsprofil gar nicht erfüllen, weil sie etwa keine Erfahrung als Führungskraft vorzuweisen haben. Zwölf sind es laut KURIER-Informationen an der Zahl, nachdem einer sein Einreichen nach Druck seines aktuellen Arbeitgebers zurückgezogen hat. Darunter mit Veronika Dragon-Berger, der Koordinatorin des Spartenkanals ORF Sport+, auch eine Frau.
Insider berichten, das Rennen wäre bereits gelaufen und die Goldmedaille Hannes Aigelsreiter zugesagt. Der Radio-Chefredakteur soll dem Vernehmen nach allerdings auch am Posten von Robert Ziegler Interesse haben, sofern der Direktor des Landesstudio Niederösterreich seinen Posten räumen muss (nach den Vorwürfen, die ÖVP in der Berichterstattung bevorzugt zu haben). Aigelsreiter war für den KURIER wie zuletzt nicht zu erreichen.
Spannende Fragen, wie etwa nach der im Anforderungsprofil verlangten Sportkompetenz, konnte der 58-Jährige damit nicht beantworten. Auch nicht, ob er es als Nachteil sieht, kaum TV-Erfahrung vorweisen zu können. Aigelsreiter war Zeit seiner beruflichen Karriere fast ausschließlich im Radio tätig. Dass TV-Erfahrung nicht explizit im Anforderungsprofil verlangt wird, wirft den Verdacht auf, die Ausschreibung wäre gar auf ihn zugeschnitten.
Acht Fragen aus der Redaktion
Seinen potenziell künftigen Mitarbeitern kann Aigelsreiter jedenfalls nicht ausweichen. Wie es das Redakteursstatut vorsieht, hat die Redaktion das Recht, dem Generaldirektor einen Vorschlag bei der Ernennung des neuen „Hauptabteilungsleiters“ zu unterbreiten. Im Zuge dessen hat die Sportredaktion acht Fragen formuliert, die von den zwölf Bewerbern bis Mittwoch per Mail oder Videobotschaft beantwortet werden mussten. Dabei wollen die Mitarbeiter u.a. wissen, welcher Führungsstil sie erwartet, was den Bewerber an der bisherigen Arbeit der Redaktion gut oder weniger gefallen hat und wie man bevorstehende Einsparungen bewältigen möchte. Folge leisten muss Generaldirektor Weissmann dem Voting der Redaktion aber nicht.
Zumindest ein wenig mehr Gewicht hat das Prozedere im Rahmen der bevorstehenden Hearings: In 30 Minuten je Bewerber soll eine vierköpfige Kommission ein Urteil darüber fällen, wer dazu geeignet ist, das Sportressort mit über 100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und einem Budget von rund 100 Millionen Euro pro Jahr zukunftsfit zu machen. Ob Konzerne aus der Privatwirtschaft wichtige Personalentscheidungen ähnlich schnell abwickeln würden wie der gebührenfinanzierte ORF?
Das Gremium jedenfalls reduziert das Bewerbungsfeld von zwölf auf höchstens drei Personen, aus denen sich der Generaldirektor schließlich seinen neuen Sportchef – oder seine neue Chefin – auswählen darf, aber nicht muss. Weissmann kann die Empfehlung auch übergehen und einen Kandidaten küren, den die Kommission nicht für geeignet hält.
Die Auswahl zur Empfehlung wird getroffen von Andrea Bogad-Radatz (Film und Serien-Chefin), Angelika Simma-Wallinger (Chefredakteurin Vorarlberg), Klaus Obereder (Landesdirektor OÖ) und Karl Petermichl (Technische Direktion). Als Beobachterin dabei ist TV-Direktorin Stefanie Groiss-Horowitz. Sportkompetenz dürfte auch an dieser Stelle nicht von großer Relevanz sein.
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