Hans Pum: "Diese WM ist Werbung pur"

Evergreen: Vail ist für Hans Pum schon die 16. Ski-WM.
ÖSV-Sportdirektor Hans Pum spricht über Nachwuchssorgen, Druck und die positive Bilanz.

Sechs bis acht Medaillen hatte Österreichs Skiverband als Ziel für die Weltmeisterschaft in Vail und Beaver Creek ausgegeben. Das Mindestziel ist nach der Damen-Kombination am Montag bereits erfüllt. Kein Wunder also, dass Hans Pum in Beaver Creek fröhlich wirkt. "Wie es ausschaut, müssen wir jede WM in Vail machen", sagt der ÖSV-Sportdirektor, der in Colorado seine 16. WM bestreitet.

KURIER: Wie gefällt Ihnen die WM bisher?

Hans Pum: Sehr gut. Diese WM ist Werbung pur für den Ski-Sport. Du hast interessante Persönlichkeiten wie einen Svindal oder Miller, die tollen Bilder zum Hauptabendprogramm in Europa und ganz spannende Bewerbe. Erfreulich ist natürlich für uns, dass wir da vorne dabei sind. Das war auch unser Ziel. Mit Ausnahme der Abfahrt, das hat mir schon sehr wehgetan, weil ich eigentlich davon überzeugt war, dass wir da eine starke Truppe haben.

Dem US-Team rund um Lindsey Vonn wurde vor der WM auch mehr zugetraut. Liegt es am Druck vor Heimpublikum?

Sicherlich. In Schladming hat uns ja keiner gefragt, welche Rolle die Nerven spielen. Das ist einfach der Sport. Gerade vor heimischem Publikum, wenn man es besonders will, ist das nicht einfach, die Leistung zu bringen.

Leiden Sie ein bisschen mit den Gastgebern?

Natürlich sind Erfolge für die Stimmung hier gut. Obwohl: De Veranstalter haben es geschafft, dass viel mehr Leute herkommen als erwartet. Da haben sie einiges mobilisiert, und die Atmosphäre im Ziel ist toll.

Wie sehr hat Sie die Goldmedaille von Marcel Hirscher in der Kombination überrascht?

Hans Pum: "Diese WM ist Werbung pur"
APA11944004 - 17032013 - LENZERHEIDE - SCHWEIZ: ZU APA-TEXT SA - (v.l.) ÖSV-Damen-Cheftrainer Herbert Mandel, Gesamtweltcupsieger Marcel Hirscher, ÖSV-Sportdirektor Hans Pum und ÖSV Herren-Cheftrainer Matthias Berthold mit den Mannschafts-Weltcups am Sonntag, 17. März 2013, im Rahmen des Alpinen Ski-Weltcup-Finales in Lenzerheide. APA-FOTO: BARBARA GINDL
Ehrlich gesagt schon sehr. Aber er hat sich das wirklich verdient, weil er eine super Abfahrt gefahren ist auf dieser schwierigen Strecke , und dann hat er seine Chance genützt. Das muss man auch erst einmal machen. Das zeugt von Größe.

Was erwarten Sie von Hirscher und dem restlichen Team?

Wir wissen, dass Marcel eigentlich in jedem Bewerb um eine Medaille mitfahren kann. Aber man muss auch schauen, wie sich die Piste entwickelt. Im Grunde sind wir so aufgestellt, dass wir in jeder Disziplin eine Medaille machen können. Das ist auch unser Ziel.

Vor der WM wurde viel über das Nachwuchsproblem im Technikbereich bei den Herren gesprochen. Fehlen da wirklich einige Jahrgänge?

Im Grunde haben wir das Wellental durchschritten. Wir wissen das ja nicht erst seit gestern. Das hat es schon öfter gegeben. Einige Leistungsträger haben im Weltcup nicht gezeigt, was sie können, leider sind einige Junge auch verletzt. Ich will da gar keine Ausrede suchen, da sind sicher auch Fehler gemacht worden. Aber bei all den Erfolgen kann auch nicht so viel in den letzten 25 oder 30 Jahren falsch gelaufen sein. Sicher gibt es aber mehrere Punkte, wo man ansetzen muss.

Zum Beispiel?

Hans Pum: "Diese WM ist Werbung pur"
Alpine Ski-WM 2015, Hans Pum c Stefan Sigwarth
In der Einsatzpolitik oder bei den Trainingsmöglichkeiten. Aufgrund der letzten Winter ist es nicht einfach für viele kleine Vereine. Es fallen die Lifte hinter dem Haus weg, es fallen Loipen weg und für uns die Trainingsmöglichkeiten am Gletscher im Sommer. Gerade im Herbst und Frühwinter wäre es wichtig, trainieren zu können. Da haben die Skandinavier einen großen Vorteil. Das ist wie ein Puzzle: Wenn dir ein Teil rausfällt, ist das Bild nicht fertig.

Liegt das Nachwuchsproblem auch daran, dass Skifahren immer teurer wird?

Es liegt nicht nur am Preis. Es gibt viele Aktionen wie Gratis-Skikarten für Kinder. Aber es kommt jetzt eine Generation an Eltern, die selber nicht mehr skifahren gelernt haben. Ich glaube, dass man mit dem Kulturgut Skifahren anders umgehen muss. Wenn ich jetzt lese, dass der Wiener Stadtschulrat verboten hat, Schulskikurse in der Volksschule zu machen, dann muss ich mich schon wundern. Dort wohnt ein Viertel der Bevölkerung, die gar nicht mehr in Berührung damit kommt. Das ist für mich ein Wahnsinn.

Hat der Sport in Österreich einen zu geringen Stellenwert?

In Skandinavien wird der Sport schon anders gelebt. Bei uns passt das nicht zusammen: Die Forderung nach Spitzenleistungen auf der einen Seite, und dann sind wir führend in Europa in Sachen Nikotin- und Alkoholkonsum und Fettleibigkeit bei Jugendlichen. Das ist doch volkswirtschaftlich gesehen auch ein Wahnsinn. Und da rede ich noch gar nicht vom Spitzensport, sondern rein von der Bewegung.

Hans Pum wurde am 4. Juli 1954 in St. Oswald bei Freistadt (Oberösterreich) geboren. Seit 1977 ist er im Österreichischen Skiverband tätig. Pum hat im ÖSV viele Stationen durchlaufen, war Techniktrainer (1985 bis 1988) und Rennsportleiter (1988 bis 1992) der Herren. 1996 bis 2010 war er Alpinchef, seit 2010 ist er Sportdirektor des ÖSV. In Vail und Beaver Creek erlebt Hans Pum seine 16. WM.

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