Hagara auf dem traumhaften Schleudersitz

Hagara auf dem traumhaften Schleudersitz
America's Cup: Als Steuermann von Team China ist Roman Hagara erster Österreicher in der Segel-Königsklasse.

Andreas Hagara, der ältere Bruder von Doppel-Olympiasieger Roman, schreibt ein kleines Kapitel im 160 Jahre alten Geschichtsbuch der ältesten Sport-Trophäe der Welt: Der 47-jährige Manager eines Golfklubs am Attersee ist als erster Österreicher in die elitäre Clique des America's Cup eingedrungen. Im KURIER-Interview spricht der Wiener über das Abenteuer, in der Formel 1 des Segelsports auf dem Schleudersitz eines chinesischen Bootes Platz zu nehmen.

KURIER: Der Coup kam für alle Segler ziemlich überraschend ...
Andreas Hagara: Und für mich erst! Ich bin ein paar Tage vor der ersten Wettfahrt von Charlie Ogletree, dem amerikanischen Skipper, angerufen worden. Dadurch war der Einstieg schwierig. Ich bin seit einem Jahr Geschäftsführer des neuen Golfklubs am Attersee, hab' sechs Jahre an diesem Projekt gearbeitet. Wir haben gerade auf 18 Löcher ausgebaut. Das Thema "America's Cup" war für mich abgehakt.

Wie kam es zu diesem überstürzten Angebot?
Ganz einfach: Mein Vorgänger Mitch Booth ist gefeuert worden.

Der war ja auch ein großer Gegner Ihres Bruders in der Tornado-Klasse.
Auch ich bin schon gegen ihn gesegelt. Zum Beispiel 1987, als ich mit Roman in Kiel Weltmeister wurde.

Team China - was ist das eigentlich?
Der Industrielle Wang Chao Yong versucht, alle Geldkanäle des explodierenden chinesischen Marktes anzuzapfen. Er ist Eigentümer und Geldgeber, trotzdem verfügen wir einstweilen nur über ein Mini-Budget. Jeder Start kostet mit der ganzen Logistik 250.000 Euro. Oracle Racing hat vier Boote, wir ein einziges. Artemis hat zwanzig Mann Arbeits-Crew an Land, wir haben drei. Thierry Barot, ein französischer America's-Cupper, ist Sportdirektor.

Keiner von denen, die zuletzt in Plymouth Platz 7 im Fleet Race erreicht haben, war Chinese.
Das wird sich ändern. Wang hat Zugriff auf alle chinesischen Olympia-Segler. Als China am 32. America's Cup teilnahm, waren die alle wegen Olympia in Peking unabkömmlich. Zwei trainieren jetzt schon fix mit uns. Einer heißt Ma Jian, gehörte dem Basketball-Olympiateam 1992 an und war der erste Chinese, der für ein US-College-Team spielte.

In China stand er wegen seines Amerika-Ausflugs auf der schwarzen Liste. Jetzt ist er rehabilitiert. Er misst 2,05 Meter und hat 140 Kilo. Ganz brauchbare Maße für einen Grinder. (Die Kurbler sind die "Kraftlackeln" auf Segelbooten; Anm.)

Blöde Frage: Ist es eine große Ehre für Sie, in den America's Cup einzusteigen? Die Hagaras sind ja immer eher kühl und bescheiden in ihren Aussagen ...
Und ob das eine Ehre ist! Ein Traum, weil ich als Steuermann einsteigen durfte.

Die AC45 ist jene Klasse, aus der im Jahr 2013 der echte America's Cup - also das Finale vor San Francisco - erwächst. Die Katamarane werden dann nicht 45 Fuß (15 m) , sondern 72 Fuß (24 m) lang sein, nicht von fünf, sondern von elf Mann gesegelt werden und unvorstellbar utopische Geschoße sein.
Allerdings! 17 Knoten (30 km/h; Anm.) am Wind und bis zu 42 Knoten (70 km/h) vor dem Wind schaffen wir jetzt. Die AC72-Boote sind noch um zehn Prozent schneller.

Haben Sie schon einen Langzeit-Vertrag?
Nein, aber meine Performance vor Plymouth hat gereicht, um bei der nächsten Regatta vor San Diego (10.- 20. November; Anm.) wieder an der Pinne zu sitzen. Die Chemie zwischen mir und dem Management stimmt.

Planen Sie, andere Österreicher in die Crew einzubauen? Oder entscheidet das allein das Management?
Auf dem Boot spüren wir am besten, wen wir brauchen. Ich hab' an Gerd Habermüller gedacht. Auch ein ehemaliger Olympia-Sportler -, aber im Viererbob (u. a. mit Schösser bzw. Delle-Karth; Anm.) .

Wie geht's jetzt weiter?
Zwei Rennen vor San Diego und in China, dazu eine Session mit Russell Coutts, dem CEO des America's-Cup-Titelverteidigers Oracle Racing. Wir werden als Training auch in der Extreme-40-Klasse mitfahren.

Dort treffen Sie also wieder einmal auf Ihren Bruder?
Die Szene ist sehr eng. Man läuft immer wieder denselben Leuten über den Weg. Er ist ja ein alter Hase im Red Bull Team in der Extreme 40.

Wie sehr hilft Ihnen Ihre gemeinsame Vergangenheit als Nummer 1 der Welt im Tornado?
Die AC45 hat ein Flügel-Rigg: Man muss sich das Großsegel vorstellen wie eine Flugzeug-Tragfläche mit Landeklappen. Aber das Gefühl, das wir im Tornado erworben haben, bleibt auf allen Katamaranen erhalten. Das nimmt uns bestimmt keiner weg.

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