Geburtstagskind Hans Orsolics

Geburtstagskind Hans Orsolics
Orsolics, der im Boxring begeisterte und sein "potschertes Leben" meisterte, wird 65. Gegner Perkins stirbt.

Vor 38 Jahren und drei Tagen verließ Hans Orsolics 1974 zum letzten Mal den Ring als aktiver Boxer. Der letzten sportlichen Niederlage gegen den Spanier Jose Manuel Duran sollten im Privatleben viele weitere folgen.

Die Popularität des zweifachen Europameisters im Superleicht- und Weltergewicht hat unter den Rückschlägen allerdings nie gelitten. Gemeinsam mit vielen Gästen feiert Orsolics am Montag seinen 65. Geburtstag im Marchfelderhof in Deutsch-Wagram. Mit seinem potscherten Leben sang er sich Ende der 1980er Jahre als sympathischster aller Verlierer genauso in die Herzen seiner Fans wie zuvor als mit unbändigem Kämpferherzen ausgestatteter Boxer. "Hansi, Hansi" hallten die Rufe bei seinen insgesamt elf EM-Kämpfen, mehrmals auch durch die ausverkaufte Wiener Stadthalle. Obwohl ihm später das Loser-Image anhaftete, ist seine Bilanz bei Titelkämpfen ausgeglichen: Fünf Siegen stehen fünf Niederlagen und ein Remis gegenüber.

Falsche Freunde

Bereits in den letzten Karrierejahren deutete sich an, was Orsolics in der Folge fast das Leben gekostet hätte. Der gelernte Rauchfangkehrer verfiel wie so viele Kollegen der schlagenden Zunft falschen Freunden und dem Alkohol. Was er verdiente, rann ihm sprichwörtlich durch die Finger, auch im eigenen, erfolglos geführten Gasthaus "Zum Rauchfangkehrer" in der Wiener Goldschlagstraße.

Mit erst 28 Jahren stieg er aus dem Ring und stand bereits vor einem riesigen Schuldenberg, der nur noch anwachsen und den einstigen Helden der Nation an den Rand der Obdachlosigkeit bringen sollte. Wegbegleiter Sigi Bergmann wies in einem berührenden "Sport am Montag"-Portrait auf Orsolics` Elend hin, was den Liedermacher Charly Kriechbaum zur Hitsingle inspirierte. "I hob valuan, wie nur ana verliern kann, der a Herz statt an Hirn hat" heißt es dort programmatisch. Immerhin reichte das ersungene Geld aus, um Orsolics zu entschulden. Der Ex-Boxer machte einen Entzug, nahm einen Job an und lebt seitdem gemeinsam mit seiner zweiten Ehefrau Roswitha im relativen Idyll einer Meidlinger Gemeindebauwohnung, die exakt einen Quadratmeter größer ist als ein Boxring. Damit ist er, zum Glück, wohl doch dort angekommen, wo er sich selbst nie gesehen hat: "Ich war immer entweder ganz oben oder ganz unten. Die Mitte hat mich nie interessiert."

2009 rächte sich der Raubbau am eigenen Körper, beim Kettenraucher Orsolics wurde Lungenkrebs diagnostiziert. Er überstand die Operation und abgesehen von Durchblutungsproblemen in den Beinen, die regelmäßig im AKH behandelt werden, geht es dem Geburtstagskind den Umständen entsprechend gut. Ob er an seinem von Aufs und Abs geprägten Leben etwas bereut und anders machen würde? "Nein, dann wäre ich nicht der Hansi."

Rivale Eddie Perkins tot

Just an Orsolics` Geburtstag am Montag ist mit Eddie Perkins einer seiner stärksten, mit Sicherheit aber der für die Karriere des Wieners entscheidende Gegner gestorben. Nachdem sich Orsolics 1969 gegen den Franzosen Jean Josselin durch K.o. in der vierten Runde den EM-Titel im Weltergewicht gesichert und zwei Mal verteidigt hatte, bot sich als Weltranglistenerster die Chance auf einen WM-Kampf gegen den Kubaner Jose Napoles.

Obwohl der WM-Kampf bereits für November 1970 fixiert war, arrangierte Orsolics` Management im September noch den "Aufbaukampf" gegen Ex-Weltmeister Perkins. Der US-Amerikaner war aber alles andere als Fallobst und in seiner Heimat von vielen Spitzenboxern geradezu gefürchtet. In der vierten Runde des völlig überflüssigen Kampfes kassierte "Hansi" eine vernichtende K.o.-Niederlage, von der er sich nie wieder richtig erholen sollte und auch den WM-Kampf zunichte machte.

Eddie Perkins, der so bedeutend für Orsolics Karriereverlauf war, hängte 1975 nach 96 Profikämpfen (74 Siege (20 K.o.), 20 Niederlagen (1 K.o.), 2 Unentschieden) die Handschuhe an den Nagel. Sein letzter Gegner war der Österreicher Franz Csandl. Perkins litt später an Demenz und Diabetes, wurde 75 Jahre alt.

Kommentare