Zwei Störenfriede im Salzburger Jubelmeer
Thomas Schaaf ist beim Fußballklub Salzburg so etwas wie eine Persona non grata geworden. Und das ohne sein Zutun und ohne seine Schuld.
Fällt der Name des Ex-Trainers von Werder Bremen, reagieren die Verantwortlichen der Salzburger Fußballabteilung von Red Bull so richtig gereizt. Trainer Roger Schmidt nahm in einer Pressekonferenz am Donnerstag, als er zu diesem Thema angesprochen worden war, das Wort "Lüge" mehrmals in den Mund.
Sportchef Ralf Rangnick soll während der Pause des Bundesliga-Spieles am Samstag in den Stadion-Katakomben ziemlich unwirsch geworden sein, als er von einem Journalisten zu einem Statement zu Schaaf gebeten worden war.
Dem KURIER wurde allerdings auch in der Red-Bull-Arena von Firmenmitarbeitern bestätig, dass es zumindest im Februar Kontakt des Salzburger Getränkekonzerns mit Schaaf gegeben hatte. Um was es in diesem Gespräch gegangen war, kann allerdings nur spekuliert werden.
Vielleicht war ja eine Immobilie in der Stadt Salzburg das Thema, davon besitzt ja Red Bull in Österreichs viertgrößter Stadt einige. Schaaf, der ja mittlerweile stolzer Immobilienbesitzer in Salzburg ist, wäre ja nicht der erste namhafte deutsche Trainer, mit dem Red Bull gesprochen hat, ohne ihm einen Job anzubieten.
Im Dezember 2012 war etwa Mainz-Trainer Thomas Tuchel in Salzburg zu Gesprächen. Und mit Felix Magath soll Red-Bull-Boss Dietrich Mateschitz sowieso im regelmäßigen Gedankenaustausch stehen. Das alles macht die Gereiztheit der Verantwortlichen der Salzburger Fußballabteilung von Red Bull noch unverständlicher.
Makelloses Frühjahr
Denn eigentlich könnten sie ja ihres Jobs recht sicher sein. Wäre da nicht die selbstverschuldete und völlig unnötige Blamage im Cup-Semifinale gegen Red-Bull-Partnerklub FC Pasching (1:2), dann wäre es ein makelloses Frühjahr, dass die Salzburger bisher hinter sich gebracht haben.
Der spektakuläre 3:1-Erfolg gegen das Tabellenschlusslicht aus Innsbruck war der siebente Sieg in Folge. Im Jahr 2013 ist Salzburg in allen 14 Bundesliga-Spielen ungeschlagen geblieben. Dass es trotzdem höchstwahrscheinlich nicht zur Titelverteidigung reichen wird, liegt an der Stärke von Fast-Meister Austria und nicht an der Schwäche des Titelverteidigers, dem noch vier Punkte fehlen, um einen abteilungsinternen Punkterekord aufzustellen.
Schiri-Kritik
Am Pfingstsamstag war Schaaf nicht die einzige Persona non grata. Auch die Beliebtheitswerte von Schiedsrichter Sascha Kever befanden sich im roten Bereich. Die Leistung des Schweizers erzürnte beide Trainer. "Ich wünsche mir bei Schiedsrichtern immer, dass sie beide Mannschaften gleich behandeln", meinte Schmidt, der sich darüber ärgerte, dass in der harten ersten Hälfte drei seiner Spieler verwarnt worden waren, während es auf Seiten der Innsbrucker nur einen erwischt hatte.
Ganz hart ins Gericht mit Kever ging aber Wacker-Trainer Roland Kirchler: "Wenn ich so ein Foul nicht sehe, dann brauch ich keinen aus der Schweiz holen, der sich wichtig macht." Kever hatte bei einer nicht regelkonformen Attacke des Salzburgers Stefan Hierländer an Sascha Wörgetter weiterspielen lassen. Kurz darauf fiel das 1:1 für den Tabellenzweiten.
Es war bei weitem nicht die einzige umstrittene Szene des Spieles. Auch Innsbrucks Führungstreffer war nicht ganz astrein. Vor Roman Wallners Tor hatte Marco Kofler Salzburg-Verteidiger Rodnei gestoßen und gehalten. Überhaupt ließ Kever viel durchgehen und erlaubte besonders den Tirolern eine harte Note. Dass die Innsbrucker das Spiel mit elf Mann beendeten, grenzte schon an ein Wunder. Besonders Innenverteidiger Sebastian Siller bettelte richtiggehend um eine Rote Karte. "Einige Innsbrucker haben ja versucht, meine Spieler im Stile von Sumo-Ringern zu stoppen", meinte der Salzburger-Trainer.
Der Sieg von Schmidts Mannschaft geht trotz des eigentlich irregulären 1:1 in Ordnung. 60 Minuten – die erste Viertelstunde und die zweite Hälfte - boten die Salzburger Power-Fußball der besonderen Güte. Innsbruck war mit den drei Gegentreffern mehr als gut bedient.
Hervorragend
Alleine Torjäger Jonatan Soriano hätte an diesem Abend statt keinem Tor zumindest drei Treffer schießen müssen. "Es war von uns ein Spielauf extrem hohem Niveau. Wir haben mit Klasse den Sieg erzwungen", lobte Schmidt seine Spieler.
Besonders einer stach aus dem starken Offensivkollektiv dieses Mal hervor: Sadio Mane. Der Senegalese war an allen drei Treffern beteiligt, den Schlusspunkt setzte er selbst, nach einem sehenswerten Solo mit einem noch sehenswerteren Abschluss. "Ich habe so ein Tor noch nie gesehen", meinte Schmidt.
In der Red-Bull-Arena war allerdings so ein schöner Treffer schon einmal zu sehen. Somen Tchoyi hatte in fast identischer Manier 2009 die Europa-League-Partie gegen Lazio Rom entschieden.
In der Saison 2009/’10 war Salzburg sowohl im Europacup als auch in der Bundesliga erfolgreich. Damals konnte die Red-Bull-Fußballabteilung die Austria in der letzten Runde mit einem Sieg bei Sturm Graz auf Platz zwei verweisen. In diesem Jahr deutet alles darauf hin, dass das Duell mit den Wienern erstmals seit 2006 verloren geht.
Damals wurde die Austria vor Salzburg Meister, seitdem beendete der Bundesliga-Rekordmeister sechs Saisonen immer hinter den Salzburgern. Noch fehlt der Austria ein Punkt, um endgültig Platz eins zu fixieren. Am Mittwoch stehen die Chancen bestens, um diesen im Heimspiel gegen Mattersburg zu holen - auch weil den Burgenländern ja auch genau dieser eine Punkt reicht, um den Klassenerhalt endgültig zu fixieren.
Hoffen auf Leipzig
Der Verlust der Meisterschaft wird aber wie die Pleiten gegen Düdelingen und Pasching die Zukunft von Schmidt, der in Salzburg ja bis 2014 unter Vertrag steht, nicht beeinflussen. Ganz im Gegensatz zu zwei Spielen in seiner Heimat, die der Deutsche nicht beeinflussen kann.
Schafft die Red-Bull-Fußballabteilung in Leipzig im Play-off den Aufstieg in die 3. Deutsche Bundesliga, dann wird Salzburg-Sportchef Ralf Rangnick, der ja auch für Leipzig verantwortlich ist, in Ruhe weiterarbeiten dürfen. Schafft Leipzig das höchste aller Saisonziele der Fußballabteilungen von Red Bull nicht, dann wird in der Konzernzentrale in Fuschl wohl alles hinterfragt werden. Und dann ist es durchaus möglich, dass der nächste Neuanfang folgt.
Die wenigen Salzburger Fans stellten sich jedenfalls auf die Seite von Schmidt, forderten vor dem Spiel Kontinuität und dessen Verbleib. Doch die treuesten Anhänger hatten schon Schmidts Vorgänger Ricardo Moniz ins Herz geschlossen.
Der ließ sich allerdings von Konzern-Mitarbeitern, die nicht direkt aus der Fußballabteilung kamen, aus dem Job mobben und erklärte völlig überraschend seinen Rücktritt. Bei Schmidt scheint es, als wäre er immuner gegen die Intrigen aus dem Umfeld seines Arbeitgebers als der Niederländer.
Salzburgs Serie hat gehalten: Auch im siebenten Spiel im vierten Saisonviertel gab es einen Sieg. In einer sehenswerten Partie wurde Schlusslicht Innsbruck mit 3:1 geschlagen.
Salzburg, ohne Linksverteidiger Svento (Saisonende wegen einer Schulterverletzung) begann extrem druckvoll. Schon nach 40 Sekunden hätte es 1:0 stehen müssen: Schwegler spielte Hierländer frei, der schoss aber Wacker-Keeper Saar aus kurzer Distanz an.
Salzburg blieb am Drücker, das Schlusslicht dank ihres Keepers im Spiel: Safar konnte sich bei einem Soriano-Schuss auszeichnen (14.).
Aber auch die Innsbrucker (ohne die Gesperrten Svejnoha, Schütz und Schilling) versuchten sich in der Offensive: Kofler verfehlte einen Wernitznig-Querpass nur knapp (18.). Diese Warnung, aber auch die Innsbrucker Härte, bremste den Salzburger Schwung der ersten Viertelstunde.
Lohn
In Minute 38 wurden die Tiroler für ihren Mut belohnt: weiter Pass von Bergmann, Wallner steht nicht im Abseits und schießt ein. Das Tor hatte allerdings einen kleinen Schönheitsfehler: Vor dem Tor wurde Rodnei gestoßen, dieser hob dadurch die Abseitsfalle seiner Kollegen auf – 0:1.
Nach der Pause starteten die Salzburger überfallsartig. Und sie trafen gleich: Kampl verwertete einen Querpass von Mane (48.). Aber auch dem 1:1 war ein Foul vorausgegangen, dass der schwache Schweizer Schiedsrichter Kever übersehen hatte: Hierländer hatte Wörgetter am Mittelkreis umgerannt.
Toll und Toller
Salzburg hatte danach eine Chance nach der anderen. Das Führungstor war nur eine Frage der Zeit. In Minute 68 war es soweit: Alan schloss aus spitzem Winkel ab – 2:1.
Das zweite Tor war toll, das dritte noch toller: Mane spielte vier Innsbrucker aus und knallte den Ball ins kurze Eck – 3:1 (79.).
Salzburg verwandelte nun zum bereits fünften Mal im letzten Saisonviertel ein 0:1 in einen Sieg. "Das zeigt die Mentalität meiner Mannschaft", meinte Salzburg-Trainer Schmidt.
Red Bull Salzburg - FC Wacker Innsbruck 3:1 (0:1)
Salzburg, Red-Bull-Arena, 7.520, SR Kever/SUI.
Tore
0:1 (38.) R. Wallner
1:1 (48.) Kampl
2:1 (68.) Alan
3:1 (79.) Mane
Salzburg: Gustafsson - Schwegler, Sekagya, Rodnei, Ulmer - Kampl (89. Nielsen), Hierländer, Berisha (84. Teigl), Mane - Alan (80. Ilsanker), Soriano
Innsbruck: Safar - Bergmann, Siller, Dakovic, Hauser - Kofler, Wörgetter (58. Saurer) - Löffler (74. Hinterseer), Merino (82. Piesinger), Wernitznig - R. Wallner
Gelbe Karten: Kampl, Schwegler, Soriano bzw. Bergmann, Hauser, Kofler, Siller
Die Besten: Kampl, Berisha, Mane, Soriano bzw. Safar, R. Wallner
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