Causa Arnautovic: Wo war die UEFA, als es wirklich wichtig war?
Ich hätte mit diesem Urteil der UEFA bezüglich Marko Arnautovic wirklich nicht gerechnet, es hat mich auch sehr verwundert. Wie oft ist es im Spiel schon vorgekommen, dass einen der Gegenspieler provoziert, nicht nur mit Worten, sondern auch mit versteckten Fouls, dass sich die Angelegenheit dann aufschaukelt und erhitzt, und dass man sich in den allermeisten Fällen danach ausspricht und die Hand gibt.
Nordmazedoniens Spieler Alioski hat sogar selbst zu Protokoll gegeben, dass sich Arnautovic bei ihm entschuldigt hat und er die Sache darauf beruhen lassen möchte. Ich bin in meiner Karriere auch oft beschimpft und provoziert worden, auch ich habe nicht immer jugendfreie Ausdrücke verwendet.
Heuchelei
Daher finde ich es lächerlich, wenn nun Lippenleser womöglich als Instanz für ein Urteil herangezogen werden. Natürlich sind derbe Worte nicht zu entschuldigen und sollten auch nicht passieren, doch sie fallen in der Hitze des Gefechts immer wieder. Was auf dem Platz geschieht, sollte man auch dort belassen, zumal der Hauptbetroffene – in diesem Fall Alioski – danach keine Traumabehandlung nötig hatte, sondern von selbst den Vorfall für beendet erklärte. Wichtig ist immer, wie man nach dem Spiel auseinandergeht.
Die UEFA sollte sich in diesem Fall nicht wichtig machen, sondern lieber danach trachten, in wirklich wichtigen Dingen - wie beim Drama um den Dänen Christian Eriksen - ihren Laden im Griff zu haben. Zunächst ist zu hinterfragen und verurteilen, warum die TV-Regie so lange zugeschaut hat, als ein Spieler auf dem Platz reanimiert werden musste. Gibt es für so einen Notfall wirklich kein Regulativ, wenn man gleichzeitig bei Flitzern oder einer Greenpeace-Aktion nach zehn Sekunden wegschalten kann? Das grenzt an Heuchelei.
Und wie kann man unter Schock stehenden dänischen Spielern zwei Termine vorgeben, an denen das Spiel gegen Finnland fortgesetzt werden soll? In diesem Moment war für sie Fußball tatsächlich zur Nebensache geworden, war alles wichtiger als das Durchpeitschen des Spielplans. In solch einem außergewöhnlich dramatischen Moment hat das Event Nachrang.
Richtige Balance
Österreich tritt in Amsterdam nun ohne Arnautovic gegen die Niederlande an. Ich bin überzeugt, dass die Mannschaft das mental verkraften und sich nicht von dieser Causa ablenken lassen wird. Die Niederlande stellen nicht die ganz großen Stars wie noch vor wenigen Jahren, aber sie haben viele hungrige Spieler mit sehr hoher Qualität, die sich auf dem Weg in die Weltklasse befinden.
Fußball-EM: Sperre für Arnautovic im Spiel gegen die Niederlande
Unabhängig von der Formation wird Österreich anders auftreten müssen als gegen Nordmazedonien, darf den Niederländern nicht viele Konterchancen bieten. Denn die Oranjes nützen diese Möglichkeiten effizienter aus. Grundsätzlich steht Österreich ein Pressingstil ganz gut zu Gesicht, diesmal wird es auf die richtige Balance ankommen, da wir seit einigen Partien Probleme im Spiel mit dem Ball hatten. Doch gegen die Niederlande werden sich in der Offensive mehr Räume ergeben.
Die muss man dann auch nützen, um ein positives Resultat zu erzielen.
Marc Janko ist Fußball-Experte bei Sky – der 36-Jährige spielte 70-mal für das Nationalteam und erzielte 28 Tore.
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