Tiki-Taka steht auf dem Prüfstand

Spanien könnte das dritte Team der Geschichte werden, das den WM-Titel verteidigt.

Ein EM-Titel 1964 – sonst nichts. Die Erfolge des spanischen Nationalteams hinkten über Jahrzehnte denen der spanischen Vereine hinterher. Bis zum EM-Finale 2008 in Wien. Seither jedoch machten die Spanier die großen Turniere langweilig: Sie wurden 2010 Weltmeister und verteidigten 2012 den EM-Titel.

Und 2014?

Nur zwei Nationalmannschaften konnten bislang den WM-Titel verteidigen. Allerdings in der Fußball-Antike (Italien 1934 und 1938) sowie im Fußball-Mittelalter (Brasilien 1958 und 1962). Schaffen die Spanier dieses Kunststück in der Fußball-Neuzeit?

Teamchef Vicente del Bosque arbeite schon fleißig am Umbau der Mannschaft. Er will die Balance zwischen routinierten und jungen, hungrigen Spielern finden. Zumal wichtige Spieler wie Tormann Casillas, Xabi Alonso oder Xavi schon in den 30ern sind.

Warnschuss

Die Alarmglocken haben beim 63-jährigen Del Bosque vor einem Jahr beim Confed-Cup, der WM-Generalprobe, geläutet. Damals blitzte zwar immer wieder die Klasse des Teams auf, aber man konnte auch sehen, dass es den Spaniern teils an Tempo, Leidenschaft und vor allem an überraschenden Aktionen fehlte.

Beim letzten Test, im März gegen Italien, gab es einen Warnschuss für Spieler, die lange Jahre zum Stamm des Nationalteams zählten. Del Bosque berief Routiniers wie Fernando Torres, David Villa, Juan Mata oder Álvaro Arbeloa gar nicht ein.

Vor allem der Kampf um die Rolle als Solospitze wird eng: In der Qualifikation durfte zumeist Mittelfeldspieler Fàbregas den Stürmer spielen. Juventus-Angreifer Llorente ist für Del Bosque kein Thema. Mit Negredo, Soldado, Torres, Michu und Villa hat er fünf Alternativen – und seit Kurzem eine Sechste, die für die WM sogar die besten Karten hat: Der eingebürgerte Brasilianer Diego Costa, der bei Atlético Madrid groß aufspielt.

Im Zentrum setzte Del Bosque auf Xabi Alonso und Busquets als ruhende Pole. Davor hat er mit Xavi und Iniesta zwei Spieler, die an allen drei Titeln der letzten sechs Jahre maßgeblich beteiligt waren. Aber die beiden Barça-Haudegen bekommen starke Konkurrenz.

Pedro, Fàbregas und David Silva sind schon lange fixer Bestandteil im offensiven Mittelfeld. Cazorla, Navas, Isco, Mata, Thiago Alcantara und Koke drängen nach. Bilbaos Jungstar Muniain war in der Qualifikation kein Thema. Pikant wäre, wenn Del Bosque just Thiago statt Iniesta oder Xavi spielen ließe, denn der ist zu Bayern München gewechselt, weil er beim FC Barcelona an den beiden nicht vorbeigekommen ist.

Schlüssel zum Erfolg

Ein weiterer Bayer hat vielleicht gute Chancen auf WM-Chancen: Wenn Barcelonas Piqué nicht rechtzeitig fit wird, ist in der Innenverteidigung Javi Martinez eine Alternative an der Seite von Sergio Ramos. Zumal die Abwehr ohnehin ein meist unbeachteter Schlüssel zum spanischen Erfolg ist: In der Qualifikation gab es nur drei Gegentore. Und bei der EM 2008, der WM 2010 und der EM 2012 behielt Tormann Casillas in der K.-o.-Phase ohnehin stets die weiße Weste an. Der Real-Star musste nur in zwei Elferschießen den Ball aus dem Netz holen.

Dass gerade Rekord-Teamspieler Iker Casillas nur auf rund 20 Pflichtspiele in dieser Saison kommt, macht dem Teamchef noch kein großes Kopfzerbrechen. Immerhin absolvierte er diese Partien auf hohem Niveau (spanischer Cup und Champions League).

Zudem hat er als Rückhalt auch noch David de Gea (Manchester United) und Pepe Reina (Napoli) im Talon.

Ein Spanier in der österreichischen Bundesliga? Lange Jahre war es utopisch, das ein Kicker dieser Fußball-Großmacht in Österreich landet. Mittlerweile sind sie nicht mehr wegzudenken. David de Paula kam vor zwei Jahren nach Wolfsberg und spielt nun bei der Austria. Der bald 30-Jährige lebt in einem Haus in der Nähe von Wien mit seiner schwangeren Freundin und zwei Hunden.

KURIER: Ist Spaniens Wirtschaftskrise Schuld daran, dass spanische Fußballer sogar in Österreich landen?
David De Paula:
Das ist eine einfache Rechnung: Ich habe in der dritten Liga gespielt, dort gibt es vier regionale Meisterschaften mit je 20 Teams. Es gibt also enorm viele Fußballer, viele Klubs – und immer weniger Geld.

Ist es ein Abstieg, aus Spanien nach Österreich zu wechseln?
Nein. Ich kann in der höchsten Liga des Landes spielen. Außerdem ist in Österreich die Lebensqualität großartig. Und das Wetter ist auch nicht viel schlechter als bei uns im Baskenland.

Aber Sie haben im Nachwuchs von Bilbao sicherlich mit bekannten Namen gespielt?
Das ist schon ewig her. Es sind nicht viele übrig geblieben. Amorebieta von Fulham kennt man vielleicht. Die ganz große Karriere hat nur Fernando Llorente gemacht.

Der bei Juventus in 32 Spielen 15 Tore gemacht hat und trotzdem kein Fix-Ticket für die WM in Brasilien hat.
Es ist schon beachtlich, aus wie vielen Spielern der spanische Teamchef auswählen kann.

Gelingt die Titelverteidigung?
Es wird schwierig. Schon die Vorrunde mit den Niederlanden, Chile und Australien ist ein Hammer.

Ist die Nationalmannschaft nicht schon etwas über dem Zenit, um den vierten großen Titel in Folge holen zu können?
Leistungsträger wie Xavi oder Iniesta sind älter geworden. Bei ihnen wird es wichtig sein, wie sie die Saison körperlich verkraften. Aber sie haben viel Erfahrung, die sie weitergeben können.

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