Walke: "Wir können für Furore sorgen"
Am Sonntag fixierte Salzburg durch ein 5:1 in Wr. Neustadt den Meistertitel. Keeper Alexander Walke war einer der Hauptdarsteller einer Saison mit Höhen und Tiefen. Der Deutsche wurde erst im November 2011 Salzburgs Nummer eins. Mit dem 28-Jährigen verlor der Meister nur eines von 20 Liga-Spielen. Im KURIER-Interview spricht Walke über seine bewegte Vergangenheit und die Salzburger Chancen in der Champions League.
KURIER: Lange hat es nicht danach ausgeschaut, nun hat es aber doch mit dem Meistertitel geklappt. Warum habt ihr euch durchgesetzt?
Alexander Walke: Die anderen Mannschaften konnten sich in unserem kleinen Tief im Herbst nicht absetzen. Wir haben dann kontinuierlich unsere Punkte gemacht. Und das hat halt in dieser Saison gereicht.
Ihre Bilanz ist phänomenal: In 20 Spielen standen Sie im Tor, nur ein einziges wurde verloren. Waren Sie der Meistermacher?
Ich bin nur ein Teil wie jeder andere auch. Wir haben uns in der Defensive sehr stabilisiert, besonders in den letzten Spielen. Da haben auch die Offensiven alle nach hinten super gearbeitet. Das trägt dann Früchte.
Eddie Gustafsson hat sich in den sieben sieglosen Spielen in Serie im Spätherbst nichts zu Schulden kommen lassen, trotzdem musste er das Tor räumen. Fühlt man da als Spieler Mitleid mit einem Kollegen, der noch dazu ein Vorzeigeprofi ist?
Was heißt Mitleid? Das war eine Entscheidung des Trainers. Die müssen wir alle akzeptieren. Ich, weil er mich ins Tor stellt. Und Eddie, weil er ihn rausnimmt. Ich musste es am Anfang der Saison auch akzeptieren, dass Eddie gespielt hat. Das ist nun einmal so im Fußball.
Wie ist das Verhältnis zu Eddie Gustafsson?
Gut. Wir arbeiten professionell super auf dem Platz zusammen. Wir verstehen uns gut. Da gibt es überhaupt keine Probleme.
Wie wichtig ist für einen Torhüter ein gleich starker Konkurrent im Team?
Das ist nicht nur für einen Torhüter, sondern für die ganze Mannschaft wichtig. Es ist ein Vorteil, wenn wir uns im Training duellieren und pushen können. Dann hat jeder etwas davon.
Was sind Sie für ein Tormanntyp?
Schwierige Frage. Das weiß ich nicht. Das sollen andere beurteilen. Ich will immer gewinnen. Das ist das Wichtigste.
Salzburg-Trainer Ricardo Moniz hat Sie als ein "positives Arschloch" beschrieben. Was meint er damit?
Das Thema kam auf, als es um die Frage ging, ob wir in der Mannschaft zerstritten sind. Damals habe ich gesagt, dass wir alle zu lieb zueinander sind. Es wäre besser, wenn im Training richtig Feuer dabei wäre. Wir haben ein paar Typen, die so etwas machen, die dafür sorgen, dass es auch manches Mal Streit gibt. Das ist dann nicht böse gemeint, sondern das soll pushen und alle weiterbringen. Wenn der Trainer meint, dass das bei mir der Fall ist, dann ist das in Ordnung.
Sie sind jetzt fast 29 und haben Ihren Vertrag bis 2015 verlängert. Kann man in Salzburg als Fußballer alt werden?
Sicherlich. Die Stadt ist schön, das Stadion ist schön. Man spielt um Titel mit . Und man hat die besten Bedingungen. Bessere hatte ich noch nirgends.
Sie waren von 1999 bis 2005 in Bremen. Sind die Bedingungen in Salzburg wirklich besser als bei Werder?
Ja. Im Vergleich zu der Zeit, als ich dort gewesen bin, auf jeden Fall.
Warum hat es in Deutschland nicht zur ganz großen Karriere gereicht?
Das ist ein gute Frage. Meine Statistik ist nicht so schlecht. Ich habe 170 Zweitligaspiele absolviert und immer überall gespielt. Ich hatte vielleicht ein bisschen Pech mit der Wahl der Vereine. Ich habe oft gegen den Abstieg gespielt. Aber das weiß man eben vorher nicht. Aber bereuen tue ich nichts.
Sie waren mit 20 Jahren der Buhmann einer Fußballnation, nachdem Ihnen 2003 bei der U-20-WM in den Vereinigten Arabischen Emiraten bei einer Dopingprobe die Einnahme von Tetrahydrocannabinol, dem Hauptwirkstoff von Cannabis, nachgewiesen wurde. Wie war das damals für Sie?
Ich habe es gemacht. Ich habe dafür gebüßt. Ich habe dafür viel bezahlt. Ich habe daraus viel gelernt. Und jetzt ist Ende.
Sie sind von der FIFA zu einen siebenmonatigen Sperre verurteilt worden. Wir wichtig war diese Strafe für Ihre Entwicklung?
Diese Strafe war brutal. In dieser Zeit durfte ich gar nichts machen. Ja, gut. Das war halt die Buße, die ich dafür tun musste.
Der damalige deutsche U-20-Teamchef Uli Stielike hat gar eine lebenslange Sperre für die deutschen Nationalmannschaften gefordert. Haben Sie dafür Verständnis?
Da hat jeder seine eigene Meinung, die kann jeder vertreten. Aber ich hatte danach ja noch ein Comeback im U-21-Nationalteam.
Klaus Allofs, der Manager ihres damaligen Klubs Werder Bremen, meinte: "Alexander Walke ist noch kein gefestigter Typ." War das so?
Es war nicht einfach. Ich bin mit elf Jahren aufs Internat nach Cottbus gegangen. Und dann mit 16 nach Bremen. Das waren schon große Schritte. Nichtsdestotrotz soll das keine Entschuldigung sein für das, was ich gemacht habe.
Wie ist das, wenn man mit 16 als Ossi in den Westen Deutschlands kommt?
Die Schmunzeleien, dass ich ein Ostdeutscher bin, sind ja jetzt auch noch immer da. Ich war damals sehr jung, habe davon nicht so viel mitbekommen. Es ist nichts Besonderes, obwohl ich froh bin, dass ich ein Ostdeutscher bin.
Sie waren bei der Wende sechs Jahre alt. Haben Sie trotzdem noch von den alten Strukturen der DDR mit den Sportschulen profitiert?
In Cottbus war ein großes Internat mit 400 Sportlern, 200 davon waren Fußballer. Das Training war verknüpft mit der Schule. Dazu war die Zusammenarbeit mit Energie Cottbus ausgezeichnet. Wir konnten deshalb zum größten Verein in Brandenburg wechseln. Aber es ist sehr hart, wenn man mit elf Jahren von zu Hause wegkommt, kochen muss, Wäsche waschen muss. Aber auch davon habe ich durchaus profitiert.
Zurück zu Salzburg: Es schaut so aus, als wäre im März in der Mannschaft rund um das 3:1 gegen Rapid irgendetwas passiert. Täuscht der Eindruck?
Es war auch schon der Saisonbeginn sehr gut, da haben alle geglaubt, wir würden einen Durchmarsch machen. Dann sind wir in ein Loch gefallen. Das Rapid-Spiel war schon wichtig: Da haben wir gut gespielt und konnten nach dem 1:1 zulegen. Aber dass dies allein ausschlaggebend war für den weiteren Saisonverlauf, glaube ich nicht.
Es hat zu dieser Zeit Gespräche von Spielervertretern mit der Red-Bull-Spitze wegen interner Probleme gegeben. Wie wichtig waren diese für die positive Entwicklung danach?
Was irgendwo gesprochen wird, das bleibt auch da.
Ein Meistertitel ist in der Ära Red Bull eigentlich nichts Besonderes, es ist ja schon der vierte. Am Sonntag habt ihr aber die Chance, erstmals Cupsieger zu werden. Wie wichtig ist für Sie dieser Titel?
Das ist natürlich super wichtig für uns alle. Damit könnte man sich in Salzburg verewigen, und das wäre Weltklasse.
Auch ein anderes Ziel hat Salzburg noch nie erreicht, das ist die Champions League. Was fehlt noch, damit sich Salzburg nicht nur qualifiziert, sondern auch konkurrenzfähig ist?
Die Mannschaft hat sich in der Europa League in den letzten Jahren gut verkauft. Charkiw war ein Drama, aber sonst war alles ordentlich. Wichtig wäre, dass die Mannschaft so weit wie möglich zusammenbleibt und man sich punktuell verstärkt. Wenn wir auf den Punkt konzentriert sind und unsere Leistung abrufen, dann können wir in der Champions League für Furore sorgen.
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