Barcelona führte die Fans behutsam an kommerzielles Sponsoring heran. Begonnen hat der sanfte Bruch mit der Tradition oder – je nach Sichtweise – der erste Schritt in die Moderne in der Saison nach dem Champions-League-Sieg auf ungewöhnliche Weise: Barcelona spielte ab Sommer 2006 mit Unicef als Trikotsponsor.
Das UN-Kinderhilfswerk zahlte kein Geld für die Werbung auf den weltbekannten Shirts. Im Gegenteil: 1,5 Millionen Euro spendete der Verein jährlich an Unicef. Von nun an konnten sich die Fans an einen Schriftzug auf den Leiberln gewöhnen. Noch heute wird Barcelona für Unicef, allerdings auf dem Rücken.
Die wertvolle Vorderseite ging 2011 an die Qatar Foundation – eine Organisation, die ebenfalls gemeinnützig arbeitet und Bildungsprojekte im arabischen Raum finanziert. Eine Art Unicef zwei – auf den ersten Blick. In Wirklichkeit war es mit einer Summe von 30 Millionen Euro pro Saison der damals höchstdotierte Trikotsponsoringvertrag im Profifußball. Die Rechnung zahlte Qatar Sports Investment (QSI), eine eng mit dem Königshaus von Katar verflochtene Holding. Wenige Wochen vor dem Deal hatte Katar den Zuschlag zur WM 2022 erhalten. Barca-Trainer Pep Guardiola hatte dafür als WM-Botschafter geworden.
Klublegende Johan Cruyff war erzürnt: „Die Entscheidung unser Trikot zu verkaufen zeigt, dass wir nicht mehr kreativ, sondern vulgär geworden sind.“ Lautet doch das Motto des Vereins „Més que un club“. Mehr als ein Verein will man sein, mehr als ein stinknormaler Verein, der seine Tradition und Brust verkauft. Der Druck der Fans wurde so groß, dass der damalige Klubpräsident Sandro Rosell die Mitglieder des Vereins vor die Wahl stellte. Geld oder Tradition.
2013 ersetzte „Airways“ die „Foundation“. Was blieb, was das Geld aus Katar und die anhaltende Kritik der Fans. Die richtete sich vor allem gegen den umstrittenen Golfstaat und die dortige Menschenrechtssituation.
2017 setzte sich Barca ab von Katar. Das japanische E-Commerce-Unternehmen Rakuten wurde für die vier Spielzeiten bis 2021 für umgerechnet je 54 Millionen Euro im Jahr Trikotsponsor. Mittlerweile wurde der Deal um ein Jahr verlängert. Die Verhandlungen haben bei einem von Verteidiger Gerard Piqué 2015 in San Francisco organisierten Dinner begonnen. Piqué und seine Frau, Pop-Ikone Shakira, sind mit Rakuten-Chef Hiroshi Mikitani eng befreundet.
Auf den Spielern von Barcelona sind vier Schriftzüge zu sehen. Unicef auf dem Rücken, Nike auf den Stutzen, Rakuten auf der Brust. Und Beko auf dem Arm. Beko ist die internationale Hausgeräte-Marke der türkischen Arcelik-Gruppe. Die Türken zahlen für den Aufdruck auf Ärmeln und Trainingsleiberln 19 Millionen Euro im Jahr.
Damit haben die Leiberl in 15 Jahren eine Wertsteigerung von 73 Millionen Euro pro Jahr erfahren. Die Deals mit Rakuten und Beko enden nächsten Sommer. Und es wird ein beinhartes Duell werden, wer ab Sommer die teuerste Brust hat. Denn auch der Deal von Branchenprimus Real mit Emirates (68,5 Millionen im Jahr) läuft aus.
Kommentare