Trotz Weltstars: Brasiliens Fußball nur noch ein Schatten seiner selbst
Von Kristof Paksanszki
Es ist Fußball-WM, und Brasilien schaut am Zuckerhut nur tatenlos zu? Eigentlich undenkbar.
Aber nach dem 0:1 in Paraguay am Mittwochabend, der bereits vierten Niederlage im achten Qualifikationsspiel zur Endrunde 2026, ist das Schreckensszenario nicht mehr auszuschließen.
Die stolze Fußballnation steckt in der größten Krise ihrer Geschichte und befindet sich in der Tabelle nur mehr auf den fünften Platz.
Stars ohne Torgefahr
Die "Selecao" musste im Duell gegen Paraguay ohne den verletzten Neymar auflaufen. Der Spieler vom saudischen Fußballclub Al Hilal trainiert seit seinem Kreuzbandriss im Oktober 2023 bereits elf Monate ohne Ball.
Dennoch war die Offensivreihe mit den Real Madrid-Legionären Vinicius Jr., Endrick und Rodrygo bestens besetzt. In der ersten Hälfte schossen die jungen Champions-League-Stars bei 70 Prozent Ballbesitz jedoch nur einmal aufs Tor. Auch in der zweiten Hälfte konnte Brasiliens Angriff keine Antwort auf das 0:1 von Paraguays Torschützen Diego Gomez in der 20. Minute finden.
Vinicius Jr.: "Wollen uns aus der Situation herausholen"
Den Ernst der Lage schienen die Stars aber mittlerweile verstanden zu haben, nach dem Spiel zeigte sich Vinicius Jr. entschlossen: „Wir können nicht hierherkommen, diese Punkte verlieren und so spielen, wie wir es getan haben. Wir kennen die Situation, in der wir uns befinden. Und wir wollen Brasilien um jeden Preis aus dieser Situation herausholen“
Die Aufblähung der kommenden WM 2026 in den USA, Mexiko und Kanada könnte Brasiliens Qualifikation noch retten, zumal sich die besten sechs Mannschaften Südamerikas direkt für die WM qualifizieren. Doch der sechste Platz Venezuela hat ebenfalls zehn Punkte auf dem Konto, zudem liegen Paraguay und Bolivien mit nur einem Zähler Rückstand in Schlagweite.
Fehlende Kontinuität
Wie konnte der fünfmalige Weltmeister in diese große Krise schlittern?
Ein Grund dafür ist die fehlende Kontinuität im Verband. In den letzten vier Jahren hatte die Nationalmannschaft vier verschiedene Trainer, aktueller Teamchef ist Dorival Junior.
Hinzu kommt der Rechtsstreit um die Führung des brasilianischen Fußballverbandes. Der Verbandspräsident Ednaldo Rodrigues wurde 2023 wegen vermeintlicher Unregelmäßigkeiten bei seiner Wahl 2022 abgesetzt, sein Nachfolger wurde José Perdiz. Im Frühjahr 2024 ordnete allerdings ein Richter des Obersten Bundesgerichts die Wiedereinsetzung des Präsidenten Ednaldo Rodrigues an.
Verlust der Identität
Die „Selecao“ kämpft zudem mit der Europäisierung junger brasilianischer Talente. Jedes Jahr wechselt eine große Menge an Spielern aus Brasilien nach Europa. Der Ex-Profi Grafite findet, dass der Rekord-Weltmeister seine Identität verliert: „Heute gibt es nicht mehr diesen brasilianischen Fußball. Das klassische "Joga bonito", für das frühere brasilianische Weltstars wie Pelé bewundert wurden, ist nicht mehr erkennbar.“
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