Cem Sekerlioglu: Der Spätstarter mit Erfolg und Herz für Nachwuchs

SKN-Trainer Cem Sekerlioglu
Zwei Profi-Vereine sind noch ungeschlagen. Während es bei dem einen – der Admira – brodelt und die organisierte Fanszene den Rückzug von Trainer sowie Sportdirektor gefordert hat, wundern sich beim anderen – dem SKN – sogar Verantwortliche darüber, was da gerade in St. Pölten passiert.
Im Cup-Achtelfinale gegen Rapid am 29. Oktober wird die NV-Arena zum ersten Mal seit neun Jahren ausverkauft sein.
Als Tabellenführer der 2. Liga wurde mit acht Siegen und einem Remis die Admira bereits um acht Punkte abgehängt. Die Vienna, die auch den Titel als Ziel ausgegeben hat, liegt 13 Zähler zurück.
Abendliches Spitzenspiel
Ansonsten gilt nur noch Lustenau mit dem neuen Stadion als Aufstiegsaspirant. Falls im Spitzenspiel (20.30 Uhr/live ORF Sport+) in St. Pölten auch die Vorarlberger besiegt werden, hätte der SKN dann zwölf Punkte Vorsprung auf die Austria.
Rund um den überragenden Routinier Marc Stendera werden die Gegner mit Ballstafetten und fließenden Wechseln zwischen Dreier- und Viererkette verwirrt.

Trainer Cem Sekerlioglu ist der Mann, der großen Anteil am Erfolg hat. Beim KURIER-Gespräch präsentiert sich der Wiener klar strukturiert, mit Selbstbewusstsein plus Humor.
„Das Wichtigste war mir, dass man schnell eine Handschrift sieht“, erzählt der 46-Jährige, der sich lange auf seine erste Station als Cheftrainer vorbereitet hat. „Ich hab’ oft gehört, dass man in der 2. Liga nicht aufs Kicken mit Ballbesitz setzen sollte. Das war für mich so nicht zu akzeptieren.“
Begleiter für Alaba & Co.
Nach 20 Jahren in der Austria-Akademie („Von Madl über Alaba bis Braunöder hab’ ich Hunderte Talente begleitet“) war Sekerlioglu bei der Austria, WAC und Hartberg drei Jahre lang der Co von Manfred Schmid: „Ich war ein Zuarbeiter und Unterstützer.“

Cem Sekerlioglu wird SKN-Trainer
Bis sein ehemaliger Spieler Christoph Freitag anrief, der als SKN-Sportchef auf der Suche nach einem Nachwuchsförderer war, der die Budgetreduktion um mehrere Millionen (nach dem Ausstieg von Investor FC32) mitträgt. Mbuyi (Rapid) und Harakate (GAK) wurden verkauft, Neuseelands WM-Starter Just war nicht zu halten.
„Damit sind 52 Scorerpunkte weg – ich hab’ mich schon gefragt: Geht sich das aus?“, gibt Sekerlioglu zu.
Schlusspfiff als Teenager
Einst war der Sohn türkischer Einwanderer ein großes Talent. Bruder Attila (60) verteidigte bei der Austria und hinter einem gewissen Mario Kempes auch beim verblichenen VSE St. Pölten. „Heute kann ich sagen, dass ich besser als Attila geworden wäre, aber ein Bruch des Sprunggelenks mit 15 wurde zum Kapitalschaden.“
Deswegen begann bereits als Teenager die Trainerkarriere bei der Austria.
Das Feuer für den Nachwuchs blieb. Und deswegen wagte Sekerlioglu das Abenteuer SKN mit „mehr Talenten aus der Region als langfristiger Plan“. Endlich gibt es eine bessere Verbindung vom SKN zur St. Pöltner Akademie, die vom NÖ-Landesverband betrieben wird.

"Ganslhaut" wegen 17-jährigem Talent
Sekerlioglu bekommt „Ganslhaut“, wenn er von Valentin Ferstl erzählt. In Kurzform: Der 17-Jährige fiel dem Chefcoach in der Akademie auf, wurde zum Profitraining eingeladen und bekam mit der Empfehlung „Der schießt uns ein Tor“ rasch einen Vertrag.
Tatsächlich traf Ferstl beim zweiten Einsatz gegen Sturm II. „Jetzt könnte ich natürlich gescheit reden.“
Das unerwartete Thema „Titel“ umkurvt Sekerlioglu noch elegant: „Wenn beim letzten Heimspiel gegen Wels am 14. Mai 2.500 Fans kommen, werden wir viel richtig gemacht haben.“
Kommentare