Superliga gegründet: Europas Fußball steht vor der Spaltung

Superliga gegründet: Europas Fußball steht vor der Spaltung
12 Topklubs, darunter Liverpool und Real, gaben die Gründung einer eigenen Liga bekannt. Die Ablehnung ist breit, beide Seiten drohen mit Konsequenzen.

Europas Profifußball steht vor der größten Zerreißprobe in seiner mehr als 130-jährigen Geschichte: Die Schwergewichte des europäischen Fußballs machen Ernst. Zwölf Topvereine aus England, Spanien und Italien werden zum nächstmöglichen Zeitpunkt eine europäische Superliga gründen. Das teilten mehrere Vereine wie der englische Meister FC Liverpool in der Nacht zum Montag mit.

Die Ankündigung der Liga, die in der von ihren Gründungsvereinen verbreiteten Mitteilung zunächst sowohl „European Super League“ und „Super League“ genannt wurde, kam damit unmittelbar vor der bevorstehenden Exekutivsitzung der Europäischen Fußball-Union am Montag. Da will die UEFA die Aufstockung der Königsklasse von 32 auf 36 Teilnehmer und die Einführung eines neuen Modus beschließen. Dieser soll von der Saison 2024/25 an gelten.

Doch zwölf Vereine haben andere Pläne. Neben Liverpool gehören die weiteren Premier-League-Klubs Manchester City, Manchester United, FC Arsenal, FC Chelsea und Tottenham Hotspur sowie die spanischen Spitzenvereine Real Madrid, FC Barcelona und Atletico Madrid sowie das italienische Trio Juventus Turin, AC und Inter Mailand der Vereinigung an. Drei weitere Vereine sollen noch hinzustoßen. „Wir werden dem Fußball auf jedem Level helfen und ihn zu seinem rechtmäßigen Platz in der Welt bringen. Fußball ist der einzige globale Sport auf der Welt mit mehr als vier Milliarden Fans und unsere Verantwortung als große Vereine ist es, auf deren Begehrlichkeiten zu reagieren“, wurde Real-Boss Florentino Perez zitiert, der Vorsitzender der Liga werden soll.

Gegengewicht zur Champions League

Die neue Liga ist als klares Gegengewicht zur bisherigen Champions League geplant, die ja von der UEFA nicht nur organisiert, sondern auch vermarktet wird. 20 Vereine sollen in der Super League dabei sein. Die Gründungsklubs würden Fixplätze haben, fünf weitere Vereine sollen dabei über einen Qualifikations-Mechanismus dazustoßen. Die Spiele sollen unter der Woche stattfinden. Es sind zwei Zehner-Gruppen geplant, der Sieger soll dann über K.o.-Spiele ermittelt werden. Den Gründungsvereinen sollen zunächst 3,5 Milliarden Euro zur Verfügung stehen. Die Vereine wollen auch Solidaritätszahlungen leisten.

Die Pläne einer Superliga waren am Sonntag bereits durchgesickert und hatten für große Kritik gesorgt. Die Europäische Fußball-Union UEFA und die nationalen Ligen reagierten wenig später mit einer scharfen Drohung. Die Vereine würden von allen weiteren Wettbewerben ausgeschlossen, ihre Spieler dürften nicht mehr für Nationalteams auflaufen, teilte die UEFA mit. Dies hatten in der Vergangenheit bereits auch der Weltverband FIFA und die weiteren Kontinentalverbände angekündigt.

Die Gründungsmitglieder selbst haben der Nachrichtenagentur AP zufolge bereits rechtliche Schritte eingeleitet, um die UEFA und FIFA an einer Einmischung zu hindern. Dies soll den Verbänden demnach in einem Schreiben mitgeteilt worden sein. 

Der deutsche Rekordmeister FC Bayern und Borussia Dortmund sind nicht an den Plänen beteiligt - wie auch der französische Champion Paris Saint-Germain. „Wir danken den Vereinen in anderen Ländern, insbesondere den französischen und deutschen Vereine, die sich geweigert haben, sich dem anzuschließen“, hieß es in einer UEFA-Mitteilung am Sonntagabend. Allerdings berichten englische Medien bereits, dass die Bayern und auch RB Leipzig ihre Bereitschaft signalisiert haben sollen, in der Super League mitzuspielen.

Die Ablehnung der Superliga ist breit. Christian Seifert, mächtiger Geschäftsführer der Deutschen Fußball Liga, sagte der UEFA am Sonntagabend Unterstützung zu. „Wirtschaftliche Interessen einiger weniger Topvereine in England, Italien und Spanien dürfen nicht die Abschaffung gewachsener Strukturen im gesamten europäischen Fußball zur Folge haben“, äußerte Seifert. „Es wäre insbesondere unverantwortlich, die nationalen Ligen als Basis des europäischen Profifußballs auf die Weise irreparabel zu beschädigen.“

Dem pflichtete DFB-Vize Roland Koch bei: „Genug ist genug. Ich unterstütze zu 100 % die Position der UEFA. Viel zu lange ist dem Treiben einiger weniger europäischer Großklubs zugesehen worden“, schrieb Koch als Mitglied des UEFA-Exekutivkomitees in einer Stellungnahme. Fußball basiere auf offenen sportlichen Wettbewerben. „Wer das nicht anerkennt, wird mit seinen Fans, Spielern und Teams aus allen Stockwerken des Weltfußballhauses ausziehen müssen“, so Rainer Koch. Beim DFB hieß es: „Jeder Verein wird sich entscheiden müssen, ob er Teil des solidarisch organisierten Gesamtfußballs bleiben oder ausschließlich egoistische Eigeninteressen außerhalb der UEFA und der nationalen Fußballverbände verfolgen möchte.“

Warnung

Die englische Premier League warnte am Sonntag ihre Klubs vor dem Beitritt in eine Superliga und verwies auf die Statuten, die genau das verhindern sollen. Sogar der britische Premierminister Boris Johnson schaltete sich in die Diskussion ein und nannte die Superliga-Pläne als „schädlich“ für den Fußball. Sie würden das Herz des nationalen Fußballs treffen und die Fans im ganzen Land betreffen, schrieb Johnson auf Twitter.

Auch die Fans machen mobil. Scharfe Kritik gab es vom europäischen Fan-Netzwerk Football Supporters Europe (FSE). „Dieser geschlossene Wettbewerb wird der letzte Nagel im Sarg des europäischen Fußballs sein und alles zerstören, was ihn so beliebt und erfolgreich gemacht hat“, heißt es in einer Erklärung am Sonntag. „Diese Pläne sind von Grund auf illegitim, unverantwortlich und gegen jeglichen Wettbewerb. Mehr noch, sie werden ausschließlich aus Gier vorangetrieben.“ Ähnlich argumentierten einige englische Fußball-Legenden wie Gary Neville, der seinen Stammverein Manchester United schwer im TV-Sender attackierte, und meinte: "Das ist ein krimineller Akt gegen die Fußball-Fans."

Unmittelbar nach der Publikation der Pläne verschickte die FIFA eine Stellungnahme, in der sie die neue Liga zwar nicht direkt erwähnte, aber dennoch ihre „Missbilligung“ zum Ausdruck brachte über alle Pläne, die die „Grundprinzipien Solidarität, Inklusivität, Integrität und gleichberechtigte finanzielle Umverteilung“ nicht widerspiegeln.

Das UEFA-Exekutivkomitee will eigentlich am Montag über eine Reform der Königsklasse abstimmen. Zwei der vier neuen Plätze sollen dabei nicht mehr wie bislang üblich aufgrund von Leistungen aus der vorigen Saison vergeben werden. Stattdessen sollen die Platzierungen der Vereine in der UEFA-Fünfjahreswertung ausschlaggebend sein. Dies war ein Wunsch der mächtigen Klubvereinigung ECA gewesen, die mit zwei Vertretern in der Exekutive des Kontinentalverbands sitzt.

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