Spanien: Linke Fans vertrieben rechten Kicker
Bis 1950 war Vallecas ein unabhängiges Dorf. Seit 67 Jahren ist der Ort ein Stadtteil im Süden von Madrid. Ganz Fußball-Madrid ist vom Kommerz erobert – bis auf einen Klub namens Rayo Vallecano. Der "Blitz" aus Vallecas ist in der Hackordnung des Madrider Kicks klar die Nummer drei. Real ist der königliche Klub mit Franco-Vergangenheit und galaktischer Gegenwart. Atletico gilt als Arbeiterklub, Vallecano ist einer.
Die Fans gründeten unter anderem die antifaschistische Gruppierung "Los Bukaneros". Und die Punkgruppe Ska-P schrieb mit dem Lied "Como un Rayo" eine der Vereinshymnen. Die Fans des Vereins, der im Vorjahr aus der Primera Division abgestiegen ist und derzeit in der zweithöchsten Spielklasse wieder gegen den Abstieg kämpft, haben nun einen Transfer verhindert. Aus politischen Gründen.
Der Ukrainer Roman Zozulya sollte von Betis Sevilla zu Rayo Vallecano wechseln. Eigentlich kein großes Ding. Sportlich gesehen ein Abstieg des Stürmers. Der hat im Sommer noch bei der EM den Teamdress der Ukraine getragen. Danach wechselte der 27-Jährige von Dnipro Dnepropetrowsk zu Betis Sevilla. Dort konnte er nicht Fuß fassen, wurde im Herbst nur sechs Mal eingesetzt, kam auf insgesamt nur 150 Minuten Spielzeit. Also sollte er eine Liga tiefer Spielpraxis sammeln. Doch daraus wurde (vorerst einmal) nichts.
Kein Platz für Nazis
Als er am Mittwoch erstmals mit Rayo trainierte, kamen die Mitglieder des Fanklubs "Bukaneros" mit einem Transparent auf dem stand: "Vallecas ist kein Platz für Nazis". Und sie forderten in einem Aufwaschen, dass sich auch gleich Klubchef Martin Presa vertschüssen soll. "Presa, auch für dich, schleich dich auch." Davor hatten sie dem Präsidenten mitgeteilt, dass sie keine Typen wie Zozulya wollen. "Wegen seiner Verbindung zum Nazismus darf er keine rote Uniform tragen." Die rote Uniform, das ist eigentlich ein weißes Leibchen mit einem markanten, schrägen und roten Streifen darauf.
Die Fans kritisieren Zozulya wegen eines Fotos, das ihn mit einem Schal zeigt, auf dem das Porträt von Stepan Bandera abgebildet ist. Der 1959 gestorbene nationalistische Politiker wird in der Ukraine teilweise verehrt, aber überwiegend als Nazi-Kollaborateur und Kriegsverbrecher gesehen.
Als der Ukrainer vom Protest erfuhr, schrieb er einen offenen Brief an die Fans. Er wies auf einen angeblichen Fehler der spanischen Journalisten hin, die ihn missverstanden haben sollen. "Ich traf am Flughafen Sevilla in einem T-Shirt mit dem Wappen meines Landes und mit Gedichten von Taras Schewtschenko ein – eines Dichters, den man an allen Schulen der sowjetischen Ukraine liest", schrieb er. Der spanische Journalist aber habe geschrieben, er sei in einem T-Shirt mit einem Bild einer Kampfgruppe eingetroffen, deren Symbolik mit dem Wappen der Ukraine nichts zu tun habe. Das Bild mit Bandera sprach er nicht an.
"Ich unterstütze weder eine nationalsozialistische Idee noch irgendeine paramilitärische Organisation", schrieb er. Das ukrainische Militär unterstützt er aber schon, zu Gunsten der Soldaten ließ er ein Teamtrikot versteigern. Die Fans von Dnipro sangen: "Roman, du bist eine Kanone." Und als Dank salutierte er beim Torjubel in Richtung Fan-Kurve.
Am letzten Tag der Transferzeit wurde er vom Rayo-Präsidenten verpflichtet, aber schon am nächsten Tag nach dem Ende der Winterwechselfrist zu seinem alten Arbeitgeber zurückgeschickt. "Wir haben entschieden, dass es im besten Interesse des Spielers ist, wenn er nach Sevilla zurückgeht", meinte auch Betis-Sportdirektor Miguel Torrecilla.
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