Scharner verließ ÖFB-Teamcamp
Die Bild-Zeitung hat ihn in Deutschland so empfangen: "Achtung! Da kriegt der HSV aber einen ziemlich verrückten Ösi!" Paul Scharner hat aber nicht in Hamburg seinen Dickkopf bewiesen, sondern in Wien. Der 32-Jährige forderte eine Schlüsselrolle im Nationalteam. Marcel Koller hatte ihm die nicht garantieren wollen. Deshalb ist der Defensivspieler am Mittwochnachmittag noch vor Anpfiff der Partie gegen die Türkei aus dem Teamhotel abgereist.
Marcel Koller erklärte: "Paul hat zuletzt zwei Mal von Beginn an gespielt. Gerade in der Innenverteidigung haben wir aber einige Möglichkeiten, weshalb ich im heutigen Spiel noch einmal etwas anderes probieren will. Da er dies nicht akzeptieren konnte, hat er sich entschlossen, nach Hause zu fahren." Die ÖFB-Verantwortlichen in Gestalt von Präsident Windtner, Generaldirektor Ludwig und Sportdirektor Ruttensteiner unterstützten Koller bei seiner Entscheidung und werden dies auch bei seinem weiteren Vorgehen tun.
Eine Kostprobe vom intelligenten, aber auch eigenwilligen Scharner bekam vor einer Woche HSV-Trainer Thorsten Fink beim persönlichen Gespräch präsentiert. Fink: "Plötzlich kramte Paul einen Zettel mit zehn Fragen hervor und befragte mich. Wie mein Führungsstil ist, wo er spielen wird, welche Stärken und Schwächen das Team hat."
Fragebogen
Scharner erklärte in Wien, dass er sich nur auf das Gespräch vorbereitet hatte. "Es war kein Fragebogen. Ich habe mich nur für die Person Thorsten Fink interessiert, wie seine Spielerkarriere war, wie seine Trainerkarriere bis jetzt verlaufen ist und was er beim HSV vorhat." Damit es nicht wieder zu unvorhergesehenen Meinungsverschiedenheiten in Positions- und Aufstellungsfragen kommt, hat Scharner sich vorab von Fink eine Garantie geben lassen: Eine Garantie, als Innenverteidiger auflaufen zu dürfen, um bloß nicht wieder hin- und hergeschoben zu werden.
Scharner hat bisher 40 Länderspiele absolviert. Und dabei wird es wohl auch bleiben. Der Niederösterreicher hatte die ersten beiden Länderspiele unter Marcel Koller verletzungsbedingt versäumt. Gegen die Ukraine und Rumänien durfte er Anfang Juni in der Innenverteidigung spielen, zeigte auch gute Leistungen. Aber gerade im Abwehrzentrum ist der Konkurrenzkampf groß. Noch am Montag hatte Scharner gesagt: "Die Teilnahme an der WM 2014 ist mein größtes Ziel. Es ist meine letzte Chance auf ein Großereignis. Da wird einiges an Herzblut reinfließen." Marcel Koller hatte ihn auch in den Spielerrat berufen.
Aber Koller ist nicht der erste Teamchef, mit dem Scharner Probleme hat. 2006 rief er bei Josef Hickersberger an und sagte diesem, dass er bis auf Weiteres nicht mehr im Team spielen wolle, weil er das Gefühl habe, der Nationalmannschaft derzeit nicht helfen zu können. Scharner setzte aber nach und kritisierte kurz danach den ÖFB: "Ich werde jetzt keine Namen nennen und möchte auch keine schmutzige Wäsche waschen. Aber in diesem Verband geht es absolut unprofessionell zu."
Sogar Deutschlands Teamchef erinnert sich an Scharner. Joachim Löw sagte: "So etwas ist mir vorher und nachher nie mehr wieder als Trainer passiert." Und was? Im Herbst 2003 wollte Löw als Austria-Trainer Scharner gegen den GAK rechts im Mittelfeld bringen. Der damals 23-Jährige verweigerte die Einwechslung – weil er im zentralen Mittelfeld spielen wollte.
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