Sarajewo 1996: Als der Trainingsplatz zum Friedhof wurde

Nach dem Heimspiel gegen Zypern sollte Österreich am Dienstag in Bosnien gewinnen. Wo das bislang noch nicht gelang. Wo sich aber einmal Freund und Feind plus Österreichs damaliger Botschafter Valentin Inzko bei einem Wiener bedankten, weil der als Referee dafür sorgte, dass das Friedensspiel Bosnien – Italien seinem Namen gerecht wurde.
Das war am 6. November 1996 ...
... als in Sarajewo ab 23 Uhr Ausgangssperre herrschte;
... als an neuralgischen Punkten noch Panzer standen;
... als auf den Bergen ringsum Heckenschützen lauerten;
... als sich im halbausgebrannten Holiday Inn hinter dem Schiedsrichterteam und uns KURIER-Reportern Soldaten mit Maschinengewehren beim Buffet anstellten;
... als auf dem Weg zum Stadion vom anlässlich der Winterspiele 1984 in Sarajewo errichteten Ö-Haus der Wirtschaftskammer nichts mehr zu sehen war, zumal es der frierenden Bevölkerung im Bürgerkrieg als Brennholz gedient hatte;
... als der Chauffeur der Schiris erzählte, dass das Appartement des populären Trainers (und Grazer Meistermachers) Ivica Osim durch Granattreffer zerstört worden war;
... und als sich die Dolmetscherin weinend entschuldigte wegen des zum Friedhof umfunktionierten Stadion-Trainingsplatzes. „Wir wussten nicht mehr wohin mit den Toten“.
Beklemmende Premiere
Kreuze standen unter dem Torgebälk. Einen Tormannausschuss entfernt strömten 38.000 ins Stadion, um erstmals ein Spiel der bosnischen Nationalelf in Sarajewo zu sehen. Es wurde vom früheren Tankstellenbesitzer und jetzigen Wiener Verbandspräsident Robert Sedlacek angepfiffen.
Die mit allen Stars à la Maldini, Baggio angetretenen Italiener galten als Favorit. Doch Hasan Salihamidzic gelang bald das 1:0. Bosnien siegte schließlich 2:1 unter Regie des 19-Jährigen. Jenes Ausnahmekickers, der eine Topkarriere machen und danach als Bayern-Sportdirektor auch David Alabas Vorgesetzter sein sollte.
Aktuell scheint ein gar erst 17-jähriges Offensivtalent im bosnischen Teamkader auf. Auch Kerim Alajbegovic wurde wie seinerzeit Salihamidzic in Deutschland ausgebildet. Doch seit Sommer zählt Alajbegovic zu den 170.000 in Österreich lebenden Menschen mit bosnischen Wurzeln. Aus Leverkusen geholt, könnte das schüchterne Bürscherl mit dem (links wie rechts) genialen Schuss zum Volltreffer für Red Bull Salzburg werden.
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