Salzburgs Sünden der Vergangenheit
Eigentlich sprechen Deutsche und Österreicher die selbe Sprache. Aber das heißt noch lange nicht, dass sie sich deshalb auch verstehen. Roger Schmidt hat damit offensichtlich seine Probleme. Nach dem enttäuschenden 1:1 gegen Wiener Neustadt reagierte der Deutsche mit Unverständnis auf die Kritik von Sky-Experte Heribert Weber an seiner Aufstellung.
Schmidt genießt in Österreich keine Schonzeit. Dass auf zwei der vier begehrtesten Trainersessel Österreichs deutsche No-Names sitzen (neben Schmidt in Salzburg bei Sturm Peter Hyballa), hat unter Österreichs arbeitslosen Profitrainern, von denen viele als TV-Experten arbeiten, für Kopfschütteln gesorgt.
Herausgestrichen werden derzeit nur die Negativa – die drei sieglosen Spiele, das hilflose Auftreten gegen defensive Gegner, die spielerischen Defizite, die personellen Experimente. Und so weiter, und so fort.
Die Positiva werden verschwiegen. Mit einem Durchschnittsalter von unter 24 Jahren stand gegen Wiener Neustadt die jüngste Mannschaft der Ära Red Bull auf dem Platz. Dazu durften neun Österreicher spielen, sieben davon von Beginn an. Und gerade das war eine Forderung, die viele Experten jahrelang an Salzburg gestellt hatten.
Aber gerade Schmidt würde eine Schonzeit benötigen. Zu viel wollen er als Übungsleiter und Ralf Rangnick als eigentlicher Verantwortlicher verändern. Zu viel müssen beide verändern, um Salzburg für die Champions League tauglich zu machen.
Denn von schwacher Vorstellung zu schwacher Vorstellung wird immer klarer, dass der Kader der Salzburger doch nicht so gut ist, wie von vielen Experten gerne behauptet wird. Dass zeigt sich nicht nur daran, dass die Ausfälle der Leistungsträger Svento (Kreuzbandriss) und Mendes (Zehenbruch) nicht kompensiert werden können.
Rätsel Kaderzusammenstellung
Die Kaderzusammenstellung gibt Rätsel auf. Oder eigentlich doch nicht. Es ist ein abgedroschenes Sprichwort, aber es beschreibt das Salzburger Hauptproblem perfekt: Zu viele Köche verderben den Brei.
Schmidt/Rangnick müssen nun die Fehler ihrer Vorgänger ausbügeln. Und das ist leichter gesagt als getan. Geht es nach rein sportlichen Kriterien, müsste man den halben Kader austauschen. Was sich schon gegen Rapid und Admira gezeigt hatte, unterstrich das Spiel gegen Wiener Neustadt: Salzburgs Österreicher sind qualitativ nicht besser als jene der Konkurrenz.
Weber monierte, dass mit Jakob Jantscher der beste Spieler der vergangenen Saison auf der Bank Platz nehmen musste. "Er hat nicht die Leistung gebracht, um seinen Platz zu festigen", konterte Schmidt auf KURIER-Nachfrage. Aufgefallen ist der 23-Jährige, der nach einem tollen März und April wegen einer Schulterverletzung wochenlang ausgefallen ist, bei seinen sechs Saisoneinsätzen von Beginn an nicht wirklich. Und auch bei seinen Einwechslungen gegen Admira und Wr. Neustadt konnte sich der Teamspieler, der im Sommer mit einem Transfer zu Schalke 04 geliebäugelt hatte, der allerdings an der festgeschriebenen Ablösesumme in seinem Vertrag scheiterte, nicht wirklich in Szene setzen.
Aber Jantscher gehört wenigstens noch dem Spielkader an. Andere Salzburger Profis sind vollkommen aus dem Blickfeld verschwunden: Joaquin Boghossian, Rasmus Lindgren und Cristiano sind seit Wochen nur mehr Trainingsgäste. Und auch Douglas da Silva und Christoph Leitgeb gehörten am Samstag nicht dem Salzburger Kader an.
Dass Schmidt und Rangnick sehr wohl erkannt haben, dass es im Salzburger Kader an Qualität mangelt, beweisen Håvard Nielsen und Valon Berisha. Die beiden Norweger, die ersten Verpflichtungen der neuen Sportlichen Leitung, bewiesen auch gegen Wiener Neustadt, dass sie Tugenden umsetzen können, die Salzburgs Österreicher offensichtlich nicht beherrschen: Laufbereitschaft, Einsatzwille, Spielfreude. Die beiden 19-Jährigen werden nicht die letzten Neuzugänge bleiben. Noch bis Freitag haben die Salzburger jene Zeit, um dem Kader noch jene Qualität zuzuführen, die man brauchen wird, um das Saisonziel Titelverteidigung auch realistisch erreichen zu können.
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