Rumänien-Legionär Harrer: "Es ist teilweise nicht lustig"
Den größten Erfolg in seinen viereinhalb Monaten in Rumänien feierte Martin Harrer nicht auf dem Rasen, sondern am Herd. Er kann jetzt kochen. Das war zwar nicht der eigentliche Grund, weshalb es den steirischen Fußballprofi im Sommer zum FC Voluntari in die rumänische Liga 1 gezogen hat, aber wenn er jetzt schon die Suppe auslöffeln muss, dann zumindest die selbst zubereitete.
„Ich bin hier laufend mit Situationen konfrontiert, die ich so nicht kenne“, erzählt Harrer. Er sagt das ohne Frust und Groll, denn was er neben dem Kochen in Rumänien noch gelernt hat, ist „alles mit Humor zu nehmen“. Und mag es für ihn im ersten Moment noch so befremdlich wirken.
Natürlich war sich Martin Harrer von Anfang an im Klaren, dass er jetzt nicht in einem Fußball-Schlaraffenland aufschlagen würde. Der 27-jährige Offensivmann ist in der letzten Saison mit Wacker Innsbruck abgestiegen, man kann nicht sagen, dass sich im Sommer die Vereine um ihn gerissen hätten. Das Angebot vom FC Voluntari, einem Klub aus der gleichnamigen Vorstadt von Bukarest, kam ihm da nicht ungelegen.
Entwicklungsland
Harrer hat inzwischen zwar erkennen müssen, dass ihn dieser Job in Rumänien als Fußballer wohl nicht weiter bringen wird, „aber für meine persönliche Entwicklung ist das eine wichtige Erfahrung“, glaubt der Voitsberger. „Dinge, die einem ganz selbstverständlich erscheinen, lernt man wieder zu schätzen.“
Gutes und bekömmliches Essen zum Beispiel. Gleich in den ersten Wochen hatte Martin Harrer schlechte Erfahrungen mit der rumänischen Kost gemacht. Seither übt er sich als Selbstversorger und steht jeden Tag in der Küche. Sicher ist sicher. „Fleisch vermeide ich überhaupt, weil man wirklich keine Ahnung hat, wo das herkommt.“
Schlusslicht
Was ihm in Rumänien aber richtig auf den Magen geschlagen hat, ist eine Verletzung. Seit geraumer Zeit schlägt er sich schon mit Schmerzen an der Achillessehne herum. Harrer glaubt, dass die hartnäckigen Probleme auch mit den schlechten Plätzen zu tun haben, auf denen der FC Voluntari trainiert. „Ich kann mich nicht erinnern, dass ich in Österreich jemals auf so einem harten Platz gespielt hätte.“
Die Verletzung ist auch dafür verantwortlich, dass Martin Harrer bislang kaum zum Spielen gekommen ist. Nur in vier Partien stand der 27-Jährige auf dem Platz, alle vier gingen verloren. Harrer und der FC Voluntari finden sich abgeschlagen am Tabellenende wieder.
Immerhin hat sich der Verein nicht den Zorn der Anhänger zugezogen. FC Voluntari wurde erst 2010 gegründet, der Zuschauerzuspruch hält sich in Grenzen. Harrer vergleicht die Atmosphäre bei den Heimspielen mit der Kulisse bei seinem früheren Verein Grödig. „Aber wie die noch in der zweiten Liga waren.“
Umso härter lässt dafür der Präsident die Spieler die sportliche Misere spüren. „Er ist in die Kabine gekommen und hat gesagt, dass er die Gehälter blockiert. Es gibt erst wieder Geld, wenn wir gewinnen“, erzählt Harrer. Der FC Voluntari hat übrigens am 11. August das letzte Mal ein Ligaspiel gewonnen.
Auslandssemester
Harrer hat das Glück, dass sein Berater immer wieder beim Präsidenten vorstellig wird und er deshalb bereits Geld bekommen hat, vielen Teamkollegen ergeht es nicht so gut. „Ich bin schon von vier rumänischen Spielern gefragt worden, ob ich ihnen Geld leihen kann“, verrät Harrer. „Das kannte ich so zuvor auch noch nicht. Man merkt, dass man sich in Österreich in der Komfortzone befindet.“
Ob er nach all den bisherigen Erfahrungen seinen Kollegen davon abraten würde, in Rumänien Fußball zu spielen? Keineswegs. „In Sachen Dankbarkeit und Demut würde es jedem österreichischen Profi guttun, wenn er einmal einige Monate hier verbringt“, sagt Harrer, der aber offen zugibt, dass es „teilweise nicht lustig und richtig hart ist“.
Martin Harrer (* 19. Mai 1992 in Voitsberg) machte beim zweiten Team der Wiener Austria auf sich aufmerksam, schaffte aber nie den Sprung in die Bundesliga-Mannschaft. 2013 stieg der Offensivmann mit dem SV Grödig in die Bundesliga auf, später spielte er für Altach und den LASK. Mit Wacker Innsbruck gelang dem 27-Jährigen 2018 der Aufstieg in die Bundesliga, nach einer Saison folgte aber prompt wieder der Abstieg.
Seit Sommer steht Harrer beim FC Voluntari unter Vertrag. Wegen einer Verletzung kam er beim Schlusslicht der rumänischen ersten Liga bisher allerdings erst 119 Minuten zum Einsatz.
Abenteuerlust
Trotzdem hat er nicht vor, den Rückzug nach Österreich anzutreten. „Ich bin ein positiver Mensch. Deshalb werde ich hier den Vertrag erfüllen und nicht davonlaufen.“
Auch wenn er weiß, dass rein sportlich betrachtet von diesem Abenteuer am Ende nicht viel mehr übrigbleiben wird als: „Dass ich sagen kann: ,Man hat halt einmal in Rumänien gespielt.’“
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